DFB-Elf vor dem Österreich-Spiel:Großer Respekt vor dem kleinen Nachbarn

"Sie sind stark, wie seit Jahren nicht mehr": Bundestrainer Joachim Löw zeigt vor dem WM-Qualifikationsspiel in Wien großen Respekt vor Gegner Österreich und warnt vor einem leichten Spiel am kommenden Dienstag. In Österreich wird der Stimmungswandel mit Wohlwollen registriert.

Carsten Eberts, Hannover

Die Österreicher freuen ich auf das Nachbarschaftsduell, wer hätte das gedacht. "Unser Team ist wieder eine Macht", frohlockte die Tageszeitung Österreich erst am Samstag. Zu Hause habe das Team von Trainer Marcel Koller schließlich seit fünf Spielen nicht mehr verloren, rechnet das Blatt vor - da wäre es doch eine wunderbare Geschichte, würde diese Serie auch gegen den großen Rivalen aus Deutschland anhalten.

Germany v Austria - EURO 2012 Qualifier

Respekt vor Österreich: Holger Badstuber (Mitte) verteidigt gegen Marko Arnautovic (links).

(Foto: Bongarts/Getty Images)

Und es ist nicht so, dass hier ein paar euphorische Medienmacher bei ihrer Arbeit erwischt würden. Auch die Protagonisten rechnen sich etwas aus. Der erste ist Marko Arnautovic, die talentierte Offensivkraft von Werder Bremen, der zugegebenermaßen bislang selten durch leise Töne aufgefallen ist. "Seit ich beim A-Team bin, habe ich noch nie eine so gute Nationalmannschaft erlebt", sagte Arnautovic dem Standard und folgerte: "Man kann den Deutschen weh tun, das sind auch nur Menschen, die können auch nur laufen wie wir."

Der zweite Protagonist ist sein Bundestrainer. Koller sagt: "Wir haben sie genau studiert und Schlüsse gezogen. Aber die Strategie bleibt geheim."

Nun könnte man die Töne aus dem kleinen Land südlich von Bayern als übliches Säbelgerassel abtun, bevor es am Dienstagabend in Wien zur Neuauflage des immer brisanten Duells kommt. Meist putschen sich die Österreicher vor dem Spiel verbal auf, meist gewinnen am Ende die Deutschen - so ist es nun mal, wenn der kleine Rivale auf den großen Rivalen trifft. Arnautovics Rhetorik passt geradezu idealtypisch in dieses Muster.

Doch diesmal ist manches anders. Denn nicht nur die Österreicher reden sich vor dem Spiel stark - sondern auch der Respekt im DFB-Team ist gewachsen. Früher attestierte man dem kleinen Nachbarn ja gerne, dass dieser sich gut entwickelt. Aber Punktverluste, nein, die durfte es gegen Österreich natürlich niemals geben.

Wer Bundestrainer Löw nach dem 3:0 gegen Färöer in Hannover zuhörte, der konnte zu dem Schluss gelangen, dass diese Zeiten vorbei sind. "Sie sind so stark, wie seit Jahren nicht mehr", sagte der Bundestrainer: "Sie spielen viel strukturierter als noch vor ein oder zwei Jahren und haben viele Spieler mit Selbstvertrauen aus der Bundesliga."

Löws ehrlicher Respekt

In Österreich wird dieser Stimmungsumschwung mit Wohlwollen registriert. Seit der Schweizer Marcel Koller das Amt des Nationaltrainers übernommen hat, agiert das Team deutlich offensiver, dazu jedoch taktisch umsichtig. Koller hat sich dazu entschieden, voll auf die Bundesliga zu setzen. Gleich neun Spieler aus der deutschen Liga hat er nominiert, neben Arnautovic und dem Stuttgarter Martin Harnik unter anderem auch der Schalker Christian Fuchs und der Mainzer Andreas Ivanschitz. Lediglich der Münchner David Alaba wird nach seinem Ermüdungsbruchs im linken Fuß gegen Deutschland noch fehlen.

"Österreich will gewinnen", ist sich Löw sicher, "da werden nicht mehr zehn Spieler um den Sechzehner stehen wie gegen die Färöer." Sein Respekt klingt nicht nach einem rhetorischen Kniff. Sondern nach ehrlicher Wertschätzung.

Auch die deutschen Spieler folgten Löw Maßgabe. "Das wird schwer gegen so eine gute Mannschaft, wie sie die Österreicher mittlerweile haben", sagte Abwehrspieler Mats Hummels. "Wir sind gewarnt", erklärte auch Kapitän Philipp Lahm: "Das wird ein ganz anderes Kaliber. Wir wissen noch vom letzten Mal, wie schwer es in Wien war." Beim letzten Mal, im Juni 2011, stand es im Wiener Ernst-Happel-Stadion bis in die 90. Minute noch 1:1, ehe Mario Gomez doch noch eine Flanke von Lahm per Kopf zum Siegtreffer verwertete.

Nach dem 3:0 gegen Färöer blieb der DFB-Tross noch zwei Tage im niedersächsischen Barsinghausen. Der angeschlagene Toni Kroos konnte laut Assistenztrainer Hansi Flick bereits wieder voll mittrainieren. Heute Mittag soll auch der von einer Fußprellung geplagte Außenverteidiger Marcel Schmelzer wieder ins Training einsteigen. Am Montag macht sich die Mannschaft gemeinsam auf den Weg nach Wien.

Dann wird sich zeigen, ob die österreichische Heimserie auch gegen den großen Nachbarn Bestand hat. Und nicht nur gegen Teams wie Finnland, Ukraine, Rumänien und die Türkei.

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