DFB-Elf in der Einzelkritik:Wie Xavi und Iniesta zusammen

Toni Kroos dringt in eine neue Dimension vor. Manuel Neuer schüchtert die Gastgeber erst ein, später ernüchtert er sie. Und Thomas Müller jagt Miroslav Kloses WM-Torrekord. Die DFB-Elf in der Einzelkritik.

Von Christof Kneer und Philipp Selldorf, Belo Horizonte

DFB-Elf in der Einzelkritik

Manuel Neuer

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(Foto: dpa)

Toni Kroos dringt in eine neue Dimension vor. Manuel Neuer schüchtert die Gastgeber erst ein, später ernüchtert er sie. Und Thomas Müller jagt Miroslav Kloses WM-Torrekord. Die DFB-Elf beim 7:1 gegen Brasilien in der Einzelkritik. Manuel Neuer: Ein Angstraunen ging durchs Publikum, als sein Bild auf der Anzeigetafel erschien. Schon beim Warmmachen mit seinen 1000-Meter-Abwürfen beeindruckend. Ob's sein Bild war, das das Klima des Abends vorgab? Schüchterte die Gastgeber erst ein, später ernüchterte er sie. Drei Weltklassepararaden zu Beginn der zweiten Halbzeit, eine mehr weltklasse als die andere. Spielverderber!

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Philipp Lahm

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(Foto: dpa)

Philipp Lahm: Bekam es mit dem unglaublichen Hulk zu tun, der noch breiter ist als Lahm hoch. Erste Glanztat: Sein Präzisionstackling gegen Marcelo nach 17 Minuten. Da war schon vergessen, dass er sich kurz zuvor mal verschätzt hatte. Kurz darauf war das sowieso alles vergessen, als Lahm zum Beispiel das 3:0 mit einem Flankenlauf vorbereitete. Armer Lahm: Spielt so gern im zentralen Mittelfeld, aber mit dieser leider exzellenten Leistung kommt er hinten rechts erst mal nicht mehr weg.

DFB-Elf in der Einzelkritik

Jérôme Boateng

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(Foto: dpa)

Jérôme Boateng: Begann mit zwei kleineren Fehlpässen, wirkte zunächst beeindruckt von der brasilianischen Wucht. Half aber dank scharfen Körpereinsatzes mit, das Spiel zu drehen. Später dann eine Trainingseinheit vor ganz schön vielen Zuschauern, die er nutzte, um sich mit seinen Nebenleuten fürs Finale einzuspielen.

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Mats Hummels

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(Foto: REUTERS)

Mats Hummels: Absolvierte ab der 25. Minute eine Trainingseinheit vor ganz schön vielen Zuschauern, die er nutzte, um sich mit Nebenmann Boateng fürs Finale einzuspielen. Wie Boateng, so profitierte natürlich auch er davon, dass es keinen Neymar auf dem Platz gab, der von den Seiten plötzlich ins Zentrum einbricht und Innenverteidiger ärgert.

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Benedikt Höwedes

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Benedikt Höwedes: Bekam es mit dem kleinen Bernard zu tun, auf den sogar Philipp Lahm vier Zentimeter Größenvorsprung hat. Ihn hatten die Brasilianer als Schwachpunkt anvisiert, der Kleine sollte ihm durch die Beine dribbeln. Höwedes ließ ihn aber nicht durch. Der gelernte Innenverteidiger ist jetzt Stamm-Linksverteidiger einer Elf, die Brasilien deklassiert. Das glaubt einem keiner.

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Bastian Schweinsteiger

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(Foto: AFP)

Bastian Schweinsteiger: War voller Vorfreude, als ob er die Magie des Abends geahnt hätte. Begann als eine Art Libero. Sollte helfen, die mächtigen Wellen abzufangen, die die Deutschen von den Brasilianern erwarteten - und die zunächst auch kamen. Spielte danach das, was er am besten kann: den Aufbauspieler aus der Tiefe.

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Sami Khedira

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(Foto: dpa)

Sami Khedira: Nach dem Hitzespiel von Rio de Janeiro noch arg zerzaust. Die Trainer erwogen angeblich sogar, Christoph Kramer an seiner Stelle einzusetzen. In den ersten Minuten aber der wehrhafteste Deutsche, sein Einsatzeifer erreichte brasilianisches Niveau. Ergriff die Initiative, als es nötig war; sein Temperament trug dazu bei, das Spektakel erst ins Rollen zu bringen. Als die Gastgeber nach den ersten zwei, drei Treffern den Kopf verloren, durfte er immer wieder nach Herzenslust reinpreschen. Und selber ein Tor vorbereiten (4:0) und selber eines schießen (5:0). Es gibt schlechtere Arten, ein Hitzespiel von Rio de Janeiro zu verarbeiten. Darf zur Belohnung jetzt wieder nach Rio, wo es immer noch nicht kalt ist.

DFB-Elf in der Einzelkritik

Thomas Müller

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Thomas Müller: Von Marcelo anfangs immer wieder hart bedrängt, verwurstelte sich immer wieder mal. Ganz und gar unbedrängt hingegen bei seinem fünften Turniertreffer. Und bestens orientiert, als er Klose das 2:0 servierte. Jetzt waren Räume da, und wo Räume sind, da ist auch Müller. Dass er vor dem 3:0 am Ball vorbeisäbelte, wirkte am Ende wie ein gewollter Trick, weil gleich danach der Torschütze Kroos an den Ball kam. Müller ist alles zuzutrauen, das aber war nach menschlichem Ermessen keine Absicht. Versuchte in der zweiten Hälfte, Kloses WM-Torjägerrekord zu brechen.

DFB-Elf in der Einzelkritik

Toni Kroos

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(Foto: AFP)

Toni Kroos: Stand erfolgreich dem ersten gefährlichen Torschuss im Weg - allerdings im brasilianischen Strafraum. Machte das unverschuldete Missgeschick schnell wieder vergessen, indem er mit einem seiner exzellenten Eckstöße das 1:0 vorlegte - es war der vierte Assistentenpunkt für Kroos. Nach diesem Standardtor war nichts und niemand mehr wie vorher: Brasilien war nicht mehr Brasilien, und Kroos war nicht mehr Kroos. Er mischte jetzt einen Xavi (aus besten Tagen) mit einem Iniesta (aus besten Tagen) mit einem Kroos (in bester Form). Eroberte defensiv Bälle und haute sie vorne rein. Und wenn er die Tore nicht selber schoss, dann bereitete er sie halt vor. In dieser Form ein Mann für den FC Bayern. Wobei: Der verkauft ihn ja gerade an Real Madrid und könnte nach dieser Leistung eine Art Endspiel-Zuschlag verlangen, so etwa 100 Millionen mehr.

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Mesut Özil

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(Foto: dpa)

Mesut Özil: Führte sich mit einem amüsanten Ausrutscher und dem üblichen ersten verlorenen Zweikampf ein. Den zweiten Zweikampf verlor er auch, Bedenken kamen auf. Schien die physische Komponente verweigern zu wollen. Blieb dem Gegner fern, als fürchtete er sich vor ihm. Man muss das so klar sagen: An ihm lag es nicht, dass die Deutschen erst ins Spiel fanden und anschließend gleich den Willen des Gegners brachen. Kombinierte danach gefällig mit.

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Miroslav Klose

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(Foto: Getty Images)

Miroslav Klose: Durfte trotz etwas müder Vorstellung gegen Frankreich wieder spielen. Löw wollte dem deutschen Spiel Tiefe geben und den offensivstarken brasilianischen Verteidigern einen echten Mittelstürmer hinstellen, der sie fordert. Das tat der schmale Klose, einmal rempelte er sogar David Luiz um. Natürlich kam der Spielverlauf auch ihm entgegen: Wo Räume sind, da ist auch Klose. Nutzte einen der Räume, um nach schwachem Abschluss und Torwart-Parade selbst zum Nachschuss zu kommen - mit diesem 2:0 entriss Klose dem Brasilianer Ronaldo endgültig den WM-Torrekord. Hat jetzt 16.

DFB-Elf in der Einzelkritik

Per Mertesacker

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(Foto: Getty Images)

Per Mertesacker: Ersetzte Hummels in der zweiten Halbzeit. Davon kann er nun seinen Enkeln erzählen. Musste sich trotz 5:0 anstrengen.

DFB-Elf in der Einzelkritik

André Schürrle

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(Foto: AFP)

André Schürrle: Der übliche Joker-Einsatz. Als Rechtsaußen ständig unterwegs, aber auch im Strafraum nützlich. Nach feinem Pass von Lahm Schütze des 6:0. Mit feinem Gewaltschuss Schütze des 7:0.

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Julian Draxler

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(Foto: REUTERS)

Julian Draxler: Erlebte sein viertelstündiges WM-Debüt. Suchte sich den richtigen Anlass aus, um davon in vielen, vielen Jahren seinen Enkeln zu erzählen.

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