DFB-Elf in der Einzelkritik:Kimmich ist das neue Schwarz

Mats Hummels ist der Dernier Cri, İlkay Gündoğan spielt Nadelstreifen-Pässe - und Joshua Kimmich liegt sowieso voll im Trend. Die topmodische DFB-Elf in der Einzelkritik.

Von Martin Schneider, Mailand

Bernd Leno

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(Foto: AFP)

Die San Marinesen haben den deutschen Männern Stillosigkeit vorgeworfen. Sandalen in Socken trügen sie, die alte Schweißfußkombination. Die gute Nachricht des Abends aus der Modestadt Mailand: Die deutschen Repräsentanten liefen alle mit Kniestrümpfen in geschlossenen Schuhen auf. Bernd Leno kombinierte ein rot-oranges Neon-Trikot mit neon-gelben Schuhen. Nun. Ähm. Verkürzte in Halbzeit eins immerhin stilsicher den Winkel gegen den heranstürmenden Ciro Immobile. Sportlich wirklich sehr schick, was der Leverkusener so anbot.

Benedikt Höwedes

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(Foto: Getty Images)

Steht natürlich unter dem Einfluss des Gelsenkrichener Barocks, wo die Bergleute früher das Leder vor dem Arsch bei der Nacht trugen. Überzeugte in manchen Szenen mit rustikalem Charme und hätte bei dieser Linie konsequent bleiben sollen. Zuweilen ein bisschen lässig, manchmal einen Touch zu gewagt.

Shkodran Mustafi

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(Foto: AP)

Was war da zu Beginn los? Setzte einen Kopfball vor die Füße des Gegners, so unpassend wie ein brauner Gürtel zu schwarzen Schuhen. Sah seinen Stilbruch aber schnell ein und änderte wesentliche Komponenten. Im Zentrum der Abwehr der Zeremonienmeister ohne Fehler, aber auch ohne das gewisse Etwas. Sein Vorteil: Solide Abwehrspieler werden nie aus der Mode kommen. Was der Dreiteiler für den Mann ist, ist der passsichere Innenverteidiger für den Bundestrainer.

Mats Hummels

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(Foto: dpa)

Setzte mit seiner Bommel-Mütze vor Kurzem den Trend in Richtung männlichen Infantilismus. Auf dem Platz noch stilsicherer als außerhalb, seine exakten Pässe sind der Dernier Cri bei früh störenden Gegnern. Schafft es, einen eleganten und trotzdem voluminösen Stil zu spielen. Seine Frau beschäftigt sich beruflich mit Mode und das merkt man auch. Zweikämpfe kann man trainieren, das Talent zum Außenrisst-Pass muss man haben.

Joshua Kimmich

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(Foto: dpa)

Der absolute Hit der Frühjahr/Sommer-Kollektion 2016 und immer noch schwer im Trend. Eigentlich ja unmöglich. Ciro Immobile fand das offenbar auch und knuffte Kimmich ein bisschen energischer in die Seite. Das war zwar sehr radikal, aber alles in allem doch stillos. Der Trend zum Kimmich ist - wie jeder Trend - natürlich nicht mit Gewalt aufzuhalten, wenn er einem nicht passt wie im Fall Immobile. Kimmich ist das neue Schwarz.

Sebastian Rudy

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(Foto: AFP)

Ein Spieler wie eine Blue Jeans. Praktisch, fast immer verwendbar, man kann nicht wirklich was dagegen sagen. Aber: Wird die Blue Jeans irgendwann die großen Laufstege erobern? Versuchte gegen Italien einen poppig-verspielten Stil, lief oft steil, spielte ein paar gute Pässe. War in diesem Spiel immerhin Chino statt Jeans.

Julian Weigl

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(Foto: Getty Images)

Versprüht seit jeher minimalistische Eleganz. Ein puristischer Spiel ohne Pailletten, drapiert im Zentrum des Spielfeldes. Spielte Querpässe ohne Kolorit, die für sich genommen etwas dröge wirken, aber sein Stellungsspiel wertet die Schlichtheit auf. Wird mit diesem Stil weit kommen, braucht manchmal aber ein bisschen Schärfe. Mehr Muster, mehr Farben, mehr Steilpässe. Vielleicht - Mamma mia - auch mal ein Tor?

Yannik Gerhardt

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(Foto: Luca Bruno/AP)

Wechselte unlängst von der Kölner Mode (Kostüme, grelle Farben) zum Wolfsburger Look (Industrieller Chic). Bringt jugendlichen Sturm und Drang in die zuweilen festgefahrene Ideen des Studio Löw. Hätte nach 28 Minuten in seinem ersten Länderspiel fast Gianluigi Buffon überwunden. Als ob man seine erste Mütze strickt und Gisele Bündchen damit sofort über die Mailänder Modewoche flaniert. Wurde dann von einem Italiener namens Davide Zappacosta einfach umgerempelt, als wäre er ein Size-Zero-Model. Sehr schönes Erstlingswerk, aber vielleicht noch ein bisschen zu leicht für die großen Mode-Metropolen.

İlkay Gündoğan

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(Foto: REUTERS)

Seine Pässe sind wie Nadelstreifen auf einem perfekt sitzenden Anzug. Der Schneider des deutschen Spiels, scharf geschnittener Stil, elegante Ausführung. Derjenige auf dem Platz, der den ganz großen Glamour liefern kann. Spielte Bälle aus Flanell, machte Drehungen aus Kaschmir. Allein ihm fehlte an diesem Abend das einprägsame Meisterwerk. Aber das wird schon noch kommen.

Leon Goretzka

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(Foto: AP)

Das ungeschnittene Stück Stoff in der deutschen Mannschaft. Was wird mal aus ihm? Ein Frack im krooschen Stil? Ein teurer Anzug der Marke Gündogan? Legte Ende der ersten Halbzeit einen hohen Ball per Hacke direkt auf Thomas Müller ab. Zeigte auch sonst, dass er edles Rohmaterial ist. Wenn ihn Markus Weinzierl auf Schalke richtig schneidert, wird er auf die Laufstege der Welt zurückkehren.

Thomas Müller

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(Foto: REUTERS)

Auslöser des Modestreits zwischen Deutschland und San Marino, dabei besitzt doch gerade Thomas Müller den einzigartigen Flair des chaotisch-traditionellen. Ein lebender Retro-Style, ein Jogging-Hosen-Fußballer, der die Kontrolle weder über sein Leben noch über sein Spiel verloren hat. Aber hat er die Kontrolle wirklich noch? Wieder ohne Tor, wieder ohne Glück das Mailänder Publikum pfiff niemanden so laut aus wie ihn. Behält er seine Leichtigkeit? Bisher hat er das immer geschafft.

Einwechselspieler

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(Foto: AFP)

Jonathan Tah: Noch so ein junger Designer-Fußballer, dem die Zukunft gehören könnte. Muss das aber ein andermal beweisen und nicht in diesem Freundschaftsspiel. Serge Gnabry: Was für ein Debüt gegen San Marino, welche Grandezza. Wurde eingewechselt und trug seine goldenen Locken über den grünen Laufsteg des San Siro. Fiel sonst nicht weiter auf. Kevin Volland (im Bild): Muss dringend auf sich aufmerksam machen. Denn im Fußball und in der Mode gilt: Über wen nicht gesprochen wird, der ist nicht wichtig. Hat dazu jetzt wieder in Leverusen die Möglichkeit. Mario Götze: Hatte diesem Spiel nichts mehr zu geben. Aber man kennt ihn schon in Paris, Mailans, London, New York und Rio.

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