Vor dem Achtelfinale gegen die Slowakei hieß es in Fachkreisen des deutschen Fußballs, dass erst jetzt das Turnier so richtig beginnen werde, weil die Vorrunde mangels ebenbürtiger Gegner lediglich dem Einspielen gedient habe. Nach dem Spiel gegen die Slowakei heißt es nun erneut: Jetzt kann das Turnier endlich beginnen - und auch dieses Mal waren es nicht die notorischen deutschen Schlechtwetterkritiker, die sich über den tapferen Gegner erhoben haben und der Nationalelf ihre gute Leistung nicht gönnten. Es waren die Spieler selbst, die ungeduldig nach einer höheren Herausforderung verlangten. Im Viertelfinale werde es "endlich mal ein großer Gegner" sein, stellte Bastian Schweinsteiger sehnsuchtsvoll fest.
DFB-Elf bei der Fußball-EM:Löws Elf korrigiert alle Schwächen
Die Feststellung ist so alt wie der Fußball: Deutschland ist eine Turniermannschaft. Aber was bedeutet das eigentlich genau?
Ein seltsamer Wettbewerb ist das, dessen Prolog länger dauert als das Hauptprogramm, aber das DFB-Team hat nach deutscher Art die Zeit gründlich genutzt. Statt dösend aus dem Fenster zu gucken, hat der Bundestrainer an diesem und jenem Makel gearbeitet, an der unvollständigen Defensivarbeit, der gering bewegten Offensive sowie der verbesserungswürdigen Turniermentalität.
Ferner hat Joachim Löw im laufenden Verfahren sein Personalkonzept optimiert. Besonders die Nordiren und die Slowaken müssen sich vorkommen, als ob sie als Testobjekte für den Jogi-TÜV hatten herhalten müssen. So kennt die Welt diese deutschen Fußballer, immer bestens präpariert für den Ernstfall.
Wohin mit dem Bundestrainer, wenn es schiefgeht?
Üblicherweise lautet eines der deutschen Standardthemen bei einem Turnier: Wohin mit dem Bundestrainer, wenn es schiefgeht? Diesmal hat sich niemand die Mühe gemacht, den DFB-Chef Reinhard Grindel zu befragen, wen er nach dem Rücktritt von Löw an dessen Stelle setzt. Grindel hat stattdessen die Verlängerung des ohnehin bis 2018 laufenden Vertrages offeriert. Da hat er vielleicht noch nicht geahnt, dass dieses Turnier just dann, wenn es beginnt, eine alte Privatfehde aufgreift, die einst Löws Wohlbefinden bedrohte und auch nach dem Gewinn der WM nicht aufhört, ihn zu verfolgen.
Zwar haben die Spieler versichert, dass es ihnen einerlei sei, ob sie nun gegen den einen Schicksalsgegner (Italien) oder gegen den anderen Schicksalsgegner (Spanien) antreten werden - und Löw wird im Fall einer Niederlage nicht zurücktreten (müssen). Aber mit dem Seelenfrieden des deutschen Fußballs wäre es schlagartig vorbei. Hoffnung für die Schlechtwetterkritiker.