DFB-Elf bei der Frauenfußball-WM:Mit einem Warnschuss davongekommen

Nadine Angerer

Maren Mjelde erzielt den Ausgleich in der zweiten Halbzeit. Gegen starke Norwegerinnen war für die deutsche Mannschaft nicht mehr drin als ein 1:1.

(Foto: AP)
  • Zu nachlässig, zu schwerfällig: Die deutsche Frauenfußball-Nationalelf muss im zweiten WM-Spiel gegen Norwegen ein 1:1 hinnehmen, weil sie in der zweiten Hälfte kräftig nachlässt.
  • Der Gruppensieg ist trotzdem noch möglich.
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Von Kathrin Steinbichler, Ottawa

Dieses Foto, das Elise Thorsnes vorab veröffentlicht hatte, musste die deutschen Spielerinnen nachdenklich machen. Die norwegische Stürmerin hatte vor dem zweiten WM-Gruppenspiel gegen Deutschland ein Foto von sich ins Internet gestellt. Es zeigte sie mit geschlossenen Augen in Trainingsklamotten im Bett liegend, einen Arm hatte sie dabei über eine lebensgroße Pappfigur von Nadine Angerer gelegt.

Von der deutschen Nationaltorhüterin also, die im EM-Finale 2013 gegen Norwegen mit zwei gehaltenen Elfmetern dafür sorgte, dass Deutschland den Titel holte. Was Thorsnes mit dem Foto ausdrücken wollte? Angst, Respekt, noch immer schlaflose Nächte? Oder eher, dass Norwegen das Aufeinandertreffen nicht scheut?

Der Europameister sollte darüber nachdenken nach diesem Weltmeisterschafts-Spiel im Lansdowne-Stadion von Ottawa: Mit einem 1:1 (1:0) gegen Norwegen behielt die Mannschaft von Bundestrainerin Silvia Neid in der Vorrundengruppe B zwar die Führung und damit weiter die Aussicht auf den Gruppensieg. Doch die Nachlässigkeiten in der Chancenverwertung und die Schwerfälligkeit der Innenverteidigung dürften gegen andere große Gegner zum Problem werden.

Neid wusste vorher, dass diese norwegische Mannschaft ein Prüfstein sein würde auf dem Weg ins Achtelfinale. Voller Anerkennung hatte sie vom Gegner gesprochen, die Norwegerinnen seien "sehr variabel mit ihren schnellen Spitzen". Die 51-Jährige kennt Norwegens Nationaltrainer Even Pellerud schon lange, sie hat ihm eine ihrer schmerzhaftesten Erinnerungen ihrer Karriere zu verdanken.

1995, im WM-Finale in Schweden, unterlag Neid als Spielführerin der deutschen Elf der Mannschaft von Pellerud, "das war mein bitterster Moment als Spielerin", meinte Neid, "wir waren damals einfach zu unaufmerksam". Diesen Donnerstag wollte sie von ihrem Team ein konzentriertes Spiel sehen. Doch das gelang nur teilweise.

Marozsan bringt Schwung

Nach 18 Sekunden meldete sich zunächst Dzsenifer Marozsán mit einer ersten Grußbotschaft im Spiel an: Die 23-jährige Mittelfeldspielerin, die in der ersten Partie noch wegen einer Bänderdehnung gefehlt hatte und nun für die angeschlagene Melanie Leupolz auflief, setzte einfach einmal einen ersten Schuss ab, der über das Tor ging.

In der 5. Minute legte Außenverteidigerin Leonie Maier nach, doch Ingrid Hjelmseth im norwegischen Tor konnte parieren. Schon eine Minute später allerdings streckte sie sich vergeblich: Einen weiteren Torschuss von Marozsán ließ Hjelmseth nach vorne abprallen, Stürmerin Anja Mittag war zur Stelle und lupfte den Ball zum 1:0 ins Tor (6.).

Ähnlich wie beim Auftakt gegen die Elfenbeinküste (10:0) hatten die Deutschen das Spiel vom Anpfiff weg im Griff, diesmal aber verschenkten sie fahrlässig ihre Chancen. In den letzten Minuten der ersten Halbzeit leistete sich Neids Mannschaft dann auch noch Unkonzentriertheiten, die für Gefahr sorgten. In der 43. Minute bewahrte Angerer die Deutschen nur mit einem Reflex vor dem Ausgleich, Isabell Herlovsen war aus elf Metern zum Abschluss gekommen. Kurz vor dem Pausenpfiff musste Angerer nach einer Ecke erneut eingreifen, diesmal lenkte sie den Ball gerade noch an die Latte.

Die Bundestrainerin ging sichtlich angespannt in die Katakomben - das Spiel war trotz der Überlegenheit der Deutschen längst nicht entschieden. Norwegen verstärkte sein Mittelfeld jetzt mit der erfahrenen Solveig Gulbrandsen, prompt bekam der EM-Zweite mehr Sicherheit in seinen Spielaufbau. Norwegen hatte sich jetzt eingestellt auf das Angriffsspiel der Deutschen und setzte selbst seine schnellen Außenspielerinnen mehr ein.

In der 59. Minute wurde Herlovsen schön freigespielt, Saskia Bartusiak war nicht schnell genug und setzte Zentimeter vor dem Strafraum zum Foul an, es gab Freistoß für Norwegen - und den schoss Maren Mjelde zum Ausgleich exakt in den Winkel (61.). In der 64. Minute kam Lotzen für Laudehr, um frische Energie in die Offensive zu bringen. Auch Sara Däbritz und Pauline Bremer durften noch mitspielen - es half nichts. Am Ende konnte Deutschland froh sein, mit einem Warnschuss davongekommen zu sein.

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