DFB:Die Freundschaft mit China wird ausgesetzt

TSV Schott Mainz - U20 China

Die Fußballer von Chinas U20-Auswahl verabschieden sich fürs erste aus ihrem Freundschaftsspielbetrieb mit den Klubs der Regionalliga Südwest.

(Foto: Hasan Bratic/dpa)
  • Der DFB und Chinas Fußballverband vereinbaren, die Testspielreihe der U20-Auswahl erst 2018 fortzusetzen.
  • Ob das tatsächlich so kommt, ist aber fraglich. Eine Lösung erscheint ziemlich fern.

Von Sebastian Fischer

Wer den Ernst der Lage verstehen wollte, musste nur Shao Jiayi ins Gesicht schauen. Vor dem Spiel hatte der Manager der chinesischen U20-Nationalmannschaft mit einem Lächeln über das Projekt geredet, voller Vorfreude. Shao, 37, langjähriger Bundesligaspieler unter anderem beim TSV 1860 München, hatte von der langfristigen Zusammenarbeit zwischen dem chinesischen und dem deutschen Verband gesprochen, von den Plänen der Chinesen, eines Tages in die Weltspitze vorzustoßen und der Dankbarkeit gegenüber den Vereinen der Regionalliga Südwest, ihnen die deutschen Fußballkultur nahezubringen.

Doch nach dem ersten Testspiel beim TSV Schott Mainz am vergangenen Samstag, da schaute er besorgt: Die Chinesen hatten die Partie unter Protest für 25 Minuten unterbrochen, weil Aktivisten auf den Tribünen der Bezirkssportanlage im Mainzer Norden tibetische Fahnen gezeigt hatten. Shao schüttelte nur noch kurz ein paar Hände, nickte und ging. Als ahnte er, dass seine Idee scheitern könnte.

Eine Lösung scheint ziemlich fern zu sein

Vor dem zweiten Spiel der umstrittenen Serie, das für diesen Samstag beim FSV Frankfurt angesetzt war, haben sich der DFB und der chinesische Verband CFA darauf geeinigt, die Freundschaftsspiele zunächst auszusetzen und auf das kommende Jahr zu verschieben. "So schaffen wir ausreichend Zeit, um die neu entstandene Situation in aller Ruhe und Offenheit zu besprechen und im Sinne des Sports eine vernünftige Lösung zu finden", sagte DFB-Vizepräsident Ronny Zimmermann. Doch diese Lösung scheint gerade ziemlich fern zu sein.

Am Montag hielten DFB-Generalsekretär Friedrich Curtius und der CFA-Generalsekretär Zhang Jian die erste Krisensitzung am Telefon, doch in den folgenden Tagen näherten sich die Verbände kaum an. Der DFB verurteilte die Provokation der Aktivisten, verwies aber auf die Meinungsfreiheit und erklärte, man wolle den Chinesen zu Gelassenheit raten. Doch ein Sprecher des chinesischen Außenministeriums sagte ohne jede Gelassenheit, China sei "entschieden gegen jedes Land", das "anti-chinesischen Aktivitäten" - wie dem Protest gegen die völkerrechtlich umstrittene Annektierung Tibets - "in irgendeiner Form oder unter irgendeinem Vorwand Unterstützung anbietet".

Da Fans aus Frankfurt, die das Projekt wie viele andere scharf kritisieren, weiteren Protest mit tibetischen Fahnen planten, entschieden sich die Verbände zur Absage. Der Wortlaut der DFB-Mitteilung am Freitag war angesichts der Aussagen der vergangenen Tage durchaus beachtlich. Es lägen "substanzielle Hinweise auf weitere Eskalationen" vor, heißt es, das Projekt sei von einigen Zuschauern genutzt worden, um Botschaften zu setzen, die von der chinesischen Mannschaft "als verletzend empfunden wurden". Vom Recht auf freie Meinungsäußerung ist in der Mitteilung keine Rede. Sie ist beinahe wortgleich mit der Stellungnahme des chinesischen Verbandes. In der DFB-Mitteilung fehlt nur die Behauptung der Chinesen, die "Störungen durch nicht-sportliche Elemente" würden nicht mit den Bestimmungen des Weltverbands Fifa übereinstimmen.

Von einem "Einknicken" könne jedoch keine Rede sein, sagte Zimmermann im Gespräch mit dem Sport-Informationsdienst. Aber: "Dass es bei Freundschaftsspielen dann vielleicht nur noch um politische Aktionen und nicht den Sport geht, kann nicht in unserem Interesse sein." Die chinesische Mannschaft fliegt am Sonntag zurück nach China.

Wer kommt für die entstandenen Kosten auf?

Wie es weitergeht, wann die nächsten Gespräche anstehen und was deren Inhalt sein soll, wusste am Freitag beim DFB noch niemand. Offensichtlich war nur das Bemühen um diplomatische Wortwahl. Man werde sowohl auf chinesischer Seite als auch bei den Kritikern in Deutschland versuchen, erneut für Verständnis zu werben. Die Kooperation, das hatte Zimmerman zuletzt nicht bestritten, dient auch wirtschaftlichen Interessen des deutschen Fußballs. "Wir haben uns entschieden, ins Ausland zu gehen", um neue Partner zu gewinnen, "bei denen auch ein paar Euro übrig bleiben", hatte er gesagt. "Wir bedauern aufrichtig, die Serie verschieben zu müssen", sagte er am Freitag.

Auch die Politik hat Interesse an einem Gelingen der Zusammenarbeit. Beim Auswärtigen Amt hieß es auf Anfrage, man sei vom DFB "über die Verschiebung in Kenntnis gesetzt" worden. Doch: "Das Auswärtige Amt begrüßt die deutsch-chinesische Fußballzusammenarbeit weiterhin." Die Beziehungen beider Länder seien geprägt von Freundschaft und gegenseitigem Respekt. "Daran wird sich nichts ändern."

Der FSV Frankfurt war übrigens auch enttäuscht von der Absage. Der Klub teilte mit, sich demnächst wegen der entstandenen Kosten an den Verband zu wenden.

Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: