DFB-Auswahl siegt 4:0 :"Schön ist, wenn der Ball drin ist"

Germany U21 v Finland U21 - 2017 UEFA European U21 Championships Qualifier

Das deutsche Mittelfeld mit Joshua Kimmich (M.) von Bayern München überforderte die finnische Auswahl.

(Foto: Dennis Grombkowski/Getty Images)

Nach nicht einmal einer halben Stunde stand der Erfolg gegen die erstaunlich überforderten Finnen fest. Das Team von Horst Hrubesch hätte sogar noch viel höher gewinnen können.

Von Ulrich Hartmann, Essen

Als Horst Hrubesch nach der Spielanalyse den Presseraum verließ, wartete im Kellerflur des Stadions die Polizei auf ihn. Eine Beamtin und ein Beamter, in voller Montur mit Pistole und Handschellen am Gürtel, fingen Hrubesch ab und redeten auf ihn ein. Die Menschen drum herum schienen sich nicht besonders zu wundern. Hrubesch ist Bundestrainer der U21-Nationalmannschaft, und was sich seine Fußball-Junioren kurz zuvor gegen Finnland geleistet hatten, wie sie Chancen sträflich ausgelassen und spielerische Dominanz in ineffizienten Übermut verwandelt hatten, das wollte die Polizei dem verantwortlichen Hrubesch sicher während einer Nacht in der Zelle gründlich überdenken lassen.

Doch dann scherzten die Beamten bloß mit ihm herum, schossen Fotos und plauderten über Fußball und Hrubeschs historisches Image als Kopfballungeheuer. Der Westfale, 64, ist ein Sympathieträger, erst recht in Essen, wo er in den Siebzigern gespielt und in den Achtzigern als Trainer gearbeitet hat. Natürlich verzieh man seiner U21 dort auch, dass sie im zweiten Qualifikationsspiel zur Europameisterschaft 2017 nur mit 4:0 gegen Finnland gewonnen hatte, obwohl sie locker ein Dutzend Tore hätte schießen können. "Normalerweise kann ich zufrieden sein", sagte Hrubesch in seltsamem Konjunktiv, mochte sich mit sechs Punkten und sieben Toren ohne Gegentreffer nach zwei Spielen aber nicht beklagen. Am Dienstagabend hat die Mannschaft das nächste Spiel auf den Färöer-Inseln.

Finnland war mit der Empfehlung eines 2:0-Sieges gegen Russland und eines 3:0-Erfolgs gegen die Färöer nach Essen gekommen, aber es dauerte nur 27 Minuten, ehe Deutschland mit 3:0 führte und klar geworden war, dass die finnischen Junioren allenfalls etwa fünftklassiges Niveau besaßen. Bis auf fünf Ausnahmen spielen sie alle bei finnischen Klubs. Daniel O'Shaugnessy spielt in der Juniorenmannschaft des FC Brentford, Glen Kamara in jener des FC Arsenal, Frédéric Gotte in der B-Mannschaft von AS Monaco und Joel Mero und Armend Kabashi in den zweiten Mannschaften von Borussia Mönchengladbach und Eintracht Braunschweig in der viertklassigen Regionalliga. Auf etwa diesem Niveau spielt auch die finnische U21.

Bestes Mittelfeld einer deutschen U21 aller Zeiten

Die deutschen Junioren hingegen spielen fast alle in der Bundesliga, und fast alle spielen auch sehr regelmäßig. Dieser Unterschied von etwa zwei bis drei Klassen war dann deutlich zu sehen in Essen, wo der Schalker Leroy Sané (13.), der Leipziger Davie Selke (16.) und der Münchner Joshua Kimmich (27.) schnell eine deutliche Führung herausspielten. Bis zum Ende des Spiels kamen die Deutschen auf 31:5 Torschüsse und 10:0 Ecken als Ausdruck ihrer Überlegenheit, aber sie kamen erst in der 91. Minute zum 4:0, wieder durch Sané. "Klar haben wir ein paar Torchancen liegen lassen", sagte Sané, aber er sagte es in mildem Ton, ohne Enttäuschung, denn die Verwertung war auch schon das einzige, was die Junioren sich wirklich hatten ankreiden müssen.

"Wenn man all diese Möglichkeiten hat, dann will man sie natürlich auch nutzen", sagte Hrubesch, der als früherer Stürmer mit ein paar Bauchschmerzen beobachtet hatte, wie seine Spieler sich beim Auslassen ihrer Gelegenheiten gegenseitig übertrafen. Ihre Dominanz im Mittelfeld aber war überragend. Kein Wunder, denn dort spielen Talente wir Joshua Kimmich, der Dortmunder Julian Weigl, die Schalker Leon Goretzka und Max Meyer sowie auf den Flügeln Sané und der Leverkusener Julian Brandt. Das ist vielleicht das beste Mittelfeld, das eine deutsche U21 jemals hatte.

Die Spiele gegen Österreich werden entscheidend

Als Gruppenerster könnte sich die Mannschaft direkt für die Europameisterschaft im Juni 2017 in Polen qualifizieren. Man braucht kaum Zweifel zu hegen, dass dies gelingt. Einziger ernsthafter Konkurrent scheint offenbar Österreich, das seine ersten drei Spiele alle gewonnen hat (2:0 und 7:0 gegen Aserbaidschan sowie 4:3 gegen Russland) und das am 17. November zum Gastspiel nach Fürth kommt. "Es kristallisiert sich ein bisschen heraus, dass die Spiele gegen Österreich entscheidend sein könnten", sagte Goretzka, aber alle Spieler warnten davor, irgendeinen der anderen Gegner zu unterschätzen, denn den ersten Platz wollen sie keinesfalls in Gefahr bringen.

Hrubesch betreut die Mannschaft bis zum August 2016. Dann werden sieben der zehn Qualifikations-Spiele gemacht sein, man spielt bei den Olympischen Spielen, und anschließend übernimmt der derzeitige U19-Trainer Marcus Sorg die U21. Die EM in Polen wird dessen Bewährungsprobe, denn von dieser so glänzend besetzten Mannschaft wird man in knapp zwei Jahren genauso den Titel erwarten wie von jener U21, die vor vier Monaten in Tschechien im EM-Halbfinale mit 0:5 an Portugal gescheitert war.

Anschließend hatte Hrubesch seinen Rücktritt für den Sommer 2016 angekündigt. Bis es soweit ist, will er die Mannschaft aber möglichst weit gebracht haben in der EM-Qualifikation. Der dritte Sieg ist für Dienstagabend auf den Färöern vorgesehen. Der pragmatische Hrubesch formuliert seine Ziele für dieses Spiel nach den vielen vergebenen Torchancen gegen Finnland so: "Es muss nicht schön sein - schön ist, wenn der Ball drin ist."

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