DFB-Affäre:Millionenbetrag für Beckenbauer wirft Fragen auf

Blatter, Beckenbauer und Radmann

Welche Geheimnisse birgt die Vergabe der WM 2006 nach Deutschland (hier lächeln v.l.: Fifa-Boss Sepp Blatter, WM-Chef Franz Beckenbauer und dessen Helfer Fedor Radmann)? Der DFB nimmt sich der Frage noch mal an.

(Foto: Walter Bieri/dpa)
  • In der Affäre um die Fußball-WM 2006 in Deutschland sind Schweizer Ermittler auf weitere Verdächtige Zahlungen gestoßen.
  • Demnach erhielt Fedor Radmann, Intimus von WM-Organisationschef Franz Beckenbauer, vor und nach dem Turnier einen Betrag in Millionenhöhe.
  • Einen Teil des Geldes reichte er an Beckenbauer weiter.

Von Georg Mascolo und Klaus Ott

Etwas lautstark ging es teilweise zu, als kürzlich bei der Bundesanwaltschaft in Bern neue Erkenntnisse zur Affäre um die Fußball-WM 2006 in Deutschland auf den Tisch kamen. Erkenntnisse über Millionen-Transfers, die alles nur noch mysteriöser machen. Die Schweizer Ermittler hatten Fedor Radmann geladen, Intimus von Franz Beckenbauer und dessen wohl wichtigster Helfer bei der erfolgreichen Bewerbung für die Weltmeisterschaft.

Radmann war Beckenbauers Netzwerker gewesen. Ein Tausendsassa im internationalen Sportgeschäft, der die richtigen Kontakte zu den richtigen Leuten beim Weltverband Fifa herstellte und so entscheidend dazu beitrug, dass Deutschland den Zuschlag erhielt. Angeblich war alles, so sagen das Beckenbauer und Radmann immer wieder, ganz sauber.

Doch nun präsentierte die Bundesanwaltschaft nach Informationen von SZ, NDR und WDR Belege für weitere, bislang unbekannte Zahlungen vor und nach der WM. Was zu einigen heftigen Disputen führte. Im Jahr 2007 hatte Radmann von einer Firma des früheren Adidas-Chefs Robert Louis-Dreyfus einen Scheck über 5,4 Millionen Euro erhalten. Die Hälfte des Betrages, 2,7 Millionen Euro, reichte Radmann an Beckenbauer weiter. So die Erkenntnisse der Bundesanwaltschaft, die viele Fragen aufwerfen. War das etwa ein Rückfluss aus jenen zehn Millionen Schweizer Franken, die Dreyfus dem von Beckenbauer geleiteten Organisationskomitee (OK) der Fußball-WM Jahre vorher heimlich zur Verfügung gestellt hatte?

Radmann behauptet, es seien normale und völlig legale Geschäfte gewesen

Das Dreyfus-Geld war damals, im Jahr 2002, über Umwege bei einer Firma in Katar aus dem Imperium eines einflussreichen Fifa-Funktionärs gelandet. Und von dort, aus Katar, hatte Radmann bereits in diesem Jahr, also 2002, einen Scheck über 1,7 Millionen Euro erhalten und eingelöst. Auch das haben die Schweizer Behörden herausgefunden. Da fließt also erst heimlich Geld von Dreyfus für das WM-OK und landet in Katar. Dann wird dieses Geld später genauso heimlich und unter einem erfundenen Verwendungszweck vom WM-OK an Dreyfus zurückgezahlt und im Deutschen Fußball-Bund (DFB) falsch verbucht, um alles zu verschleiern. Und nun stellte sich heraus: Aus Katar und von Dreyfus flossen insgesamt 7,1 Millionen Euro erst an Radmann und dann teilweise auch an Beckenbauer. Aber wofür?

In der Schweiz laufen diverse Untersuchungen wegen dubioser Fußball-Deals. In einem der Verfahren geht es um eine mutmaßliche Täuschung des DFB. In diesem Fall ist Radmann eine Auskunftsperson; das ist ein Status zwischen Zeuge und Beschuldigter. Das ist offenbar jenes Verfahren, in dem kürzlich die Millionenzahlungen zur Sprache kamen.

War es etwa ein Dreiecks-Geschäft, um die beiden erfolgreichen WM-Werber heimlich zu honorieren? Oder wurde auf diese Weise eine Art schwarze Kasse gefüllt, mit deren Inhalt der WM-Zuschlag in der damals durch und durch korrupten Fifa erkauft beziehungsweise erschmiert worden war? Oder waren das ganz normale und völlig legale Geschäfte gewesen? Letzteres behauptet Radmann. Dessen Anwalt Norbert Scharf erklärte auf Anfrage, es gebe "keinen Zusammenhang zwischen Zahlungen an meinen Mandanten" und davor von Dreyfus für die dem deutsche WM-OK zur Verfügung gestellten zehn Millionen Schweizer Franken. Ansonsten wolle man sich, so Scharf, öffentlich nicht weiter äußern, sondern nur bei den Behörden Stellung nehmen.

Bereits bei der Vernehmung in Bern hatten Radmann und Scharf sich heftig bemüht, jegliche Zweifel an den nun neu aufgetauchten Zahlungen zu zerstreuen. So schildern das Teilnehmer der Runde, die gut besucht war. Anwälte von diversen anderen Parteien in dieser Causa saßen mit am Tisch; sie bekamen mit, wie sehr um die Details und die Deutungshoheit gerungen wurde. Das sollen teils heftige Wortgefechte gewesen sein.

Radmann sagte offenbar, er habe das Geld "aus Dankbarkeit" weitergereicht

Glaubt man Radmanns Darstellung, so ging es 2002 bei der Zahlung aus Katar über 1,7 Millionen Euro um einen Handel mit den Verwertungsrechten für Sportereignisse. Mit solchen Fernseh- und Marketingrechten war damals auch offiziell die Zahlung jener zehn Millionen Schweizer Franken, die Dreyfus zur Verfügung gestellt hatte, an die Firma Kemco Scaffolding Co. in Katar begründet worden.

Inhaber der Kemco Group war damals, wie eine vom DFB in Auftrag gegebene Untersuchung später ergab, der asiatische Fifa-Funktionär Mohamed bin Hammam gewesen. Der wurde später vom Weltverband wegen Korruption gesperrt. Zuvor hatte er an der Abstimmung teilgenommen, bei der Deutschland gegen heftige Konkurrenz aus Südafrika die WM 2006 bekam.

Alles sehr verworren und sehr merkwürdig, was Spekulationen nährt, der Zuschlag für die Weltmeisterschaft sei erkauft worden. Was Beckenbauer und sein Intimus Radmann seit Beginn der Affäre heftigst bestreiten. Bei der Vernehmung in Bern betonten Radmann und sein Anwalt, auch die 5,4 Millionen Euro im Jahr 2007, die per Scheck von Dreyfus kamen, seien in Ordnung gewesen. Es sei ebenfalls um Rechtevermarktung gegangen, und um den Aufbau von Gesellschaften. Radmann soll gesagt haben, die Hälfte des Betrages habe er "aus Dankbarkeit" an Beckenbauer weitergereicht. Schön, wenn man solche Freunde hat.

5,4 Millionen Euro, das erinnert an öffentlich bereits bekannte Zahlungsflüsse in dieser Höhe Euro in den Jahren 2008 bis 2011 von der Fifa an Beckenbauer; über seinen damals engen Vertrauten Fedor Radmann. Ist das derselbe Sachverhalt, war also der Dreyfus-Scheck der Fifa-Zahlung vorausgegangen? Oder sind das zwei unterschiedliche Vorgänge? Die Ermittler haben noch viel zu tun, wenn sie das alles entwirren wollen. Falls es sich überhaupt entwirren lässt.

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