Deutschlands Weg ins WM-Finale:Klosaldo grüßt aus der Eistonne

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Miroslav Klose ist seit dieser WM alleiniger Rekordtorschütze.

(Foto: AFP)

Deutschland hat ein Stürmerproblem? Von wegen! Thomas Müller haxelt sich von Tor zu Tor - und Miroslav Klose löst Ronaldo ab. Von Kopfnüssen über Pfützenspiele in die Eistonne: Der Weg der DFB-Elf ins Endspiel von Rio.

Von Saskia Aleythe und Martin Anetzberger

1. Gruppenspiel, Deutschland - Portugal 4:0

Prädikat des Spiels: Wer ist Mario Gomez? - Mit nur einem nominellen Stürmer war Joachim Löw nach Brasilien gereist und hatte unter anderem auf Mario Gomez verzichtet. Vier Tore gegen Portugal zeigen: Ein Stürmerproblem hat die deutsche Elf nicht wirklich.

Performance: Thomas Müller walzt sich mit seinen bayrischen Haxen zu drei Toren nach Müller-Art. Ambitionen auf den Titel des besten Torschützen im Turnier? Durchaus vorhanden.

Überraschung: Angela Merkel bewirbt sich mit ihrem Kabinenbesuch schon früh für den Titel zum "Foto der WM".

Was hat gefehlt? Auf keinen Fall Mario Gomez (siehe Müller). Sträflich vermisst wird hingegen Cristiano Ronaldo. Steht auf dem Spielberichtsbogen, wird auch gesichtet. Fällt aber nicht auf. Zu schade!

Was war überflüssig? Pepes Kopfstoß. Ja, der Portugiese ist ein Raufbold der düsteren Sorte - ein bisschen Kabbelei gehört auch dazu. Wegen einer Kopfnuss an Thomas Müller Rot zu kassieren und die DFB-Elf so 53 Minuten in Überzahl spielen zu lassen, ist hingegen kein Verdienst am Sport. Ein bisschen Herausforderung braucht der Mensch schon.

Satz des Tages: "Wir brauchen jetzt nicht so zu tun, als wären wir eine Übermannschaft" (Thomas Müller).

Stimmungsbarometer in der Heimat: Wir werden Weltmeister!

Bild des Spiels:

Deutschlands Weg ins WM-Finale: Wir sind Deutschland: Bundeskanzlerin Angela Merkel und die Fußball-Nationalmannschaft nach dem gemeinschaftlich errungenen Erfolg gegen Portugal.

Wir sind Deutschland: Bundeskanzlerin Angela Merkel und die Fußball-Nationalmannschaft nach dem gemeinschaftlich errungenen Erfolg gegen Portugal.

(Foto: Guido Bergmann/AP)

2. Gruppenspiel, Deutschland - Ghana 2:2

Prädikat des Spiels: Klosaldo lässt grüßen - und wer ist eigentlich Mario Gomez? Miroslav Klose erfüllt seine Aufgabe als Joker, kommt in der 69. Minute und macht zwei Minuten später den wichtigen Ausgleich.

Performance des Tages: Mario Götze ist von Natur aus eher nicht für Kopfbälle vorgesehen, doch auch er kann so Tore machen. Einfach aufs Knie köpfen und rein mit dem Ball - den Götz'schen Kopfknieball muss erstmal jemand nachmachen. Da Klose seinen Salto beim Torjubel nicht stehen kann, bringt Götze die Performance des Tages.

Überraschung des Spiels: Auch ein Philipp Lahm hat mal schlechte Tage. Leitet mit einem Fehlpass das zwischenzeitliche 2:1 für Ghana ein. Auch überraschend: Ronaldo gratuliert Klose zur Einstellung seines WM-Torrekords. Da weiß er allerdings noch nicht, dass er später noch überholt werden würde...

Was hat gefehlt? Ein gutes zweites Gruppenspiel. Auch bei dieser WM zeigt sich: Deutschland tut sich da schwer.

Was war überflüssig? Thomas Müllers Kopfanknackser. Da schleppt er sich schon erfolgreich bis in die Nachspielzeit und dann gibt's zur Belohnung Kopfweh. Immerhin: Bisher sind keine Spätschäden aus dem Zusammenprall mit Boye zu vermerken.

Satz des Tages: "15 Buden in 20 Spielen sind nicht schlecht" (Miroslav Klose).

Stimmungsbarometer: Wir werden Gruppenzweiter!

Bild des Spiels:

Germany's Thomas Mueller gives a thumbs up while holding his bleeding head after the 2014 World Cup Group G soccer match between Germany and Ghana at the Castelao arena

Kopfweh zur Belohnung: Thomas Müller zeigt bis zum Schluss vollen Einsatz.

(Foto: REUTERS)

3. Gruppenspiel, USA - Deutschland 0:1

Prädikat des Spiels: Jedem Schützen seine Pfützen - Recife wird von so starken Regenfällen geflutet, dass sogar eine Verschiebung der Partie erwogen wird. Doch dann... nun ja... "rollt" der Ball doch.

Performance: Sich im Sumpf von Recife überhaupt ordentlich den Ball zuspielen zu können, ist schon eine Kunst für sich. Dabei auch noch ein Tor zu machen, vielleicht Glück - im Falle von Thomas Müller allerdings nicht. Er katapultiert den Ball von außerhalb des Strafraums ins Netz. Clever den Weg über den Rasen gemieden!

Überraschung: Auch in den erstmals vorgeführten schwarz-roten Trikots sind die Deutschen noch fehlerfrei zu identifizieren. Und: Joachim Löw kann als Abwechslung zur Föhnfrisur ruhig auch mal den Wet-Look tragen.

Was hat gefehlt? Ein Schlauchboot.

Was war überflüssig? Die Angst vor einem Spiel wie in Gijon bei der WM 1982. Selbst wenn Joachim Löw und Jürgen Klinsmann einen gemeinsamen Plan gehabt hätten - so mancher aufgeweichter Wiesenhügel hätte da durchaus dazwischenfunken können. Und: Wer will sich schon nachsagen lassen, SO weitergekommen zu sein?

Satz des Tages: "Jetzt habe ich auch endlich mal ein schönes Tor geschossen" (Thomas Müller).

Stimmungsbarometer: Wir werden wieder WM-Dritter!

Bild des Spiels:

World Cup 2014 - USA - Germany

Joachim Löw: Unbeeindruckt vom Regen

(Foto: dpa)

Achtelfinale, Deutschland - Algerien 2:1 n.V.

Prädikat des Spiels: Sehnsucht nach der Eistonne - Nach dem 120-Minuten-Spiel kündigt Per Mertesacker zur Regeneration der erschöpften Muskulatur einen dreitägigen Aufenthalt in einer Eistonne an.

Performance: André Schürrle trifft in der Verlängerung ausgerechnet mit der Hacke zum 1:0.

Überraschung: Shkodran Mustafi spielt trotz seines groben Fehlers im Spiel gegen Ghana erstmals von Beginn an. Der Pechvogel verletzt sich in der zweiten Halbzeit aber so schwer, dass die WM für ihn beendet ist.

Was hat gefehlt? Manuel Neuer musste mehrmals unter höchstem Risiko aus seinem Kasten eilen (19 Ballkontakte außerhalb des Strafraums), um für seine bereits geschlagenen Vorderleute zu klären. Da auch in der Offensive wenig funktionierte, hätte er es ruhig auch mal als Stürmer probieren können.

Was war überflüssig? Die Verlängerung. Bereits in der zweiten Minute traf Schürrle - die 30 Minuten extra hätte die DFB-Elf sich und den Zuschauern ersparen können.

Satz des Tages: "Wat wolln'se? So kurz nach dem Spiel kann ich die ganze Fragerei nicht verstehen. Wir sind weiter, wir sind happy. Unter den letzten 16 gibt es keine Karnevalstruppen mehr, die haben uns nichts geschenkt" (Per Mertesacker).

Stimmungsbarometer: Wir qualifizieren uns nie mehr für ein Fußball-Großereignis!

Bild des Spiels:

World Cup 2014 - Germany - Algeria

Manuel Neuer: Auch ein Mann für die Sturmspitze

(Foto: dpa)

Viertelfinale, Frankreich - Deutschland 0:1

Prädikat des Spiels: Löw findet seine Startelf - zum ersten Mal rückt Philipp Lahm wieder auf die Position des rechten Außenverteidigers. Im Mittelfeld spielen Sami Khedira und Bastian Schweinsteiger gemeinsam, Miroslav Klose stürmt von Beginn an. Gegen Brasilien schickt Löw die gleiche Formation aufs Feld.

Performance: Kurz vor Schluss reckt Manuel Neuer seinen rechten Arm nach oben und pariert den letzten Schuss von Karim Benzema - es ist der Moment, in dem der französische Stürmer aufgibt.

Überraschung: Mats Hummels rückt in der DFB-Elf zum Anführer auf. Hinten bringt er Frankreichs Stürmer Benzema zum Verzweifeln, vorne köpft er sein Team zum Sieg. Löw lobt: "Mats war sensationell heute."

Was hat gefehlt? Hummels' Kopfball findet von der Unterlatte direkt den Weg ins Tornetz. Spektakulärer wäre allerdings ein Abpraller auf den Boden inklusive anschließender Goal-Control-Entscheidung gewesen. Unverständlicherweise verzichtet Hummels auch auf eine götzesche Kopfknie-Kombination.

Was war überflüssig? Unmittelbar vor dem Spiel kursieren mittlerweile bestätigte Gerüchte über einen Wechsel von Toni Kroos zu Real Madrid. Während einer Weltmeisterschaft kann der Vereinsfußball auch einmal ruhen.

Satz des Tages: "Wir haben dagegengehalten bis zum Schuss von Karim Benzema" (Frankreichs Trainer Didier Dechamps).

Stimmungsbarometer: Wir spielen wieder Rumpelfußball!

Bild des Spiels:

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Karim Benzema: Machtlos gegen Neuer

(Foto: AFP)

Halbfinale, Brasilien - Deutschland 1:7

Prädikat des Spiels: Deutschland schreibt Geschichte - Der 7:1-Sieg ist nicht nur die höchste Niederlage in der brasilianischen Fußball-Historie, er ist auch das höchste Ergebnis in einem WM-Halbfinale.

Performance: Vor dem 3:0 tritt Thomas Müller slapstickartig am Ball vorbei. Toni Kroos schaltet im Rückraum am schnellsten und befördert die Kugel ins linke Eck.

Überraschung: Manuel Neuer genehmigt den Brasilianern den Ehrentreffer zum 1:7. Sein Gesichtsausdruck nach Oscars Tor verrät aber: Ganz freiwillig lässt er den Ball nicht rein.

Was hat gefehlt? Die brasilianische Defensive. Spätestens nach dem 0:2 durch Miroslav Klose bricht die Seleção auseinander. Keeper Júlio César und Innenverteidiger Dante werden von ihren Vorderleuten im Stich gelassen. Anstatt das Spiel erst einmal zu beruhigen, rennen alle nur nach vorne - und nicht mehr zurück. Innerhalb von sechs Minuten folgen weitere drei Tore.

Was war überflüssig? Wohl kaum einer würde behaupten, dass die Seleção mit Neymar Deutschland geschlagen hätte. Zu sehr entblößt sich die brasilianische Verteidigung gegen die konsequent angreifende DFB-Elf selbst. Die Debatte über Neymar hätte man sich vor dem Spiel also sparen können.

Satz des Tages: "Wir bitten um Vergebung bei der Bevölkerung, bitte entschuldigt diesen Fehler" (Brasiliens Trainer Luiz Felipe Scolari).

Stimmungsbarometer: Der deutsche Fußball wird über Jahrhunderte hinaus unschlagbar sein!

Bild des Spiels:

Deutschlands Weg ins WM-Finale: Trotz Verletzung irgendwie dabei: Brasiliens Neymar

Trotz Verletzung irgendwie dabei: Brasiliens Neymar

(Foto: AP)
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