Deutschlands Remis gegen Ghana:Verflixtes zweites WM-Spiel

World Cup 2014 - Germany vs Ghana

"Müllerte" gegen Ghana erfolglos: Thomas Müller.

(Foto: dpa)

Beide Teams hätten gewinnen können: Nach einer furiosen zweiten Halbzeit trennt sich Deutschland von Ghana mit 2:2. Weil dem DFB-Team erneut im zweiten Gruppenspiel kein Sieg gelingt, folgt nun ein Endspiel gegen die USA.

Von Saskia Aleythe

Es gibt diese Tage im Leben von Thomas Müller, aber sie sind selten. Diese Tage, an denen er etwas lustlos durch die Strafräume wankt; aber die Tage, an denen er unberechenbar und mit List wankt, sind eindeutig in der Überzahl. Gegen Portugal war er so zu drei Toren gekommen - doch am Ende gab es trotzdem was zu meckern. Der Gegner zu schwach, die Tore zu einfach - und auch das, nun ja, "Lob" von Diego Maradona hatte einen Beigeschmack. "Thomas Müller hat keine Muskeln, aber heute hat er unglaublich stark gespielt."

So musste man schon ein wenig Bedenken haben, ob dieser dürre Deutsche an der nächsten Abwehrreihe schmerzlich zerschellen würde wie eine altersschwache Möwe an einer Felswand. Die Physis der Ghanaer sprach Bundestrainer Joachim Löw vorm zweiten Gruppenspiel schließlich unentwegt an - und sie machte den Deutschen erhebliche Probleme. Nach einem 2:2 (0:0) erwartet sie nun ein Endspiel ums Achtelfinale gegen die USA. "Wir haben geführt, dann haben wir zwei Tore aus dem Nichts bekommen", sagte Joachim Löw, "aber die Mannschaft hat Moral bewiesen, dass sie noch einmal zurückgekommen ist."

Der Bundestrainer war ganz ohne Bange um Müller gewesen, er hatte auch keine Bedenken um Mats Hummels (und seinen Oberschenkel) - beide standen in der Startelf in Fortaleza. Überhaupt war Löw gar nicht danach, irgendetwas an seinem Team zu ändern, er schickte die gleiche Besatzung auf den Rasen wie gegen Portugal. Statt einem frühen Tor gab es dieses Mal allerdings früh Pfiffe. Gerade fünf Minuten waren gespielt, da dröhnte es laut durchs Stadion. Der Unmut der Fans galt allerdings nicht dem deutschen Spiel, sondern der Fifa, deren Ordner diverse Banner vom Oberrang entfernten.

Ghana war präsent, so präsent, dass es der Ball zunächst gar nicht aus der deutschen Abwehrreihe hinaus schaffte. Das Mittelfeld um Kroos, Lahm und Khedira wurde so akribisch bewacht, dass der Ball nur über die Außenbahnen in die Spitze gelangte. Mesut Özil war also gefordert und präsentierte seine Zauberfüße mit großem Elan. Mal passte er blitzschnell auf Höwedes (4.), mal legte er Khedira den Ball zum Fernschuss auf (18.), einmal stürmte er gar selbst Richtung Tor nach Zuspiel von Lahm - und lachte sogar.

Özil und sein Außenbahnkumpane Mario Götze vernarrten sich in der Idee, dass dieser Thomas Müller in der Mitte nun auch sein viertes WM-Tor erzielen müsste. Immer wieder flankten sie auf den im Strafraum lauernden Münchner - doch der Ball musste erstmal die ghanaischen Abwehrbeine überwinden. In der 21. Minute bekam Müller dort sogar die Beine an den Ball, allerdings nicht seine Füße, Chance vergeben.

Klose erzielt seinen 15. WM-Treffer

Ein Geistesblitz könnte Götze in der Pause gekommen sein, denn nur wenige Minuten nach Wiederanpfiff begab er sich von Passgeberposition in Stürmerposition. Nun war es Müller, der ihm das Zuspielen mal vormachte: Mit langem hohen Ball von rechts erreichte er Götze, der sich den Ball unnachahmlich mit dem Kopf auf das eigene Knie lenkte - von da aus sprang er ins wenige Meter entfernte Netz (51.). Das war eine mittelgroße Befreiung, denn Ghana war während der ersten Hälfte wieder selbst in Torschuss-Position gekommen.

Knackige Fernschüsse von Christian Atsu (13.) und Sulley Muntari (30.) prüften Neuer, der zusehen musste, wie seine Vorderleute allzu körperscheu mit den Angreifern umgingen. Immerhin Per Mertesacker hielt seine Beine in den wichtigen Momenten dazwischen.

Diese Erleichterung war allerdings schon wieder verpufft bevor sich der letzte jubelnde Ersatzspieler wieder auf die Bank gesetzt hatte. Nur drei Minuten später jubelte dann Ghana: Shkodran Mustafi, der für den mit Muskelproblemen ausgewechselten Jérôme Boateng gekommen war, stieg im Kopfballduell gegen André Ayew nicht hoch und konnte daher nur zuschauen, wie der Ball an Neuer vorbei ins linke Eck flog.

Doch auch das 1:1 währte nur wenige Minuten, in der 63. Minute setzte wieder ghanaischer Jubel ein: Asamoah Gyan lenkte den Ball von der rechten Seite zum 2:1 ins linke Eck. Philipp Lahm hatte zuvor Muntari einen selten gesehenen Fehlpass geschenkt. Joachim Löw sah sich nun wieder dieser verflixten Historie gegenüber - Deutschland und zweite WM-Spiele werden wohl keine Freunde mehr. Er setzte nun auf Miroslav Klose, der für Götze auflief und Bastian Schweinsteiger, der für Khedira auf den Rasen stürmte.

Nur zwei Minuten später stand es 2:2: Klose nutzte einen verlängerten Kopfball von Höwedes und hielt seinen Fuß zum Ausgleich vor der Linie noch an den Ball. Beim anschließenden Salto landete er auf seinem Hintern, aber das war ganz egal - Klose zog mit seinem 15. WM-Tor mit Ronaldo gleich. Deutschland und Ghana lieferten sich in den Schlussminuten noch ein munteres Laufduell, bei dem Tore auf beiden Seiten durchaus hätten fallen können.

Auch Thomas Müller wankte sich wieder flink in den Strafraum, doch erneut vereitelte ein Abwehrfuß die Chance. Am Ende, es war die letzte Aktion in der 93. Minute, ging Müller dann doch noch zu Boden. Sein Kopf war an die Schulter von John Boye geprallt und blutete. Doch schon im nächsten Augenblick ging der Daumen des Münchners nach oben - so schnell zerschellt er dann doch nicht.

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