Deutschland - Dänemark:Kimmichs Fallrückzieher rettet den Debütantenball

Deutschland - Dänemark: Joshua Kimmich liegt kunstvoll in der Luft und rettet mit seinem Fallrückzieher das Remis im Testspiel gegen Dänemark.

Joshua Kimmich liegt kunstvoll in der Luft und rettet mit seinem Fallrückzieher das Remis im Testspiel gegen Dänemark.

(Foto: AFP)
  • Im Testspiel gegen Dänemark verhilft Bundestrainer Joachim Löw einem halben Dutzend Spielern zum Debüt.
  • Die DFB-Elf wirkt improvisiert, belohnt sich am Ende aber mit einem Remis - der Ausgleich fällt artistisch.
  • Hier gibt es den Liveticker zum Nachlesen.

Von Thomas Hahn, Kopenhagen

In der 77. Minute kam Kerem Demirbay, 23, von der TSG Hoffenheim in die Partie. Und damit wurde dieses wenig stimmungsvolle Länderspiel des Deutschen Fußball-Bundes gegen Dänemark auch für ihn etwas ganz Besonderes: Debüt für Deutschland - so etwas vergisst man ein ganzes Fußballerleben lang nicht. 1:1 endete der Vergleich in Kopenhagen zwischen aufgeräumten Deutschen und kämpferischen Dänen, das vermerkten die Statistiker und ließen das Ereignis in sanfte Vergessenheit entgleiten. Aber Demirbay und die fünf anderen Debütanten, die Bundestrainer Joachim Löw zum Einsatz gebracht hatte, feierten diesen kühlen Dienstagabend mit leisem Stolz.

Seine Spannung bezog das Spiel zunächst aus dem Umstand, dass keiner wusste, wen Löw aufbieten würde. Der Ideenwettbewerb um die voraussichtliche Mannschaftsaufstellung ist ein ungeliebter Standard des Sportjournalismus, selbst gestandene Fußballreporter haben dabei schon bittere Irrtümer einräumen müssen. Diesmal allerdings war die Lage verzweifelt, weil nicht einmal der verantwortliche Trainer selbst Bescheid wusste.

"Alles, was ich jetzt sagen würde, würden sie mir um die Ohren schlagen, wenn es dann nicht stimmt", sagte Löw bei der Pressekonferenz, die noch vor dem einzigen Training mit seinem zusammengewürfelten Confed-Cup-Kader stattfand. Löw musste offenbar selbst erst einmal überblicken, wen er da alles nominiert hatte, vielleicht auch noch mal die eine oder andere Statistik im kicker-Sonderheft studieren. Und als die Mannschaft am nächsten Abend dann feststand, stellte sich heraus, dass nicht einmal der einzige Anhaltspunkt eine zielführende Fährte gesetzt hatte.

Shkodran Mustafi, 25, Verteidiger beim FC Arsenal und Weltmeister von 2014, saß neben Löw bei der Pressekonferenz, hörte Lob und die Anfrage, ob er als einer der erfahreneren Confed-Cup-Reisenden nicht für das Amt des Kapitäns infrage komme. Aber dann saß Mustafi 90 Minuten auf der Bank. Löw hatte sich für eine Abwehrkette mit den beiden Außen Matthias Ginter (links) und Joshua Kimmich (rechts) sowie Antonio Rüdiger und Niklas Süle in der Mitte entschieden. Kapitän durfte Julian Draxler sein mit seiner gesammelten Erfahrung aus 23 Lebensjahren.

Dieser ganze DFB-Auftritt in Kopenhagen wirkte seltsam improvisiert. So als wollte er im Rahmen seines Confed-Cup-Experiments 2017 einfach mal wissen, wie sich das anfühlt, eine Mannschaft aufzubieten, die nichts anderes verbindet als ein einziges gemeinsames Abschlusstraining. Die Lehre daraus?

Abstimmungsschwächen vor dem Gegentor?

Wenn die einzelnen Spieler genug Talent aufbringen, kann man so was schon mal wagen. Auf schwache Momente muss man halt gefasst sein. Die Dänen stecken mitten in der WM-Qualifikation, ihr norwegischer Trainer Age Hareide kann es sich nicht erlauben, lauter potenzielle One-Hit-Wonder zu Länderspiel-Ehren kommen zu lassen. Auf dem Feld wirkten sie deshalb auch zunächst etwas besser orientiert. Torwart Kevin Trapp, einer der deutschen Debütanten, verhinderte mit knapper Not, dass Jannik Vestergaard einen Versuch aus kurzer Distanz ins Netz setzte. Und war kurz darauf machtlos, als der dänische Kapitän Christian Eriksen einen Rechtsschuss aus 16 Metern absetzte (18.). Antonio Rüdiger hatte aufgelegt, Matthias Ginter sah auch nicht gut aus. Abstimmungsschwächen einer notdürftig zusammengestellten Abwehr?

Aber ansonsten war das weiß-schwarze Ensemble gar nicht so schlecht unterwegs. Es schien den Spielern Freude zu bereiten, den Ball bei Sturm und Regen übers Grün des Bröndby-Stadions zu führen. Technisch waren sie den Dänen überlegen, schon aus ästhetischen Gründen wäre es verdient gewesen, wenn einer der Distanzversuche von Julian Draxler oder Leon Goretzka den Weg ins Tor gefunden hätte oder der Debütant Sandro Wagner für seinen Fleiß belohnt worden wäre. Es zeigte sich, dass man mit den Instinkten taktisch wie spielerisch gut ausgebildeter Fußballprofis eine gute Figur machen kann gegen ein solides, nicht sonderlich spielfreudiges Team wie das der Dänen.

Die Partie sollte auch dem Gedenken des EM-Finals von 1992 dienen, welches Deutschland gegen gut gelaunte Dänen 0:2 verloren hatte. Insofern hätte es gepasst, wenn eine dänische Offensiv-Phase zum zweiten Treffer geführt hätte. Yussuf Poulsen von RB Leipzig kam dem am nächsten (53.), als er aus wenigen Metern Trapp die nächste Chance zur Parade einräumte. Aber dann machten sich die Deutschen wieder breit im Mittelfeld. Torwart Frederik Rönnow musste zwei Mal in kurzer Folge den Ball über die Latte klatschen, weil Süle und Ginter gezielte Kopfbälle setzten. Und kurz vor Schluss setzte Joshua Kimmich einen Fallrückzieher zum verdienten Ausgleich ins Netz. Feiern konnte er wegen eines Wadenkrampfs nicht - so sehr hatte er sich reingehängt in diese Partie.

Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: