Deutschland bei der Handball-EM:Verwalter eines dürftigen Erbes

Im EM-Vorrundenspiel gegen Mazedonien geht es für die deutschen Handballer bereits um alles oder nichts. Nationaltranier Martin Heuberger trägt kaum Schuld daran - bessere Spieler stehen ihm nicht zur Verfügung. Vieles spricht dafür, sich von der Generation der Weltmeister von 2007 zu verabschieden.

Joachim Mölter, Niš

Noch ist nicht viel verloren für die deutschen Handballer bei dieser EM in Serbien, nur das erste Spiel gegen Tschechien eben. Für den Deutschen Handballbund (DHB) geht es jedoch um zu viel bei diesem Turnier, um das als die für eine EM fast übliche Auftakt-Niederlage abzutun und darauf zu hoffen, dass die Mannschaft schon noch ins Turnier finden wird.

Handball EM - Deutschland - Tschechien

Nationaltrainer Martin Heuberger soll das DHB-Team zur erfolgreichen Olympiaqualifikation führen.

(Foto: dpa)

Vordergründig steht die Olympia-Teilnahme der Männer auf dem Spiel, darüber hinaus geht es um Prestige und Ansehen des ganzen Verbandes, der ganzen Sportart. Einen weiteren Rückfall nach den jüngsten Rückschritten auf EM-Platz zehn (2010) und WM-Platz elf (2011) glaubt man sich im zahlenmäßig größten Handball-Verband der Welt nicht leisten zu können.

Dem ersten Eindruck nach zu urteilen, muss man sich beim DHB allerdings auf den schlimmsten Fall einstellen: verpasste Olympia-Qualifikation und Vorrunden-Aus, beides noch nie dagewesene Erlebnisse. In solch kritischen Situationen wird für gewöhnlich als Erstes der Trainer in Frage gestellt, aber Martin Heuberger sollte man in diesem Fall aus der Kritik nehmen.

Er verwaltet seit seinem Amtsantritt im vergangenen Juli ein bescheidenes Erbe, bessere Spieler hat er derzeit jedenfalls nicht zur Verfügung als diejenigen, die er mit nach Serbien genommen hat. Und darunter sind immerhin noch sieben, die erst vor fünf Jahren den WM-Gewinn erlebten.

Es ist bemerkenswert, dass ausgerechnet diese erfahrenen Spieler in entscheidenden Situationen gegen Tschechien versagten. Ob Kapitän Pascal Hens, seine Nebenleute Holger Glandorf und Lars Kaufmann, der Außen Dominik Klein oder Abwehrchef Oliver Roggisch - sie alle leisteten einen Beitrag zur Niederlage: durch fehlende Konzentration oder Übereifer beim Torwurf, durch unerklärliche Abspielfehler im Angriff oder fehlende Cleverness in der Abwehr, die zu einer Zeitstrafe führte, als das Team sie am wenigsten verschmerzen konnte.

So hart es klang, als Bob Hanning, der Geschäftsführer des Bundesligisten Füchse Berlin, neulich einen radikalen Schnitt in der Nationalmannschaft forderte - es spricht viel dafür, sich von der Generation der Weltmeister von 2007 zu verabschieden. Die Zeit scheint tatsächlich reif zu sein, eine neue Mannschaft aufzubauen.

Natürlich könnte Martin Heuberger dabei nicht gleich auf Dutzende von Talenten zurückgreifen. Aber dass er mit jungen Spielern arbeiten kann, hat er als Cheftrainer der Junioren bewiesen: Vom Nachwuchs hat er sich im vorigen Sommer mit dem zweiten WM-Titel verabschiedet.

Man müsste sich beim DHB halt darauf einstellen, bei den nächsten Turnieren erst einmal nur Erfahrung zu gewinnen und sonst nichts. Geduld wäre also gefragt. Aber die ist bekanntlich immer das erste, was verloren geht, wenn es nicht so läuft.

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