Deutsches Alpin-Team:Üben beim Gletscherwilly

Schwierige Situation für die Alpinen im DSV drei Wochen vor dem Weltcup-Start: Selbst hausintern hinken sie der Konkurrenz hinterher.

Wolfgang Gärner

"Jetzt sind wir hier und warten auf Schnee", berichtet Mathias Berthold, Bundestrainer der deutschen alpinen Skirennläuferinnen.

Maria Riesch

Peilt ihr Comeback an: Maria Riesch

(Foto: Foto: dpa)

Dabei sind die Verhältnisse hier noch einigermaßen günstig, was womöglich auch daran liegt, dass der mit dem Ehrennamen Gletscherwilly belegte Chef des Pitztaler Höhenskigebiets das kostbare Weiß zur heißesten Jahreszeit großflächig mit Fleece abdecken ließ, wodurch allerhand Altschnee in den Herbst gerettet wurde.

Der wird jetzt, drei Wochen vor dem Weltcup-Auftakt in Sölden, zur letzten Vorbereitung eifrig genutzt von einem Dutzend Nationalteams. Nur nicht dem von Österreich: Das Gefolge des Skiverbandspräsidenten Schröcksnadel beanspruchte die Alleinherrschaft unterm Brunnenkogel, da hat ihnen der Gletscherwilly abgesagt.

"Wenig auf der Habenseite"

Für den Pitztaler Benjamin Raich als Ortsansässigem und Repräsentanten der Talschaft gab es allerdings einen Sonderstatus: Der durfte unter der Wildspitze trainieren.

Sowas Dummes: Dann fährt der den Deutschen wieder davon. Das wird wohl so kommen, aber nicht, weil er auf den Pitztaler Gletschern trainierte.

Die Alpinen des Deutschen Skiverbandes (DSV) sind sogar hausintern enorm ins Hintertreffen geraten: Vier Winter lang ohne Einzelmedaille bei einem Großereignis, im Schatten der Biathleten und Nordischen (von den abgerutschten Springern abgesehen).

"Wir haben relativ wenig auf der Habenseite", ergab die Bestandsaufnahme des bisherigen Frauenchefs Wolfgang Maier vor seiner ersten Saison als Sportdirektor Alpin.

Üben beim Gletscherwilly

Dass dessen Stellenbeschreibung eine neue werden würde, war ausgemacht, nach dem letzten Winter seine Verwendung auch definiert: "Man hat den Maier nicht so weit raufgestuft, dass er Sportdirektor wird anstelle von Thomas Pfüller, und jener ausschließlich als Generaldirektor arbeitet", umschreibt er den Vorgang selbst.

Maier übernahm das Sagen auf dem einzigen Feld, wo das System Pfüller nicht funktionierte: dem alpinen Rennsport.

"Wir verbraten sechs Millionen im Jahr"

"Das Schiff war festgefahren", sagt Maier; Inhaber gültiger Verträge wurden abgefunden (wie Männer-Slalomtrainer Hanser oder Nachwuchscoach Ringsgwandl), "um neue Leute rein zu bringen", wie den ehemaligen Torlaufchef Wolfgang Grassl, auch bekannt als Ehemann von Hilde Gerg, der hauptamtlicher Trainer am Berchtesgadener Christophorus-Internat wurde.

Die Mittel ("wir verbraten sechs Millionen Euro im Jahr") sollen konzentriert werden. Maier: "Jedem muss klar sein, dass wir die Elite fördern. Wir wollen in die Besten investieren und nehmen dafür den Vorwurf in Kauf, dass wir nicht jedem eine Perspektive bieten. Der Skiverband ist kein Sozialstaat. Jeder, der sich für den Leistungssport entscheidet, muss sich auch dazu bekennen. Wer es nicht kann, muss hinnehmen, dass er halt nicht zehn Jahre in der Förderung bleibt."

Demzufolge muss Monika Bergmann-Schmuderer, vor drei Jahren noch beste deutsche Slalomfahrerin, sich selbst organisieren und in den Rennen bis Weihnachten empfehlen für weitere Einsätze im bevorstehenden Winter.

Weltcup-Start steht in den Wolken

Der wird von den Weltmeisterschaften in Are (Schweden) gekrönt, für welche die Leistungssport-Abteilung ursprünglich Medaillen im Forderungskatalog hatte, aber sich mit Maier ("es hat mich als Cheftrainer immer genervt, dass wir über Medaillen diskutierten, obwohl unsere Situation eine ganz andere war") auf andere Ziele einigte: fünfte Plätze bei der WM und stabil unter den besten 15 im Weltcup zu sein.

Ob der Weltcup tatsächlich in drei Wochen mit den Riesenslaloms in Sölden starten kann, steht in den Wolken; im Ötztal fehlen mindestens 30 Zentimeter Schnee.

Den Deutschen eilt es nicht: Männerchef Werner Margreiter sucht einen zweiten Fahrer neben Felix Neureuther, den Frauen käme Zeit zum Kompensieren von Verletzungsfolgen ohnehin entgegen.

Annemarie Gerg ist wegen eines Knorpelschadens im Knie bar jeden Riesenslalomtrainings, Maria Riesch steht nach zwei Kreuzbandrissen wieder am Anfang. Erstere sagt: "Ich entscheide einen Tag vorher, ob ich in Sölden fahre." Die zweite: "Ich fahre, wenn ich das Gefühl habe, richtig angreifen zu können." Mathias Berthold sagt was anderes: "Sie glauben, sie können es entscheiden."

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