Deutsche WM-Gegner:Lauter alte Bekannte

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Gruppe G bei der Fußball-WM. (Foto: Getty Images)

Cristiano Ronaldo, Kevin-Prince Boateng, Jürgen Klinsmann: Die Auslosung beschert dem Bundestrainer Joachim Löw kaum Geheimnisse. Doch Portugal ist mehr als CR7, Ghana will von den klimatischen Bedingungen profitieren - und die USA gefallen sich in der Rolle des Underdogs.

Ach, man hätte so viele aufregend exotische Mannschaften aus den Töpfen ziehen können als Gruppengegner der DFB-Elf. Honduras, Iran, Algerien, Frankreich. Nur zum Beispiel. Stattdessen: eine Vorrunde der alten Bekannten.

Nicht nur, weil das letzte Gruppenspiel am 26. Juni in Fortaleza für den Bundestrainer Joachim Löw zum Wiedersehen mit seinem alten Chef aus dem sog. Sommermärchensommer 2006 wird: mit Jürgen Klinsmann, der inzwischen das US-Team anleitet. Ghana? Man erinnert sich an das Aufeinandertreffen bei der WM 2010 in Südafrika, bei dem die Berliner Boateng-Brüder besonders im Fokus standen. Die Deutschen gewannen dieses Gruppenspiel in Johannesburg mit 1:0, Torschütze: Mesut Özil.

Und Portugal? War erst bei der EM 2012 in Lemberg/Ukraine Gruppengegner der Deutschen, Mario Gomez erzielte das Siegtor zum 1:0. Und im sog. Sommermärchensommer gab es ebenfalls ein Aufeinandertreffen: das emotionale Spiel um Platz drei in Stuttgart, Oliver Kahns letztes Länderspiel, Ergebnis: 3:1 für die Deutschen. Die drei Gruppengegner bei der WM 2014 im Kurzportrait.

Portugal, Montag, 16. Juni, Salvador

Portugal, das ist vor allem: Cristiano Ronaldo, 28. Das Spiel ist weitgehend auf den Angreifer mit dem Muskelkörper ausgerichtet. Das portugiesische Spielsystem geht vereinfacht gesagt so: Der Ball muss irgendwie in Tornähe zu Ronaldo. Am besten in Form eines Konters: Dann ist der Weltfußballer des Jahres 2008 (und mutmaßliche Weltfußballer des Jahres 2013) kaum zu stoppen - zu atemberaubend ist dann seine Handlungsgeschwindigkeit. Zu überragend seine Schusstechnik. In den entscheidenden Playoff-Duellen mit Schweden traf Ronaldo per Kopf, mit links und mit rechts, jeweils aus vollem Tempo.

"Ein Spieler, der in so einem Spiel einen Hattrick macht, hat naturgemäß einen großen Einfluss auf das Team", sagt Portugals Trainer Paulo Bento. Dennoch ist der extrovertierte CR7 von Real Madrid beileibe nicht der einzige Weltklassespieler bei den Portugiesen, die nun schon zum vierten Mal in Serie an einer WM-Endrunde teilnehmen. Auch Hélder Postiga vom FC Valencia, Fábio Coentrão und Pepe von Real Madrid, Nani von Manchester United oder João Moutinho vom AS Monaco sind erfahren und extrem talentiert.

Ghana, Samstag, 21. Juni, Fortaleza

Ghana gehört seit Jahren zu den besten afrikanischen Mannschaften. Schon 2006 in Deutschland und 2010 in Südafrika überzeugten die Black Stars mit starken Leistungen. Vor acht Jahren bezwangen die Ghanaer in der Gruppenphase Tschechien und die USA und zogen in die K.-o.-Runde ein. Dort scheiterten sie dann an Brasilien. 2010 überstand Ghana erneut als einziges afrikanisches Team die Gruppenphase.

Nach dem Achtelfinal-Sieg gegen die USA war im Viertelfinale Endstation. Dort unterlag der derzeitige Weltranglisten-23. in einem der spannendsten Turnierspiele Uruguay - dem späteren WM-Vierten - im Elfmeterschießen. So verpasste es Ghana nur hauchdünn, als erste afrikanische Mannschaft in ein WM-Halbfinale einzuziehen.

Trotz der folgenden Niederlagen bei der Afrika-Meisterschaft gegen Burkina Faso und Mali und einem unbefriedigenden vierten Platz hielten die Verantwortlichen an Trainer James Kwesi Appiah fest. Dabei verlief auch die WM-Qualifikation schleppend. Am Ende sicherte sich das Team um Torjäger Asamoah Gyan, Michael Essien und den Schalker Kevin-Prince Boateng, der nach seinem Rücktritt erst im Sommer wieder ins Team zurückkehrte, in den Playoff-Spielen gegen Ägypten (6:1/1:2) doch noch ungefährdet das Ticket für Brasilien.

Als Prunkstück gilt das Mittelfeld um Chelsea-Spieler Essien, Juventus-Profi Kwadwo Asamoah und Boateng, der bei Schalke derzeit aber eher eine gemischte Saison spielt. Erstes Ziel der Black Stars ist erneut das Erreichen der K.-o.-Runde. Die klimatischen Bedingungen in Brasiliens Norden dürften ihnen entgegenkommen.

USA, Donnerstag, 26. Juni, Recife

Der Fußballer Jürgen Klinsmann ist früher regelmäßig in die Luft gegangen. Das ungezügelte Temperament des Schwaben sorgte mehr als einmal für Wutausbrüche. Heute ruht der Nationaltrainer der USA in sich, bereits im September lösten der 49-Jährige und seine Wahlheimat das Ticket für Brasilien. Mittlerweile geht Klinsmann nur noch aus Zeitgründen in die Luft - als Hobby-Pilot schwebt er zum Training seiner US-Boys in Los Angeles.

Reaktionen zur WM-Auslosung
:"Wir werden schwitzen müssen"

Kevin-Prince Boateng freut sich auf das Duell mit seinem Bruder, Italiens Nationaltrainer Cesare Prandelli wird beim Gedanken an die Gruppengegner mulmig, Oliver Bierhoff glaubt an die Stärke im deutschen Team und Didier Deschamps fürchtet sich vor der Schweiz.

Die Stimmen zur WM-Auslosung

"Er wollte schon als Kind Pilot werden. Er ist ein Typ, der sich immer neue Projekte sucht", sagt Fitness-Coach Darcy Norman. Der 49-jährige Kanadier war unter Klinsmann schon für die deutsche Nationalmannschaft und Bayern München tätig. Klinsmanns neues Hobby hat einen Nutzen: Er umgeht im Helikopter den chaotischen Verkehr von Los Angeles, um aus Huntington Beach zum Trainingszentrum in Carson zu gelangen.

In den USA regt sich darüber keiner auf. Seit 2011 ist Klinsmann nun Teamchef der US-Boys, von Kalifornien aus plant er die Zukunft seines Teams. Dabei helfen ihm die erfahrenen Landon Donovan, Kapitän Clint Dempsey oder Jozy Altidore - zudem bedient sich Klinsmann mit Vorliebe aus der Bundesliga. Der Schalker Jermaine Jones ist im Mittelfeld eine feste Größe, Hoffenheims Fabian Johnson debütierte unter Klinsmann ebenso wie Verteidiger John Brooks von Aufsteiger Hertha BSC. Weltweit suchen Scouts nach Talenten mit US-Hintergrund, das Jugendförderprogramm wird stetig weiterentwickelt. "Viel läuft in die richtige Richtung", sagt der ehemalige Welt- und Europameister.

Die Resultate geben ihm recht. Von 41 Spielen gewann Klinsmanns Team immerhin 26, gegen Honduras errangen die Amerikaner im vergangenen Juli zum fünften Mal den Gold Cup. Hinzu kamen Prestige-Erfolge wie ein 1:0 in Italien und das kuriose 4:3 gegen Deutschland in Washington im Juni - bei dem die DFB-Elf allerdings nicht in bester Besetzung antrat.

In der Vergangenheit war für die USA nach der Vorrunde oft Endstation, bestes Ergebnis war Rang drei - im Jahr 1930. Nun, sagte Klinsmann bei ESPN, sei sein Team in der Gruppe G wieder der Underdog, "eine gute Rolle für uns". Und die "Germans"? "Das ganze Trainerteam besteht aus den Leuten, die ich als Teamchef aufgebaut habe", sprach er etwas gönnerhaft. Es werde "sicher spannend".

© SZ vom 07.12.2013/cca/SID - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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