Deutsche WM-Affären:Lauter Irritationen

Theo Zwanziger zeigt sich irritiert über DFB-Ermittler. Er lässt außerdem die Frist verstreichen, die ihm wegen angeblicher "übler Nachrede" gesetzt wurde. Günter Netzer dürfte gegen den ehemaligen DFB-Präsidenten nun klagen.

Von Johannes Aumüller und Thomas Kistner

Als Theo Zwanziger am Mittwoch nach Hause kam, wollte er sich noch das Pokalspiel zwischen Schalke und Gladbach anschauen. Er schaltete Fernseher und Videotext an - und war irritiert. Kurz zuvor hatte er seinen Termin mit den Spezialisten der Kanzlei Freshfields, die im Auftrag des Deutschen Fußball-Bundes (DFB) die Ungereimtheiten rund um die WM 2006 aufklären sollen. Und nun sah er eine Meldung zu einem Artikel der Zeit, die über enge Bande zwischen Freshfields-Frontmann Christian Duve sowie Friedrich Curtius, dem Büroleiter und Vertrauten von DFB-Präsident Wolfgang Niersbach, berichtete. Beide hatten bis Sommer zusammen ein Jahr lang im Vorstand des Rotary-Clubs Frankfurt gesessen. "Ich halte das für dumm, dass sich der DFB da so angreifbar macht", sagt Zwanziger.

Den früheren DFB-Präsidenten verbindet mit Nachfolger Niersbach schon seit Langem eine innige Feindschaft. Im Zuge der Affäre hatte Zwanziger diesem sogar unterstellt, er würde lügen. Ihre widersprüchlichen Angaben zum Ablauf der Affäre sind einer der Punkte, die es nun von Freshfields aufzuarbeiten gilt. Der DFB könnte dabei allerdings in eine problematische Situation steuern. Mit "Klarheit und Transparenz" wolle er die Ungereimtheiten aufklären, hatte er angekündigt. Aber nun stellt einer der Hauptakteure der Affäre wegen einer Bekanntschaft die Unabhängigkeit der Ermittler infrage. Es könnte Zwanziger jedenfalls eine Ausflucht verschaffen, falls ihm das Ermittlungsergebnis nicht passt.

Der DFB teilt mit, es sei "sicher übertrieben", die Beziehung zwischen Duve und Curtius als eng zu beschreiben. "Deshalb die Unabhängigkeit der Untersuchungen infrage zu stellen, ist abwegig", sagte ein Sprecher. Auch Freshfields weist zurück, dass es aufgrund dieser Bekanntschaft zu irgendeiner Art von Beeinflussung kommen könne. Sylvia Schenk von Transparency International sagt, es wäre sicher besser, wenn es diese Konstellation nicht gebe. Aber sie halte sie nur für einen "Schönheitsfehler".

Unabhängig von der inhaltlichen Bewertung der Bekanntschaft stellt sich allerdings die Frage, wie offen der DFB damit umging. Die Nachfrage, ob vor der Vergabe des Auftrages mögliche Kontakte zwischen Freshfields-Ermittlern und wichtigen Akteuren des Verbandes geprüft worden seien, beantwortet der DFB nicht. Aus dem Präsidium heißt es, man sei bei der Auswahl trotz Nachfrage nicht über diese Verbindung unterrichtet worden.

Zugleich bahnt sich ein Gerichtsstreit zwischen Zwanziger und Günter Netzer an. Der frühere Nationalspieler hatte dem Ex-DFB-Chef eine Frist für eine Unterlassungserklärung bis Freitag gesetzt, die dieser verstreichen ließ. Zwanziger hatte im Spiegel erklärt, Netzer habe ihm bei einem Treffen in Zürich 2012 berichtet, vier asiatische Stimmen für die WM-Vergabe 2006 seien gekauft worden. Netzer bestreitet strikt, dies auch nur im Ansatz gesagt zu haben. Sein Anwalt kündigte an, zeitnah Klage gegen Zwanziger einzureichen.

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