Deutsche Tennisspielerinnnen:Riegel und Nüsse

Julia Görges erspielt sich ein Duell mit der an fünf gesetzten Dänin Wozniacki in Runde zwei. Auch Annika Beck, Anqelique Kerber, Carina Witthöft, Sabine Lisicki und Andrea Petkovic überstehen die erste Runde.

Von Gerald Kleffmann, Paris

Beim Verzehr eines Schokoriegels gibt es unterschiedliche Strategien. Man kann die Folie ganz abpulen und in zwei, drei großen Happen kurzen Prozess machen. Man kann aber auch die Verpackung dranlassen und sich hamsterartig vorkämpfen, was den Genussmoment natürlich ansehnlich verlängert. Julia Görges wählte unübersehbar die zweite Variante, wobei weniger deutlich zu erkennen war, was ihr nun mehr Freude bereitete: in die Süßigkeit zu beißen - oder parallel dazu Fragen zu ihrem Erstrunden-Sieg bei den French Open zu beantworten? Die Augen von Görges schielten jedenfalls verdächtig lüstern auf den Riegel, bis er verspeist war.

Mit 6:2, 5:7, 6:1 gegen Coco Vandeweghe aus den USA zog die 26-Jährige in die zweite Runde ein, damit folgte Görges Annika Beck, Angelique Kerber, Carina Witthöft und Sabine Lisicki. Später taten es ihr auch Andrea Petkovic und Anna-Lena Friedsam gleich, Letztere trifft nun auf Serena Williams. Petkovic, die Paris-Halbfinalistin vom Vorjahr, zuletzt mit Oberschenkelbeschwerden, hatte keine Mühe beim 6:2, 6:1 gegen Shelby Rogers (USA). "Anfangs bin ich wie auf Eiern gelaufen. Nach zwei erlaufenen Stopps habe ich mich sicher gefühlt", berichtete Petkovic in der ihr eigenen Art. "Wenn ich das mit dem letzten Jahr vergleiche, habe ich jetzt so viele Punkte wie 2014 im August. Es ist definitiv eine gute Steigerung", sprach wiederum Görges zufrieden, wobei sie zweifellos von ihrem Achtelfinale bei den Australian Open zehrt. Zuletzt kassierte sie ja vier Hauptfeld-Erstrunden-Pleiten in Serie sowie eine in der Qualifikation. Ziemlich unglücklich waren vor allem die Auftritte in Miami und Stuttgart, als sie gegen die Italienerin Flavia Penetta fünf Matchbälle sowie gegen die Schweizerin Belinda Bencic drei vergab. Sie könnte sich beklagen, sie sagte aber: "Ich kann mich nicht beklagen."

Shuai Peng ließ sie im Doppel sitzen, sagt Görges und lächelt

Wenn man weiß, wie schwermütig das deutsche Gemüt beizeiten sein kann, muss man betonen, dass Görges aus dem sehr deutschen Städtchen Bad Oldesloe manchmal richtig undeutsch ist. Sie kann herrlich beschwingt sein, und dass sie am Dienstag nebenbei ein Plädoyer für die eigene Zunft hielt, passte ins Bild. "Ich finde, man kann sich über das deutsche Damentennis nicht beschweren. Auch wenn es manchmal verschwindet, weil es nicht das ist, was Steffi Graf geleistet hat. Dafür haben wir so viele dabei, die Woche für Woche ein gutes Turnier spielen - das ist beachtlich." Im Fed-Cup-Finale, das nebenbei, steht das Team trotzdem nicht, nach der seltsam vertanen Chance in Russland.

Caroline Wozniacki, Görges' nächste Gegnerin, an Nummer fünf gesetzt, jagt der Deutschen jedenfalls keinen Schrecken ein. "Sie ist eine harte Nuss, aber sie kann sich bestimmt auch eine angenehmere Gegnerin als mich in der zweiten Runde vorstellen", sagte Görges, die dreimal in sieben Duellen gegen die Dänin gesiegt hatte, zuletzt 2012. Die Chinesin Shuai Peng hatte sich im Übrigen auch daran versucht, dieser fröhlichen Görges die Stimmung zu vermiesen, "ich war mit ihr fürs Doppel eingetragen", verriet Görges, "nur wurde ich einen Tag vor der Auslosung sitzen gelassen." Stattdessen tritt sie mit der Tschechin Barbora Krejcikova an, sie treffen auf die topgesetzten Martina Hingis (Schweiz) und Sania Mirza (Indien). "Das macht es nicht einfacher", sagte Görges und lächelte. Hätte sie noch einen Riegel gehabt, sie hätte sicher wieder zugeschlagen.

Zur SZ-Startseite
Jetzt entdecken

Gutscheine: