Deutsche Stimmen:"Furchtbar" und "idiotisch"

Nirgendwo wird die Erweiterung der Fußball-WM so kritisch beurteilt wie in Deutschland. "Ich kann jeden verstehen, der die Aufstockung des Teilnehmerfeldes als eine Verwässerung empfindet", klagt Oliver Bierhoff. Auch ihm sind 48 Teams zu viel.

Reinhard Grindel (DFB-Präsident): "Ich bin nicht glücklich mit dieser Entscheidung und hätte mir vor allem gewünscht, dass alle wichtigen Fragen zu Organisation und Modus komplett geklärt sind. Meine große Sorge ist, dass (. . .) die Attraktivität des Spiels leidet. Wir alle lieben Spiele, in denen sich Mannschaften mit offenem Visier begegnen. Nun sehe ich die Gefahr, dass wir künftig vermehrt defensiv eingestellte Teams sehen könnten. Wenn die WM an Attraktivität verliert, leidet die Akzeptanz bei Fans und Sponsoren, und dann leidet zwangsläufig auch die Vermarktung."

Oliver Bierhoff (Manager der Nationalmannschaft): "Ich kann jeden verstehen, der die Aufstockung des Teilnehmerfeldes als eine Verwässerung empfindet. Auch für mich fühlen sich 48 Teams (...) zu viel an. Die Faszination einer WM liegt für die Fans und Zuschauer doch darin, die besten Mannschaften mit den großen Stars zu sehen, davon geht etwas verloren. Wir müssen aufpassen, dass der Wert und der Kern des Fußballs erhalten bleiben. Ein Format mit der Formel ,mehr Einnahmen durch mehr Teams' kann nur funktionieren, wenn die Akzeptanz der Fans da ist."

Reinhard Rauball (Bundesliga-Präsident): "Der deutsche Fußball ist im Vorfeld aus guten Gründen für eine andere Entscheidung eingetreten. Aber solange sich die großen europäischen Nationen, ihre Verbände, Ligen und Klubs nicht auf eine gemeinsame Position verständigen können, ist auch die Meinung des Weltmeisters leider nur eine unter vielen."

Uwe Seeler (DFB-Ehrenspielführer): "Das finde ich ganz schlecht. Das wird derart langatmig, das wird für den Fußball nicht gut sein, das hat man schon bei der EM 2016 gesehen. Aber es war klar, dass es kommen würde, denn damit kann man ein paar Mark mehr machen."

Berti Vogts (Ex-Bundestrainer): "Ich bin sehr, sehr erschrocken, ich mag es nicht glauben. Das ist furchtbar. Wenn man die WM zugrunde richten will, muss man diesen Weg weitergehen. Ich verstehe es einfach nicht. Was soll das bloß?"

Horst Hrubesch (zuletzt Trainer der DFB-Olympia-Auswahl): "Die Überlastung der Spieler war im alten Modus schon sehr hoch. Es wird immer noch mehr reingepackt, immer mehr. Ich habe nicht damit gerechnet, dass das durchgeht."

Uli Stielike (Nationaltrainer Südkoreas): "Die kleineren Nationen sind sicher dafür, aber im Interesse der Gesundheit der Spitzenspieler hätte man es beim alten Modus belassen sollen."

Jörg Schmadtke (Geschäftsführer 1. FC Köln): "Das ist idiotisch. Wir haben immer mehr Belastung, und dann wird die WM auch noch aufgeblasen. Den sportlichen Wert kann ich nicht erkennen. Schon bei der EM waren viele Spiele langweilig."

Christian Heidel (Sportvorstand Schalke 04): "Ich habe bis jetzt noch niemanden getroffen, der gesagt hat, das ist eine supergute Idee. (...) Ich warte nur darauf, dass die Idee kommt, wir können auch mit 64 Mannschaften spielen."

Martin Schmidt (Trainer Mainz 05): "Ich denke, dass der Fußball der ganzen Welt gehört und dass jeder die Chance haben muss, bei der WM dabei zu sein."

Özcan Mutlu (sportpolitischer Sprecher der Grünen-Bundestagsfraktion): "Infantino geht es nur darum, seinen Machtkreis und Einfluss zu vergrößern und noch ein wenig fester an der Gelddruckmaschine WM zu kurbeln. Statt im eigenen Laden aufzuräumen und Korruption bei der Fifa zu bekämpfen, (...) kümmert er sich um seine Wahlgeschenke."

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