Deutsche Nationalmannschaft:Gomez ist wieder in Stimmung

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Mario Gomez ist ein Stürmer, wie Pep Guardiola ein Trainer ist: Er polarisiert. (Foto: AFP)

Kann Joachim Löw den klassischen Mittelstürmer bei der Fußball-EM in Frankreich gebrauchen? Auf jeden Fall erweitert Mario Gomez die Möglichkeiten des Bundestrainers.

Von Christof Kneer, Augsburg

Zwischen dem sogenannten alten und dem sogenannten neuen Gomez lagen genau fünf Minuten. In der 38. Minute kam ein langer Ball von Sami Khedira angeflogen, Mario Gomez startete, aber beim Versuch, den Ball zu kontrollieren, geriet er mit der Schwerkraft und vermutlich noch mit ein paar anderen physikalischen Gesetzen in Konflikt.

Für seine Kritiker war das ein klarer Fall: Der Gomez, ein Mittelstürmer von früher, der kommt nicht mehr klar in den engen Räumen von heute. Fünf Minuten zuvor allerdings hatte derselbe Gomez im Mittelfeld einen Ball so listig durchgelassen, als würde er auf seine alten Tage noch mal ein Brasilianer werden wollen, und das war der Moment, als seine Anhänger dachten: Seht Ihr, unser Mario, ist doch viel besser als alle immer denken.

Mario Gomez ist ein Stürmer, wie Pep Guardiola ein Trainer ist: Er polarisiert. Die einen huldigen ihm als letztverbliebenen echten Angreifer im Land, der nicht lange zögert, wenn er das Tor vor sich riecht, der keine Kringel dreht und nicht schlenzt oder schnickst, sondern einfach draufhaut. Seine Gegner sehen das zwar auch so, aber sie finden halt, dass man diese Fähigkeiten vielleicht im Abstiegskampf gebrauchen kann oder möglicherweise in der türkischen Liga, wo Gomez bei Besiktas Istanbul gerade Meister und Torschützenkönig wurde, aber doch nicht bei Deutschland - dem Weltmeister.

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Am Tag des EM-Finals wird Gomez 31 Jahre alt

Die Wahrheit liegt womöglich wie so oft im Leben in der Mitte, beim EM-Testspiel gegen die Slowakei hat sich aber eine geradezu neue Erkenntnis aufgedrängt: Dass Gomez ein Stimmungs- und Gemütsspieler ist, war allgemein bekannt, aber dass Stimmungen ihn neuerdings so beflügeln können, dass er vorübergehend wie ein Brasilianer aussieht, das war dann doch überraschend.

Gomez war von Anfang an erstaunlich selbstverständlich integriert ins Spiel des Weltmeisters, er wirkte nicht wie ein reiner Rumsteh- und Lauerstürmer, sondern wie einer dieser durchaus modernen Angreifer, von denen man auch mal verlangen darf, dass sie am Kombinationsspiel teilnehmen. Und wer Gomez kennt, der weiß auch, dass ein Führungstor per Elfmeter (13.) für diesen Spieler ganz und gar nichts Banales ist. Wenn Gomez sich einen Elfmeter schnappt, beweist das, dass er Selbstvertrauen hat. Wenn er den Elfmeter verwandelt, bedeutet das, dass er noch mehr Selbstvertrauen bekommt.

Und wenn Mario Gomez Selbstvertrauen hat, ist er tatsächlich ein völlig anderer Spieler als ohne Selbstvertrauen. Selbstvertrauen: Diese triviale Emotion macht bei keinem deutschen Nationalspieler so einen Unterschied wie bei diesem Stürmer, der am Tag des EM-Finales 31 Jahre alt wird.

Bundestrainer Joachim Löw dürfte die erste Spielhälfte als gute Nachricht auffassen, er hat jetzt wieder einen Mittelstürmer, der seine taktischen Möglichkeiten erweitert. Und Gomez hat gerade wirklich einen Lauf: Als der Rasen in der zweiten Hälfte unbespielbar wurde, saß er schon wegen leichter Adduktorenprobleme ausgewechselt im Trockenen.

© SZ vom 30.05.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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