Deutsche Meisterschaft im Diskuswurf:Ein wenig Konkurrenz im Anflug

Leichathletik-DM in Ulm

Diskuswerferin Nadine Müller: Zum fünften Mal Gold bei der Deutschen Meisterschaft

(Foto: dpa)

Wenige Wochen vor der Leichtathletik-WM in Moskau zeigt sich, welche deutschen Starter Medaillen-Chancen haben. Nadine Müller wird in Ulm zum fünften Mal in Folge Deutsche Meisterin - und begräbt damit vor allem die Avancen von Julia Fischer, sie als Diskuskönigin zu beerben. Nachwuchstalent Anna Rüh lauert allmählich auf den großen Erfolg.

Von Saskia Aleythe, Ulm

Im Aufwärmshirt wirbelt Anna Rüh über den Tartanuntergrund. Sie beugt sich tief nach rechts unten, der linke Arm schräg nach oben gestreckt, die Bewegungsabläufe für den anstehenden Wettkampf sollen sitzen. Es geht um die Deutsche Meisterschaft im Diskuswurf und Rüh weiß, dass zu den Favoriten auf den ersten Platz andere gehören als sie. Nadine Müller vor allem, die in den letzten vier Jahren nicht zu schlagen war. Auch die Berlinerin Julia Fischer macht sich Hoffnungen, verkündet gar ein spannendes Duell mit Müller. Doch dazu sollte es in Ulm nicht kommen.

Ein Duell gab es bestenfalls zwischen Rüh vom SC Neubrandenburg und der Hallenserin Müller. Mit einer Weite von 64,17 Metern im ersten Versuch sicherte sich Müller zum fünften Mal in Folge den Titel der Deutschen Meisterin. "Ich bin super happy, dass ich wieder die Nummer eins bin", sagte die Vizeeuropameisterin von 2012 später. Rüh war mit einer Weite von 63,79 Metern noch am ehesten eine Konkurrenz für sie.

Fischer vom SCC Berlin kam im gesamten Wettkampf nicht mal über 59 Meter und musste sich mit Rang vier begnügen. "Ich weiß nicht, wann ich das letzte Mal im Training so kurz geworfen habe", sagte die 23-Jährige resigniert, "ich verstehe nicht, wieso es nicht geklappt hat. Ich hatte ganz andere Ziele. Ich hätte nie gedacht, dass ich heute Vierte werde und eigentlich kann ich mich gut einschätzen".

Fabelweiten waren in Ulm ohnehin nicht zu sehen, denn: Es ist das Jahr eins nach den Olympischen Spielen in London. Kein Jahr, in dem die Athleten üblicherweise am Maximum ihrer Leistungskraft sind. Der Saisonhöhepunkt wird die WM im August in Moskau sein. Sowohl Müller als auch Rüh und Fischer haben die Norm von 62 Metern bereits erfüllt, die jetzigen Wettkämpfe dienen als Vorbereitung. Medaillenchancen existieren allemal in Moskau, in der Weltjahresbestenliste liegt Müller auf Rang vier und Fischer dahinter. Für Rüh wird es um den Einzug in den Endkampf gehen.

Müller hatte in dieser Saison mit einer Hüftverletzung zu kämpfen, sie berichtet von Schmerzen jenseits von Gut und Böse, "ich konnte zwei Wochen nur liegen und selbst das tat weh". Trainingsrückstand verspürt sie noch heute, was höchstwahrscheinlich die Begehrlichkeiten der jugendlichen Konkurrenz auslöste.

"Ich bin ihr auf den Fersen"

Mit 27 Jahren hat Müller wohl noch etliche Jahre als Leichtathletin vor sich, doch es kommt auch etwas nach an jungen Talenten. Mit Olympiastarterin Rüh und der Mannheimerin Shanice Craft belegten gleich zwei 20-Jährige die Plätze zwei und drei.

"Ich bin ihr auf den Fersen", sagte Rüh nach dem Gewinn der Silbermedaille, eher stolz als überheblich oder drohend. Mit der Platzierung zeigte sich die Athletin zufrieden, mit der Weite hingegen weniger. "Ich hätte eigentlich gedacht, dass ich heute Bestleistung werfen kann", so Rüh, "es sind gute Bedingungen, die Sonne scheint und die Zuschauer machen gut mit. Ich hätte gerne weiter geworfen." 64,33 Meter hat Rüh in dieser Saison bereits erzielt, in Ulm hätte das für den Titel gereicht.

In den Wettkampf fand die 1,86 m große Rüh nur mäßig. Den ersten Versuch donnerte sie ins Netz, da hatte Müller schon die 64-Meter-Marke überschritten. "Ich wollte gleich mit den ersten Versuchen einen rausfeuern, damit die Konkurrenz ein wenig geschockt ist", sagte Müller und ihre Mitstreiterinnen waren dann tatsächlich ein bisschen wie gelähmt.

Für Rüh schien es erst im fünften Durchgang halbwegs optimal zu laufen. Die Scheibe stand hoch in der Luft und das Publikum johlte schon, als die Landung noch gar nicht vollbracht war. Deutlich hatte sie die 62-Meter-Marke überschritten, Rüh blickte gebannt auf die Anzeige. 63,79 Meter leuchteten da auf, doch sie schlug die Hände zusammen und ärgerte sich. Da wäre mehr drin gewesen. Rüh lief in Richtung ihres Trainers, deutete an, das etwas nicht stimmte. "Er hat mir gesagt, ich muss mich schneller drehen. Ich war in den Beinen viel zu langsam, deshalb hab ich zu hoch geworfen", sagte sie.

Plötzlich war ein bisschen Spannung im Wettbewerb, es sollte auf den letzten Versuch ankommen. Übertrumpfen konnte Rüh Müller jedoch nicht mehr, es blieb bei Rang zwei. Craft hatte nach ihrem ersten Wurf auf 60,77 Meter alle übrigen Versuche ausgelassen, sie plagte noch eine alte Adduktorenverletzung. "Mit nur einem Wurf den dritten Platz zu erreichen, muss man erstmal schaffen", sagte Rüh anerkennend.

Nach der deutschen Meisterschaft ist für Rüh auch vor der U23-EM. "Ich freue mich, nächste Woche nach Tampere zu fliegen", sagte sie und blickte hoffnungsvoll auf den nächsten Wettkampf. Sie sei zuversichtlich, dass es dort mit dem Titel klappe. Schließlich hat es letztes Jahr bei der U20-WM auch schon einen Triumph gegeben: In Barcelona holte sie Gold. Vor Shanice Craft.

Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: