Deutsche Frauen-Staffel:Hibbelig am Schießstand

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Hatte beim Liegendschießen mit sich zu kämpfen: Die deutsche Startläuferin Luise Kummer (Foto: Martin Rose/Getty Images)

Das junge deutsche Frauen-Team präsentiert sich im Staffel-Rennen zu nervös und wird beim Sieg Tschechiens in Oberhof nur Zehnter. Am Rande des Biathlon-Weltcups sorgt eine Studie bei den Veranstaltern für Aufregung.

Von Saskia Aleythe, Oberhof

Die Ersten fuhren schon wieder los, da lag Luise Kummer noch immer am Schießstand. Die Matten links neben ihr wurden leerer, erst eine, dann zwei, es wurden immer mehr, da musste die deutsche Startläuferin auch noch die Nachlade-Patronen ins Gewehr fummeln. Drei Fehler bei fünf Scheiben und sogar eine Strafrunde gleich zu Beginn der Frauen-Staffel von Oberhof: Luise Kummer hätte sich wohl am liebsten vorm Publikum versteckt.

"Das war nicht der Auftakt, den wir uns vorgestellt haben, die Luise kann viel mehr", sprach Bundestrainer Gerald Hönig da schon recht konsterniert in die Fernseh-Mikrofone. Auf Rang zehn landete sein Team am Ende, während die Tschechinnen den Sieg feierten, vor Frankreich und Weißrussland. An den Bedingungen lag es nicht. Die waren trotz nebliger Abschnitte besser als in den Vorjahren.

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Der Biathlon-Weltcup in Oberhof kämpft um Anerkennung, weil es an vorzeigbaren Typen fehlt. Für das deutsche Team wäre auch deshalb ein Erfolg an diesem Nachmittag wichtig.

Von Saskia Aleythe

Dass es solche Rennen in dieser Saison geben würde, hatte Hönig vorausschauend angekündigt. In Hochfilzen hatte das deutsche Team noch einen überraschend deutlichen Erfolg gefeiert, obwohl es sich erst neu finden musste und die jungen Talente wenig Erfahrung hatten. "Platz zehn heute muss genauso fair bewertet werden", sagte Hönig nach dem Rennen deutlich gefasster, für ihn war das Abschneiden kein großes Problem. "So ein Heimweltcup ist immer etwas anderes, da spielt die Nervosität noch eine größere Rolle", sagte er.

Kummer kennt Oberhof besser als jede andere von ihnen, sie trainiert dort regelmäßig in Diensten des SV Eintracht Frankenhain. Bei ihrem ersten Weltcup-Rennen dort war sie entsprechend hibbelig am Schießstand. Als 16. übergab die 21-Jährige an Vanessa Hinz. Die Chancen auf einen deutschen Erfolg waren da schon im Hochnebel im Thüringer Wald verschwunden.

Doch es war nicht Kummer allein, die Probleme hatte. Hinz, auch erst 22 Jahre alt, patzte ebenfalls am Schießstand (0+3). Auf Rang zwölf liegend kam sie in den Zielbereich. Karolin Horchler, die nur durch den Ausfall von Franziska Hildebrand in die Staffel gerutscht war, nutzte ihre Bewährungschance. Beim Liegendschießen war sie fehlerfrei, stehend blieb es bei einem Fehler. Sie war damit beste Deutsche.

Als Letzte ging Franziska Preuß auf die Strecke, die plötzlich durch das Fehlen von Hildebrand und der pausierenden Laura Dahlmeier schon der Routinier im Team war - mit gerade 20 Jahren. Dass auch sie erst ihre zweite Weltcup-Saison bestreitet, gerät angesichts ihrer Leistungen schnell in Vergessenheit. Läuferisch kann sie längst mit den Besten mithalten - nur beim Schießen haperte es in dieser Saison bisher noch etwas. Mit zwei Fehlern gehörte sie an diesem Mittwochnachmittag aber noch zu den Besseren.

Kurz vorm Auftakt in Oberhof hatten die Ergebnisse einer Studie für Aufsehen gesorgt: 27,1 Millionen Euro, so viel würde es die Oberhofer kosten, ihre Arena WM-tauglich zu machen. Bei der angedachten Bewerbung für die Veranstaltung 2020 oder 2021 müsste das Bauvorhaben schon 2016 anlaufen - doch die Finanzierung ist fraglich. Im Koalitionsvertrag der Thüringer Regierung taucht die Bewerbung nicht auf.

Heike Taubert, vor einem Jahr noch Sportministerin und Unterstützerin der WM-Bewerbung, amtiert inzwischen als Finanzministerin, und mit dem neuen Job haben sich auch ihre Prioritäten verschoben. Eine Modernisierung der Arena gehört nicht dazu. Entsprechend aufgewühlt sind die Verantwortlichen. Sabine Reuß, Präsidentin des Thüringer Skiverbandes, macht sich "ernsthaft Sorgen, wie es weitergehen soll".

Zumal der Weltverband IBU immer weitere Verbesserungen fordert, um die Lizenz für den Weltcup über 2018 hinaus erneut zu vergeben.

Für Luise Kummer war am Ende des Nachmittags doch nicht alles verloren: Mit Wut im Bauch war sie ins Stehendschießen gegangen, eigentlich die schwierigere Angelegenheit. Dort blieb sie fehlerfrei, Bundestrainer Hönig sprach seinen Respekt aus. Die neue Linie im deutschen Team heißt: Die kleinen Erfolge im Großen zu finden. Weil für die großen Erfolge schließlich noch Zeit ist.

© SZ vom 08.01.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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