Deutsche Elf in der Einzelkritik:Pirouetten für Scholl

Özil entdeckt die Körperlichkeit, Lahm vertreibt Robben auf die andere Seite und Klose leidet 71 Minuten. Wer trickst? Wer übt? Wer wackelt? Die deutsche Mannschaft beim 2:1 gegen die Niederlande in der Einzelkritik.

Boris Herrmann und Christof Kneer

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EURO 2012 Manuel Neuer Niederlande - Deutschland

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Deutsche Elf in der Einzelkritik:Manuel Neuer

Özil entdeckt die Körperlichkeit, Lahm vertreibt Robben auf die andere Seite und Klose leidet 71 Minuten. Wer trickst? Wer übt? Wer wackelt? Die deutsche Mannschaft beim 2:1 gegen die Niederlande in der Einzelkritik.

Manuel Neuer: Erwies sich leider als altmodischer Innenverteidiger. Spielte vor dem 2:0 einen langen Ball. Erwies sich dafür als moderner Torhüter. Hielt einige Minuten vor dem 1:0 einen kurzen Ball von Robin van Persie (Bild). Hielt später auch noch einen langen Ball von van Persie (58.). Unnötig zu erwähnen, dass sein Spiel wieder eine beängstigende Souveränität ausstrahlte.

Netherlands v Germany - Group B: UEFA EURO 2012

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Deutsche Elf in der Einzelkritik:Jérôme Boateng

Jérôme Boateng: Hatte offenbar Standards trainiert: Startete mit einem fulminanten Einwurf, den Özil vor lauter Begeisterung an den Pfosten schoss. Insgesamt souverän gegen Afellay, rannte einmal vor lauter Begeisterung über die linke Seite nach vorne. Schoss zur großen Begeisterung von Hollands Keeper Stekelenburg aber weit über das Tor. Hatte offenbar auch Zeitspiel trainiert. Ist nach der zweiten gelben Karte gegen Dänemark gesperrt.

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Deutsche Elf in der Einzelkritik:Mats Hummels

Mats Hummels: Spielte zunächst mit einer allzu kaiserlichen Abgeklärtheit. Ließ gleich zu Beginn zwei Mal Robin van Persie alleine auf das Tor zulaufen - weil er wusste, dass der ohnehin nicht treffen würde? Doubelte dabei in der zweiten Szene auch Jürgen Kohler, der im EM-Halbfinale 1988 den damaligen Mittelstürmer Marco van Basten auf identische Weise entwischen ließ. Stellte danach auf das klassische Verteidigungsspiel um: Klärte in der 18. Minute per Grätsche in höchster Not vor van Persie. Zeigte dafür wieder seinen kaiserlichen Offensivdrang. Hätte beinahe in einer einzigen Szene zwei Tore geschossen, vergab nach 52 Minuten eine Doppelchance. Der gute Gesamteindruck litt, als er sich vor dem 1:2 von van Persie abschütteln und überlaufen ließ.

Euro 2012: Niederlande - Deutschland

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Deutsche Elf in der Einzelkritik:Holger Badstuber

Holger Badstuber: Fügte seinem Münchner Mannschaftskollegen Arjen Robben eine blutenden Platzwunde zu. Tat das im Gegensatz zu seinem Münchner Mannschaftskollegen Franck Ribery aber immerhin aus dem laufenden Spiel heraus. Entschuldigte sich zudem vor laufenden Fernsehkameras. Vergab vor lauter Zuneigung die Kopfballchance seines Lebens. Darf Robbens Freund bleiben. Findet immer mehr in die Rolle des unauffälligen Innenverteidigers, der neben einem auffälligen Innenverteidiger (Hummels) spielt.

Netherlands v Germany - Group B: UEFA EURO 2012

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Deutsche Elf in der Einzelkritik:Philipp Lahm

Philipp Lahm: Hatte nach vier Minuten ein erstes Spielziel erreicht: Gewann einen Zweikampf gegen den Klubkameraden Robben. Musste danach ein-, zweimal erkennen, dass Robben anscheinend doch mehr als einen Trick drauf hat, wurde ein-, zweimal überrascht. Insgesamt aber wieder sehr seriös im Defensivspiel. Das sah offenbar auch Robben so, weshalb er Lahm zu Beginn der zweiten Hälfte einen drittes und letztes Mal überraschte, indem er auf die andere Seite zu Boateng wechselte. Lahm blieb auf der Seite von Lahm, unternahm dort ohne Robben deutlich mehr Ausflüge nach vorne. Viel besser als im ersten Spiel.

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Deutsche Elf in der Einzelkritik:Sami Khedira

Sami Khedira: Hat zuletzt mehrfach gehört und gelesen, dass er für den lange verletzten Nebenmann Schweinsteiger mitdenken muss. Tat das ausgiebig, gewann defensiv die Zweikämpfe und spielte offensiv die Pässe. Prägte das deutsche Spiel in der umkämpften Anfangsphase, konnte sich später - als die DFB-Elf überlegen war - wieder vermehrt seinen Raumpflege-Arbeiten zuwenden. Die aber erledigte er mit einer Wucht und einer Präzision, die den 35-jährigen van Bommel im Vergleich wie einen 45-jährigen van Bommel aussehen ließ. In der Schlussphase gelang es ihm zusammen mit Schweinsteiger aber weniger, den Druck vom eigenen Tor fernzuhalten.

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Deutsche Elf in der Einzelkritik:Bastian Schweinsteiger

Bastian Schweinsteiger: Hat zuletzt mehrfach gehört und gelesen, dass Khedira für ihn mitdenkt. Wollte das nicht auf sich sitzen lassen. Dachte da zum Beispiel an einen schönen Steilpass als Torvorlage für Mario Gomez. Ließ, wo er schon mal am Denken war, gleich noch einen zweiten Steilpass als Torvorlage für Mario Gomez folgen. Musste am Ende feststellen, dass Kopfarbeit müde macht.

Müller Fußball Europameisterschaft EM 2012 Niederlande

Quelle: Getty Images

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Deutsche Elf in der Einzelkritik:Thomas Müller

Thomas Müller (hier nach Gomez' 1:0): Schaffte es, beim Stand von 2:0 Joachim Löw zur Weißglut zu treiben - mit einem gut gemeinten Diagonalpass, der lieber ein Querpass oder ein Schuss geworden wäre. Machte überhaupt ein gut gemeintes Spiel, aber es fehlt ihm immer noch die alte Leichtigkeit des jungen Müller. Viele gute Ansätze, die nicht endeten.

Netherlands v Germany - Group B: UEFA EURO 2012

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Deutsche Elf in der Einzelkritik:Mesut Özil

Mesut Özil: Suchte, wie im Alltag gewohnt, seinen Klubkameraden Cristiano Ronaldo, fand ihn aber nicht. Spielte stattdessen denjenigen an, der Ronaldo am ähnlichsten sah: den rechten Torpfosten (8.). Überzeugte mit neuer Körperlichkeit, mit Ballsicherheit und vielen kleinen, feinen Aktionen, stand aber mitunter im Schatten des FC-Bayern-Fußballs (Schweinsteiger, Gomez). Durfte immerhin beim 2:0 seinen Fuß in den Kombinationsfluss hineinhalten, um der Bayern-Kombination über Neuer, Müller, Schweinsteiger und Gomez wenigstens eine Prise Real beizumischen.

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Deutsche Elf in der Einzelkritik:Lukas Podolski

Lukas Podolski: Schaffte es zu selten, den Kombinationen eine Prise Köln oder auch eine Note Arsenal beizumischen. An den Festspielen wenig beteiligt, in den neutraleren Phasen des Spiels auch wenig beteiligt. Nach dem Eindruck der ersten EM-Partien ein Wackelkandidat. Muss eine Prise Schürrle fürchten.

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Deutsche Elf in der Einzelkritik:Mario Gomez

Mario Gomez: Ging mit der Kritik von Fernseh-Experte Mehmet Scholl ("wund gelegen") konstruktiv um. Spielte von Beginn an im Stehen. Fand daran so viel Gefallen, dass er auch die anderen Kritikpunkte ("macht zu wenig") fleißig abarbeitete. Klärte schon nach fünf Minuten am eigenen Strafraumeck. Widerlegte schließlich auch noch den wichtigsten Kritikpunkt ("macht nichts außer Tore schießen"). Machte vor seinem Führungstor mit dem sechsten Ballkontakt nämlich auch noch eine kunstvolle Pirouette, die je zur Hälfte vom späten Zidane und vom frühen Scholl (aus der Zeit vor der Fernseh-Karriere) beeinflusst war. Verfiel beim zwölften Ballkontakt aber wieder in alte Muster und schoss einfach nur ein Tor (ohne Pirouette). Hat sich wundgeschossen, muss sich daher auf viel Fernseh-Kritik einstellen.

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Quelle: AFP

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Deutsche Elf in der Einzelkritik:Miroslav Klose

Miroslav Klose (ab 71.): Gemeinsam mit dem Fernseh-Experten Mehmet Scholl der Verlierer der ersten 71 Minuten. Musste sich auf der Bank wundsitzen, führte sich dann aber gleich mit einem geradezu schollhaften Doppelpass mit Özil ein.

Toni Kroos, Europameisterschaft, Nationalmannschaft

Quelle: AFP

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Deutsche Elf in der Einzelkritik:Toni Kroos

Toni Kroos (ab 81.): Kam für Özil, um eine weitere Prise Bayern einzubringen.

Trainingslager Nationalmannschaft

Quelle: dpa

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Deutsche Elf in der Einzelkritik:Lars Bender

Lars Bender (90.): Durfte ein paar Sekunden für die Rolle des gesperrten Boateng üben.

© SZ vom 14.6.2012/jab
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