Deutsche Eishockey-Auswahl:5:1 gegen Slowakei - Greiss kann kommen

ST PETERSBURG RUSSIA MAY 10 2016 Slovakia s Peter Cehlarik L and Germany s Dominik Kahun figh

Der junge Dominik Kahun (rechts, im Zweikampf mit dem Slowaken Peter Cehlarik) gab der deutschen Auswahl wesentliche Impulse beim ersten WM-Erfolg.

(Foto: imago)

Die Eishockey-Nationalmannschaft wahrt ihre Chance auf den Einzug ins WM-Viertelfinale - nun wird ihr bester Torwart nachnominiert.

Von Johannes Schnitzler

Vor dem Spiel gegen die Slowakei hatte Marco Sturm sich immer wieder die Sinnfrage gestellt: Sollte er Thomas Greiss zur Eishockey-WM nach Russland nachkommen lassen? Oder etwa nicht? Für den 30-Jährigen hatte Bundestrainer Sturm die letzte Lizenz im deutschen WM-Kader frei gehalten, der Torhüter selbst hatte nach dem Playoff-Aus mit den New York Islanders umgehend seine Teilnahme angeboten.

Bis Dienstagmittag aber lag keine Freigabe seines NHL-Klubs vor. Außerdem ist da ja noch die Zeitverschiebung zwischen New York und St. Petersburg, wo die Auswahl des Deutschen Eishockey-Bundes (DEB) ihre Vorrundenspiele bei dieser WM austrägt, das nächste schon am Donnerstag gegen Kanada. Bei einer Niederlage gegen die Slowakei wäre das Viertelfinale praktisch schon unerreichbar gewesen. "Man muss überlegen, ob das Sinn macht", fragte sich also Bundestrainer Sturm.

Die eindrucksvolle Antwort gab dann am Dienstag sein Team: Die deutsche Nationalmannschaft gewann ihr drittes Spiel in Gruppe B gegen die Slowakei 5:1 (0:1, 3:0, 2:0) und hat damit die erste Viertelfinal-Teilnahme seit 2011 wieder in Reichweite. Greiss kann kommen.

Erster WM-Sieg für den Bundestrainer

Für Sturm war es der erste WM-Sieg als Bundestrainer. Nach den Niederlagen gegen Frankreich (2:3 n.P.) und Finnland (1:5) hatte der 37-Jährige seine Angriffsreihen umgestellt. "Es war Zeit, ein bisschen Druck vom einen oder anderen zu nehmen", sagte der Trainer. Gemeint war vor allem Leon Draisaitl, 20, der den in ihn gesetzten Erwartungen bislang nicht gerecht werden konnte. Für den NHL-Profi von den Edmonton Oilers rückte Dominik Kahun vom deutschen Meister EHC München in die erste Reihe zwischen Patrick Reimer und Tobias Rieder. Kahun, auch erst 20 Jahre alt, hatte bei seinem ersten WM-Einsatz gegen Finnland mit seiner Dynamik und Technik gezeigt, dass er der Mannschaft Impulse geben kann. Außerdem ist Kahun bekannt für sein stabiles Selbstvertrauen. Die personellen Veränderungen, bekannte Draisaitl, waren "gut fürs Team".

Gegen die Slowakei, Weltmeister von 2002 und in der Weltrangliste fünf Plätze vor den Deutschen auf Position acht notiert, forderte DEB-Präsident Franz Reindl "vom Start weg volle Pulle". Und Sturms Team begann engagiert. Im ersten Unterzahlspiel aber mussten die deutschen Fans mehrmals die Luft anhalten: Einmal hatte Timo Pielmeier Glück, als der Puck am Pfosten landete.

Der Ingolstädter Schlussmann, der im dritten Spiel zum dritten Mal im Tor stand, hatte dann allerdings Pech: Draisaitl brachte die Scheibe nicht aus dem eigenen Drittel, die Slowaken spielten schnell vors Tor, Pielmeier ließ abprallen - und irgendwie schaffte es Peter Cehlarik, den Puck von der Grundlinie aus zwischen Pfosten und Pielmeiers Rücken ins Tor zu drücken (9.).

Starkes zweites Drittel

Erst im zweiten Drittel machten sich Sturms Änderungen bezahlt. Zunächst traf Patrick Hager auf Vorlage von Philip Gogulla und Felix Schütz aus kurzer Distanz zum Ausgleich (25.), fünf Minuten später brachte Gogulla seine Mannschaft mit einem abgefälschten Schuss von der Blauen Linie in Führung (31.). Mit einem gewonnenen Bully hatte diesmal Hager die Vorarbeit zum 25. Länderspieltreffer seines Vereinskollegen geleistet. Bei den Kölner Haien gehörten die beiden in dieser Saison zu den gefährlichsten Duos. Das 3:1 erzielte dann der Nürnberger Reimer im Powerplay (35.). Der entscheidende Pass dazu kam von Kahun, der später sogar die Chance zum 4:1 hatte. Branislaw Konrad parierte.

Erstmals bei diesem Turnier ging die deutsche Mannschaft also mit einer Führung in die Pause. Und zum ersten Mal zeigte sie jene Selbstsicherheit, die Sturm sich durch das Mitwirken von vier NHL-Profis (ohne Greiss) erhofft hatte. Brooks Macek erhöhte mit einem beherzten Alleingang auf 4:1 (44.). "Die Mannschaft hat das Spiel an sich gerissen und dominiert", meinte Präsident Reindl.

Greiss kommt am Mittwoch

Die Frage vor dem Schlussdrittel war nur, ob sie ihren Vorsprung auch ins Ziel bringen oder, wie in der Vorbereitung mehrmals geschehen, noch aus der Hand geben würde. Der slowakische Trainer Zdeno Ciger wechselte seine Torhüter, für Konrad kam Julius Hudacek. Doch auch er hätte keine Chance gehabt, hätte Draisaitl im Powerplay das leere Tor getroffen statt nur das Außennetz (48.). Die Deutschen kontrollierten das Spiel, gingen keine Risiken ein und standen in Unterzahl meist sicher. Die Entscheidung war schließlich Kahun überlassen: Der Münchner schlenzte einen Abpraller reaktionsschnell zum 5:1 (55.) ins Tor.

An diesem Mittwoch wird nun also Thomas Greiss in St. Petersburg erwartet, wie Sturm am Dienstagabend bestätigte. In der vierten Partie am Donnerstag gegen Titelverteidiger Kanada könnte Greiss schon spielen. Ergibt Sinn: 2015 setzte es ein 0:10.

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