Deutsche Duelle gegen Brasilien:Als Kahn der Ball entwischte

WM 2002 - Deutschland - Brasilien

Damals, 2002: Oliver Kahn sitzt fassungslos am Pfosten.

(Foto: dpa)

Klatschen, Dramen und ein paar Siege: In den bisher 21 Duellen zwischen Deutschland und Brasilien hatte das DFB-Team meist das Nachsehen. Im WM-Finale 2002 litt einer besonders - ausgerechnet ein deutscher Torwart.

Von Dominik Fürst

Wolfgang Niersbach ist der richtige Ansprechpartner, wenn es um historische Vergleiche der deutschen Nationalmannschaft geht. Seit 1988 begleitet der DFB-Präsident in unterschiedlichen Funktionen den Weg dieses Teams und nun, vor dem Halbfinale gegen Brasilien, hatte er noch etwas Wichtiges zu sagen. Er habe die Spieler der Nationalmannschaft daran erinnert, sagte Niersbach, "dass es bisher nur ein WM-Duell gegen Brasilien gab - und das war 2002. Das Ergebnis würden wir gerne korrigieren."

In der Tat sind das DFB-Team und die Seleção erst einmal bei einer Weltmeisterschaft aufeinandergetroffen: Beim Turnier in Japan und Südkorea 2002 unterlag das deutsche Team im Finale von Yokohama den Brasilianern 0:2. Doch die Länderspielgeschichte der beiden Nationen reicht noch weiter zurück - und meistens hatten die Deutschen das Nachsehen.

1963: Erstes Match

Im Jahr 1963 tourte die Seleção samt ihrem Überspieler Pelé durch Europa und bestritt Länderspiele unter anderem gegen Portugal, England, Italien - und Deutschland. Die Brasilianer kamen als zweimaliger Weltmeister (1958 und 1962) angereist, führten fern der Heimat jedoch nicht die spektakulären Kunststücke vor, die man von ihnen kannte.

71 000 Zuschauer sahen am 5. Mai 1963 das erste Aufeinandertreffen zwischen Brasilien und Deutschland, das die Südamerikaner vor allem dank Pelé am Ende 2:1 für sich entschieden. Die Heimelf war nach einem von Jürgen Werner verwandelten Strafstoß in Führung gegangen, ehe der spätere "Weltfußballer des Jahrhunderts" den Ausgleich durch Coutinho vorbereitete und das 2:1 mit einem feinen Distanzschuss in der 72. Minute selbst erzielte.

Es war der Auftakt zu einer aus deutscher Sicht bedrückenden Serie: Bis heute trafen die beiden Teams 21 Mal aufeinander, vier Mal gewannen die Deutschen, zwölf Mal die Brasilianer, und fünf Mal stand es am Ende unentschieden.

1968: Erster Sieg

Bis zum ersten deutschen Sieg vergingen fünf Jahre. Als Brasilien und Deutschland am 16. Juni 1968 in Stuttgart zum dritten Mal aufeinandertrafen, fehlte den Gästen der große Pelé. Bei der deutschen Mannschaft tauchte ein junger Spieler namens Franz Beckenbauer auf, der Leichtigkeit und Eleganz einbrachte. Der Münchner erzielte zwar selbst kein Tor - das erledigten Siegfried Held und Bernd Dörfel -, aber Beckenbauer ließ im Alter von 22 Jahren erahnen, warum er in den nächsten Jahren den Weltfußball prägen und als Kaiser sogar in die deutsche Geschichte eingehen sollte. Bis zum nächsten Erfolg sollten allerdings fast zwei Jahrzehnte vergehen.

1981: Erste Klatsche

Auch herbe Klatschen blieben im ewigen Vergleich der deutschen Nationalmannschaft mit Brasilien nicht aus. Als in den Wintermonaten 1980/1981 in Uruguay die sogenannte kleine Weltmeisterschaft ("Mundialito") ausgetragen wurde, hatte die deutsche Auswahl mit mehreren Widrigkeiten zu kämpfen - und verlor am Ende gegen Brasilien 1:4. Zur Ehrenrettung der DFB-Elf um ihren Torhüter Toni Schumacher muss erwähnt werden, dass das Team aus dem deutschen Winter gerissen und in den südamerikanisch-tropischen Sommer geschickt wurde - mit einem Temperaturunterschied von 40 Grad.

Zudem schienen die Deutschen gegen Brasiliens goldene Generation um Zico und Sokrates gar nicht besonders motiviert gewesen zu sein. Karl-Heinz-Förster, einer der Spieler von damals, sagte später jedenfalls: "Diese Mini-WM war unnötig wie ein Kropf. Ich weiß noch, dass darauf keiner wirklich Lust hatte." In Uruguay endete indes nach 23 Siegen auch die längste Strähne, die eine DFB-Elf jemals hatte.

2002: Erstes Drama

39 Jahre vergingen zwischen dem ersten Freundschaftsspiel und dem ersten ernsthaften Aufeinandertreffen. Am 30. Juni 2002 war es so weit, und den Heimvorteil hatte diesmal keine der Mannschaften: Brasilien und Deutschland begegneten sich im japanischen Yokohama im Finale der Weltmeisterschaft. Als Schiedsrichter war der berühmte italienische Glatzkopf Pierluigi Collina eingeteilt, und es hätte alles gut werden können für das deutsche Team.

Doch Brasiliens Torwart Marcos fischte einen scharfen Freistoß von Oliver Neuville aus dem Toreck, während auf der Gegenseite Oliver Kahn einen harmlosen Schuss von Rivaldo aus seinen Händen purzeln ließ. Ronaldo staubte ab und besiegelte Brasiliens fünften Weltmeister-Titel. Das Spiel endete 2:0. Kahn, der zuvor bester Spieler des Turniers war, lehnte nach dem Spiel fassungslos am Pfosten.

2011: Letzer Sieg

Bastian Schweinsteiger, Mario Götze und André Schürrle - so lauteten die Torschützen beim letzten Sieg gegen Brasilien (3:2), das Spiel am 10. August 2011 in Stuttgart war gleichzeitig auch das bisher letzte Aufeinandertreffen der beiden Mannschaften. Acht Spieler der damaligen Anfangformation könnten nun im Halbfinale in der Startelf stehen. Nur Christian Träsch als rechter Außenverteidiger, Philipp Lahm spielte damals übrigens auf der linken Seite, Innenverteidiger Holger Badstuber und Mario Gomez sind für die WM nicht nominert. Für Brasilien trafen zwei Spieler, die gegen Deutschland fehlen werden. Robinho und Neymar. Vorteil Deutschland also.

Wenn historische Rückschlüsse also zulässig sind, hat die deutsche Nationalmannschaft am Dienstag gegen Brasilien tatsächlich etwas gutzumachen. So meinte das auch DFB-Präsident Niersbach. Das 22. Duell zwischen DFB-Team und Seleção verspricht in jedem Fall ein besonderes zu werden.

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