Deutsche Basketballer in der NBA:Viele Pleiten und ein Aua

In der NBA geht es in den Playoffs um die Meisterschaft, doch die deutschen Profis schauen nur zu. Was bei Nowitzki, Schröder und Co. schieflief und wie es mit ihren Teams weitergeht.

Von Jonas Beckenkamp

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Chicago Bulls vs. Cleveland Cavaliers

Quelle: Gregory Shamus/AFP

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Es ist längst nicht mehr so, dass sich in Sachen Deutsche in der NBA alles zwingend um Dirk Nowitzki dreht. Tatsächlich standen noch nie so viele "Germans" bei Klubs in der besten Basketballliga der Welt unter Vertrag wie in der abgelaufenen Saison. Einer davon ist Paul Zipser, der bei den Chicago Bulls seine zweite Saison absolvierte. Der gebürtige Heidelberger hat sich über starke Leistungen beim FC Bayern für die Muskelliga in den USA qualifiziert, auch in der Nationalmannschaft zeigte er schon vielversprechende Auftritte.

Seine Probleme in diesem Jahr: Verletzungen und ein vollkommen dysfunktionales Team in Chicago. Zipser kam nur in 54 von 82 Saisonspielen zum Einsatz und bekam im Schnitt 15 Minuten auf dem Parkett. Nur vier Pünktchen erzielte der 2,03-Meter-Mann durchschnittlich - kein Wunder, dass er rückblickend kürzlich bei Spox sagte: "Ich hatte eine ganz andere Saison erwartet."

Paul Zipser

Quelle: dpa

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De facto lief es für ihn und sein Team noch viel schlechter als im Vorjahr. Damals erreichten die Bulls knapp die Playoffs, in diesem Jahr gehörte man zum Fallobst der Liga. Teaminterne Querelen (u. a. eine Trainings-Schlägerei zu Saisonbeginn), ein Trainer ohne Konzept, dazu kaum einmal mehrere Spiele mit derselben Formation - Zipser führten diese Schwierigkeiten auch in ein persönliches Loch: Er traute sich kaum noch was und traf nicht mehr. Dabei könnte er sich immer noch durchsetzen in der NBA.

Seine Athletik und Vielseitigkeit hat er bereits bewiesen. Zipser will es versuchen - ob bei den Bulls oder anderswo, das ergibt im Sommer die Kaderplanung in Chicago, wo sie eine Option auf ein weiteres Jahr mit dem Deutschen haben. Immerhin bekommt Deutschland so einen motivierten Nationalspieler für die WM-Qualifikation, wo Ende Juni und Anfang Juli wichtige Partien anstehen.

Dennis Schröder

Quelle: dpa

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Ganz andere Probleme hatte derweil Dennis Schröder. 19,4 Zähler pro Partie bedeuteten für den Chefdribbler der Atlanta Hawks zwar Karrierebestwert, doch persönliche Statistiken sind eben nicht alles. Der Braunschweiger hat sein Spiel weiter verbessert, er zählt zum schnellsten, was die NBA zu bieten hat, seine Sprints führen ihn immer wieder hinein ins Land der Riesen. Unter die Körbe, wo meist viel Verkehr herrscht. Im März gelangen ihm 41 Punkte in einem Spiel gegen Utah, als Anführer seiner Mannschaft ist er längst etabliert. Trotzdem wurden Schröder und die Hawks Letzter im NBA-Osten.

NBA: Atlanta Hawks at Utah Jazz

Quelle: USA TODAY Sports

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Nur 24 Spiele konnte Atlanta insgesamt gewinnen, häufig reichten auch die mutigen Aktionen Schröders nicht aus. Manchmal verließ er sich zu sehr auf seinen Dreipunktewurf, den er für NBA-Verhältnisse nur unterdurchschnittlich trifft. Talent hat Schröder mit seinen 24 Jahren mehr als genug - die Frage ist, ob er auch an der nötigen Mentalität feilt. Immer wieder dringen Stories wie diese à la "Meine Villa, mein Lamborghini, mein Klub" nach außen, laut denen sich Schröder mit seinem Lifestyle inszeniert.

Auch eine Prügelei in einer Bar in Atlanta könnte für ihn noch gerichtliche Folgen haben. Der Vorwurf an ihn: Schwere Körperverletzung, ein vermeintliches Opfer beklagt nach der Rangelei einen Kreuzbandriss. Wie Zipser hat auch Schröder zugesagt, in diesem Sommer für die Nationalmannschaft zu spielen. Und in Atlanta hofft er danach auf deutlich bessere Mitspieler und noch mehr Verantwortung.

Maximilian Kleber, Luke Babbitt

Quelle: AP

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Noch ein Deutscher, noch einer mit vielen Niederlagen: Maxi Kleber (rechts) schaffte mit seinen Mavericks ebenso nur 24 Siege, womit Dallas abgeschlagen auf den hinteren Plätzen der West-Tabelle landete. Auch Kleber hat es über eine Station beim FC Bayern in die NBA geschafft, wo er jetzt viel von seinem großen Vorbild lernen möchte: Wie Dallas-Käptn Dirk Nowitzki kommt auch Kleber ursprünglich aus Würzburg, mit dem großen Blonden teilt Kleber sich sogar dieselbe Position, die des Power Forwards.

Im Verlauf der Saison konnte der 2,07-Meter-Mann einige Male zeigen, warum er als einer der fähigsten deutschen Basketballer gilt. Dunkings, Dreier, seine langen Krakenarme, Biss in der Verteidigung - diese Attribute verhalfen ihm zu fast 17 Minuten Einsatzzeit pro Spiel, die Hälfte der Saison stand er sogar in der Startformation der "Mavs".

Maximilian Kleber

Quelle: dpa

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In Dallas ist es nach einer verheerend mauen Saison Zeit für ein paar Veränderungen im Kader. Nowitzkis Zeit geht langsam zu Ende, auch wenn er noch ein Jahr dranhängt. Spielern wie Kleber gehört die Zukunft, er ist mit seinen 26 Jahren im besten Alter, um sich noch zu entwickeln. Seinen Körper hat er längst auf NBA-Level trainiert, sein Spiel besitzt die Klasse, um sich auch gegen Größen wie Olympiasieger Anthony Davis (links) durchzusetzen.

Weil die Saison in Dallas mit dem Verpassen der Playoffs früh endete, hat Kleber aktuell ausgiebig Zeit, an Details zu arbeiten. Dazu hat er sich nach Deutschland in seine fränkische Heimat begeben. Er trainiert seit einiger Zeit in Bamberg, wo er mit Individualtrainer Stefan Weissenböck auch beim Bundesligaklub Brose Bamberg vorbeischaute. In einem Interview mit der Morgenpost erzählte er kürzlich, dass er insbesondere an seinen Distanzwürfen arbeiten möchte. Wenn die noch sicherer fallen, dürfte davon diesen Sommer auch das deutsche Nationalteam profitieren, dem sich Kleber weiterhin verbunden fühlt.

Dirk Nowitzki

Quelle: Brandon Wade/AP

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20 Jahre NBA, alle im selben Verein und es soll noch mindestens eine weitere Saison werden: Dirk Nowitzki hatte auch in der abgelaufenen Spielzeit seine Momente. Da war zum Beispiel jene Partie am 1. März gegen Oklahoma, als er als sechster Basketballer überhaupt die Schallmauer von 31 000 NBA-Punkten durchbrach. Oder jenes Spiel gegen die LA Clippers, als er die 50 000 gespielten Minuten knackte. Doch Zahlen sind längst nicht mehr sein Antrieb. Nowitzki spielt auch mit bald 40 Jahren noch auf Topniveau Basketball, weil es ihm schlichtweg Spaß macht.

Die Freude wurde wegen der Verlierer-Saison seiner Mavericks zwar getrübt, aber wer ihm zuschaut, erlebt immer noch einen hochprofessionellen, engagierten, ehrgeizigen Vorzeige-Sportler. Nowitzkis Spiel hat sich verändert, er musste wegen der Kaderprobleme in Dallas fast nur als Center agieren (nicht gerade seine Lieblingsposition), auch sein Punkteschnitt ist auf zwölf Zähler pro Partie zurückgegangen. Und doch ...

Los Angeles Lakers v Dallas Mavericks

Quelle: AFP

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... gibt es auch bei ihm noch Facetten des Basketballsports, über die man staunen kann: In seiner 20. NBA-Saison traf der Champion von 2011 etwa den Dreier so gut wie nie zuvor. Fast 41 Prozent seiner Würfe aus der Ferne fanden ihr Ziel. Gegen die Clippers versenkte er im Dezember sogar einmal fünf von fünf Dreiern und es ist keineswegs so, dass er generell nicht mehr so gut trifft. Er versucht es einfach nur weniger.

Nowitzki hat seine Rolle angepasst, er weiß, dass er nicht mehr der schnellste, jüngste und breitbeinigste Spielentscheider ist. In Dallas ist er vielmehr eine Konstante im Umbruch. Dass der auch Reibung mit sich bringen kann, zeigte eine Meinungsverschiedenheit mit Klubboss Mark Cuban in diesem Winter. Cuban hatte offen zugegeben, dass absichtliches Verlieren, sogenanntes "Tanking", die beste Zukunftsoption für seinen Verein sei. Wer oft verliert, darf zuerst die besten Collegespieler auswählen, so die Regel beim "Draft". Doch Nowitzki widersprach energisch: "Man will hier wirklich keine Kultur haben, wo man aufgibt und nicht hart spielt", sagte er bei ESPN: "Ich denke, das setzt das falsche Zeichen für die Zukunft."

Daniel Theis

Quelle: dpa

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Der einzige Deutsche, dessen Team eine echte Erfolgsstory hinlegt, ist dagegen Daniel Theis. Und eigentlich lief es auch bei ihm persönlich überraschend gut - bis zu jenem verflixten Tag Mitte März, als seine Boston Celtics gegen Indiana spielten und der Mann aus Salzgitter sich den Meniskuss riss. Es machte einmal kräftig "Aua", das linke Knie des Centers ist seither bandagiert, Theis musste auf Krücken durch seine neue Heimat humpeln. Saisonaus nach 63 meist richtig starken Auftritten bei einem Team, das derzeit noch in den Playoffs um den Titel kämpft.

Bis zu seiner Verletzung war Theis im Grunde eine der größten Überraschungen überhaupt in dieser NBA-Spielzeit. Die Celtics hatten ihn als Rollenspieler aus Bamberg geholt und mancher Beobachter hatte sich ein wenig gewundert: Theis? Talent und Kraft hatte er immer, aber sollte das für den Millionensport in den USA reichen? Es reichte - und wie.

NBA: Boston Celtics at Minnesota Timberwolves

Quelle: USA TODAY Sports

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Nach einer überzeugenden EM mit dem Nationalteam etablierte sich der 26-Jährige schnell als Energizer bei den Celtics. Wenn Einsatz und Schweiß gefragt waren, kam Theis aufs Parkett und warf sich gegen alle Muskelmänner der NBA unter den Ring. Seine Spielweise passte perfekt nach Boston: Harte, ehrliche Arbeit, Dunkings, Rebounds, kein großes Gerede.

So durfte er sich fast 15 Minuten pro Spiel austoben und bekam reihenweise Lob von seinem Coach und seinen Mitspielern. 5,3 Punkte und 4,3 Rebounds pro Partie, dazu herzhaftes Zupacken in der Defensive - Theis ist ein Gewinner dieser Saison, die Celtics freuen sich schon jetzt auf seinen Einsatz in der kommenden Saison. Wenn er fit ist. Wenn sein Knie die Belastungen mitmacht. Wenn es wieder was zu tun gibt gegen die Kleiderschränke der anderen Teams.

© SZ.de/mike/rus
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