Deutsche Abfahrer:Auf den billigen Plätzen

Ernüchternder Saisonauftakt für die deutschen Abfahrerinnen in Lake Louise: Keine startet unter den besten 30.

Das ist mal was Neues, dass sich unter den ersten 30 Starterinnen einer Weltcup-Abfahrt keine einzige Deutsche findet. Zwar können Koryphäen sich mal im Qualifying verspekulieren und deshalb für das Rennen auf einen der billigen Startplätze verbannt werden; aber in Lake Louise hat sich keine Deutsche verspekuliert, sondern sie gaben in allen Trainingsfahrten dasselbe Bild ab, einhellig: hinterher mit mindestens zwei Sekunden Abstand zur Spitze. Isabelle Hubers 21. Platz vom ersten Zeitlauf war in der Relation noch prima, aber als es um die Startplätze ging, war die Rottacherin Stefanie Stemmer als 39. die Schnellste der Gruppe.

Hilde Gerg

Medaillengarantin Hilde Gerg (hier 1998 in Nagano) ist nicht mehr dabei.

(Foto: Foto:)

Die Torläuferinnen hatten sich sehr gut bewegt in den vergangenen Tagen: In den NorAm-Slaloms von Winter Park gewann einmal Annemie Gerg vor den Österreicherinnen Kirchgasser und Zettel, einmal Monika Bergmann-Schmuderer vor Gerg und Kathrin Zettel; im Fis-Riesenslalom von Alleghe war Kathrin Hölzl Schnellste.

Aber das sind leider nur Trainingsrennen, abgerechnet wird an diesem Wochenende in Lake Louise, an dem Berg, wo Katja Seizinger sechs Mal gewann, aber auch Petra Haltmayr und Hilde Gerg je zwei Siege mitnahmen. Dies ist das erste Speed-Derby seit dem Rücktritt von Hilde Gerg, "derjenigen von unseren Speedfahrerinnen, bei der immer noch was ging, wenn sonst nichts ging": Cheftrainer Wolfgang Maier ahnte, dass es ohne sie schwer würde.

Dies ist auch der erste Termin in Abfahrt und Super-G für Maria Riesch, seitdem in ihrem Knie das Kreuzband gerissen war. Sie habe sich noch nicht so ganz an das Tempo gewöhnt, meinte die Partenkirchenerin, die als einzige außer Hilde Gerg in den vergangenen zwei Wintern Speedrennen im Weltcup gewinnen konnte (beide im Februar 2004 in Haus im Ennstal). Andererseits können Rückstände von mehr als drei Sekunden, die sie im letzten Training von den Schnellsten trennten, bei einer Athletin dieses Formats nicht bloß von mangelnder Gewöhnung herrühren, meint der Cheftrainer.

Hilde Gerg stellte sich vor die Fahrerinnen

Schließlich ergaben die Analysen, dass Riesch im Flachstück nach nicht mal einer Viertelminute schon eine Sekunde eingebüßt hatte, und es deutete sich an, dass für die extreme Kälte (minus 19 Grad Celsius im Zielraum) nicht alle Lieferanten gleich gut gerüstet sind.Die Serviceleute der deutschen Fahrerinnen hatten versprochen, spätestens für das Qualifikationstraining nachbessern zu können, "wenn sie das nicht schaffen, bekommen wir eine Packung wie noch nie im Abfahrtssport", lautete die düstere Ahnung des Cheftrainers.

Die Situation stelle sich "relativ schwierig" dar für seine Abfahrerinnen: Maria Riesch sei noch nicht wieder auf dem Level für Podestplätze, "und genau ihr bläst der Wind jetzt voll ins Gesicht". Weil diejenige nicht mehr dabei ist, die sich im Zweifel vor die Fahrerin der Zukunft stellte: Hilde Gerg.

"Die Leute, die daran arbeiten, lebten von der Leistung Hilde Gergs, denn die hat das Bild meistens gerundet." Für die Fahrerinnen geht es um ihr persönliches Abschneiden, "für uns aber geht es um die Außendarstellung des Teams", sagt Maier, und die gestaltet sich problematisch, wenn man wie in der Abfahrt von Lake Louise bis Startnummer 32 (Maria Riesch) auf die erste Deutsche warten muss. "Wir sind eben nicht mehr erstklassig im Speed", gesteht der Cheftrainer. Das klingt zu brutal, um wahr zu sein. Aber am Sonntag fährt Martina Ertl-Renz im Super-G mit, da kann die Welt schon wieder freundlicher aussehen. Und irgendwann hat Maria Riesch sich auch wieder an das Tempo gewöhnt.

Zur SZ-Startseite
Jetzt entdecken

Gutscheine: