Benno Schmitz lief der Regen über das Gesicht, er lief ihm über den Rücken, über die Beine, Schmitz hätte jetzt schnell ins Trockene laufen können, doch er wollte sich nicht trennen. Also führte er den Ball noch ein paar Meter weit. Dann kickte er ihn zum Schiedsrichter. Günter Perl hatte zur Halbzeit gepfiffen, Schmitz wusste: Es war auch seine Halbzeit gewesen. Er hatte den Ball ins Tor geschossen, als einziger. Was er vielleicht schon ahnte: Er hatte den Sieg seiner Mannschaft eingeleitet.
Es war eine Partie, die mit großer Spannung erwartet worden war, der Titelfavorit gegen den Titelverteidiger, der FC Bayern München gegen den TSV 1860, Derby, im erneuerten Grünwalder Stadion; dass es um die zweiten Mannschaften ging, die Regionalliga Bayern, ging dabei fast unter. Es wurde dann auch auf den Tribünen ein emotionaler Abend. Und es wurde ein fußballerisch abwechslungsreicher Abend. Der FC Bayern II gewann vor 10 677 Zuschauern 2:0 (1:0). Die Mannschaft von Trainer Erik ten Hag hat damit ihre Tabellenführung ausgebaut.
Vor der Partie hatte es bereits Unmut unter den Anhängern des TSV 1860 gegeben, da es für ihren Block, den Gästeblock, nur 3500 Tickets gab, er war bereits am Montag ausverkauft. Für die Blöcke des FC Bayern wurden die meisten Tickets erst an der Abendkasse gekauft. Die Polizei sperrte die Zufahrtsstraße zum Ring, um Auseinandersetzungen zwischen den Anhängern der beiden Teams zu vermeiden. Teilweise wurden volle Bierflaschen geworfen. Rund um den Anpfiff zündeten beide Fanlager im Stadion Pyrotechnik. Später wurde es noch lauter. Das angekündigte Gewitter.
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Auf dem Platz passierte in den ersten Minuten: nichts. Bayern II hatte vor den Augen von Profitrainer Pep Guardiola mehr Ballbesitz, es war aber überwiegend unnützer Ballbesitz. Die meisten Ballkontakte hatten die Innenverteidiger Stefan Buck und Edwin Schwarz, meistens konnten sie den Ball nur quer passen oder sie führten ihn über mehrere Meter. 1860 II verschob seine Reihen geschickt, ließ keine Räume für Angriffe des Gastgebers zu. Was aber auch nicht allzu schwer war: Die Offensivspieler des FCB II bewegten sich zunächst einmal fast gar nicht.
Tobias Schweinsteiger, der vorderste Mann im 4-1-4-1-System, lief zweimal ins Abseits. Es war eine Einzelaktion des starken Patrick Weihrauch, die zum ersten Tor für die Mannschaft von ten Hag führte. Er dribbelte mit dem Ball durchs Mittelfeld, passte ihn entgegen der eigenen Laufrichtung zum von den Profis ausgeliehenen Mitchell Weiser, der wenige Meter vor dem Strafraum nur mit einem Foul gestoppt werden konnte. Rechtsverteidiger Benno Schmitz schoss den fälligen Freistoß ans Aluminium, er prallte ab, auf 1860-Torwart Vitus Eicher, der eine äußerst unglückliche Figur machte. Von ihm prallte der Ball ins Tor, es lief die 16. Minute.
Der FC Bayern II wurde nun stärker, die Spieler bewegten sich mehr, und schon öffneten sich Lücken in der Verteidigung des TSV 1860. Zehn Minuten nach der Führung fiel erneut Angreifer Weihrauch mit einer starken Einzelaktion auf. Gedankenschnell passte er in den Lauf von Tobias Schweinsteiger, der sehr, sehr allein vor dem Tor stand und sehr, sehr viel Zeit hatte. Er dachte allerdings auch sehr, sehr lange nach. Dann schoss er den Ball sehr, sehr knapp am Tor vorbei.
Und der TSV 1860? Hatte wenig Offensivaktionen. Was vor allem an der sicheren Defensive des FC Bayern II um den ruhigen Kapitän Buck lag. Einmal schossen die Gäste auf das gegnerische Tor: FCB-II-Torwart Lukas Raeder hatte keine Probleme mit dem Versuch von Andreas Geipl (31.).
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In der zweiten Halbzeit häuften sich dann jedoch auf beiden Seiten die Fehler in der Defensive, es gab nun vermehrt Torraumszenen. Nach einem klugen Pass von Buck stand erneut Schweinsteiger frei vor dem Tor. Er vergab erneut (52.). Fünf Minuten später hatte 1860-Angreifer Andreas Neumeyer innerhalb weniger Sekunden zwei gute Torchancen: Erst reagierte Raeder schnell, kurz darauf traf Neumeyer die Latte. Kurz darauf jubelte Schweinsteiger endlich über seinen ersten Treffer - aber nicht lange. Das Tor wurde wegen eines Foulspiels aberkannt (59.).
Für die Entscheidung sorgte schließlich der eingewechselte Ylli Sallahi. Schweinsteiger fing einen Rückpass von 1860-Verteidiger Sebastian Hertner ab, passte zu Sallahi. Der schoss aus knapp 25 Metern flach aufs Tor, Eicher hatte dieses Mal keine Chance (76.). Sallahi jubelte ausgelassen, er breitete die Arme aus. Er ahnte wohl, dass nicht mehr viel schief gehen konnte an diesem Abend.