FC Bayern in der Einzelkritik:Auf dem falschen Fuß erwischt

Manuel Neuer gibt den Libero im Tor, Toni Kroos kann seinen Schleicherfuß nicht gewinnbringend einsetzen und Philipp Lahm sucht vergeblich nach kreativen Ankurblern. Der FC Bayern beim 0:4 gegen Real Madrid in der Einzelkritik.

Aus dem Stadion von Christof Kneer

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Manuel Neuer gibt den Libero im Tor, Toni Kroos kann seinen Schleicherfuß nicht gewinnbringend einsetzen und Philipp Lahm sucht vergeblich nach kreativen Ankurblern. Der FC Bayern beim 0:4 gegen Real Madrid in der Einzelkritik.

Manuel Neuer: Seine erste auffällige Reaktion war: Wut. Zeternd und motzend klaubte er nach 15 Minuten den Ball aus seinem Tor. Neuer wusste: Man kann ein Tor kassieren gegen die rasenden Konterspieler aus Madrid - aber doch nicht so eins! Nicht nach einem ruhenden Ball!! Nach 20 Minuten wurde der arme Neuer schon wieder auffällig. Wieder zeterte er, weil er wusste: Man kann auch mal zwei Tore kassieren gegen die rasenden Konterspieler - aber doch nicht solche! Nicht zwei Standardsituationen!! Danach änderte sich Neuers Jobprofil komplett: Er war jetzt der Not-Libero in einer Elf, die versuchen musste, erst drei, dann vier, dann fünf Tore zu schießen.

Real Madrid - FC Bayern München

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Philipp Lahm: Bisher war Rafinha das Glück des Bayern-Kapitäns, seit der vergangenen Woche ist Rafinha Lahms Pech: Weil der Brasilianer im Hinspiel keine pep-taugliche Vorstellung ablieferte, musste Lahm zurück in die Abwehr - und das auch noch an jenen Platz, an dem einem dauernd dieser Ronaldo begegnet. Nach 50 Sekunden durfte er gleich mit dem neuen alten Jobprofil Bekanntschaft machen: Er musste gegen Ronaldo ins Sprintduell. An Lahm lag es nicht, dass Bayerns Plan ebenso früh wie dramatisch scheiterte. Die ersten beiden Treffer fielen in Regionen, in denen Lahm anatomiebedingt selten mitspielt. Bemühte sich später, das zu tun, was man "ankurbeln" nennt: Allerdings fand er nur wenige kreative Mitkurbler.

Bayern Munich's Dante and Real Madrid's Karim Benzema try to control the ball during their Champions League semi-final second leg soccer match in Munich April 29, 2014.     REUTERS/Paul Hanna (GERMANY  - Tags: SPORT SOCCER)

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Dante: Hatte eine gute Szene in der 15. Minute, als er gegen Benzema zur Ecke klärte. Allerdings führte diese gute Szene zu einer weniger guten: Bei der anschließenden Ecke stand er ebenso wie Alaba windschief im Raum, was Ramos das 1:0 ermöglichte. Der Spielverlauf war Gift für einen tapferen Kämpfer wie Dante: Reals genüsslich aufgeführte Konterfestspiele waren zu schnell für ihn. Vor dem 3:0 nahm ihm Bale auf 20 Meter etwa 26 Meter ab (vielleicht waren es auch nur 24).

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Jérôme Boateng: Lieferte in der 12. Minute schon mal einen codierten Hinweis auf das, was wenig später kommen sollte: Da legte er di Maria den Ball mit dem Kopf vor, was immerhin so überraschend kam, dass di Maria mit dieser milden Gabe nichts anzufangen wusste. Nachträglich darf man feststellen: Schon da war klar, dass Bayerns Abwehr Konzentrationslücken offenbarte, die noch größer waren als die Mittelfeldlücken. Keine gute Nachricht für Jogi Löw: Boateng, in der Vorrunde noch lässig auf internationalem Niveau unterwegs, hat bedenklich an Souveränität eingebüßt.

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David Alaba: Bevor er sich auf seinem Flügel akklimatisiert hatte, stand es schon 0:2. Versuchte fortan verzweifelt, eine Lücke zu finden oder wenigstens mal eine gescheite Flanke loszuwerden.

FC Bayern Muenchen v Real Madrid - UEFA Champions League Semi Final

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Bastian Schweinsteiger: Gab manchmal einen Libero mit der Rückennummer 31, kam aber meistens aus einer nicht ganz so tiefen Tiefe des Raumes. Leidenschaftlich wie ein echter Oberbayer, aber wie Kroos war auch er machtlos gegen die Versuchsanordnung des Spiels: Die Bayern dachten nach dem 0:1 nur noch nach vorn, was die rückwärtigen Spieler zu dankbaren Opfern für Passspieler wie Modric oder Sprinter wie Ronaldo und Bale machte.

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Toni Kroos: Gab am Anfang den weltweit ersten Libero mit der Rückennummer 39. Er personifizierte den todesmutigen Plan seines Trainers: Nicht der Zweikämpfer Martinez spielte auf der Sechs, sondern Kroos, der elegante Schleicher. Zum Jobprofil gehört es bei Guardiola, sich die Bälle in der Tiefe des Raumes abzuholen, bei den Innenverteidigern. Kroos gab die Rolle nach dem Rückstand notgedrungen wieder auf, mühte sich rechtschaffen, etwas Ruhe ins hektische Spiel zu mischen. Aber er war immer noch zu weit vom Real-Strafraum weg, um seinen eleganten Schleicherfuß gewinnbringend einzusetzen.

FC Bayern Muenchen v Real Madrid - UEFA Champions League Semi Final

Quelle: Bongarts/Getty Images

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Arjen Robben: War am Anfang präsent und giftig, aber völlig allein. Dribbelte, als gäbe es kein Morgen und auch keine Mitspieler mehr. Lag's an ihm und seiner umstrittenen Solo-Sehnsucht - oder lag's an den anderen, die zu wenig auf ihn eingingen? Wurscht. Die Beantwortung dieser Frage wird den Abend nicht mehr retten.

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Franck Ribéry: War am Anfang auch präsent und giftig, aber anders als Robben. Nutzte seine Hitze weniger fürs Spiel, eher für Scharmützel mit Carvajal und Pepe. Hätte in der ersten Hälfte eineinhalbmal vom Platz fliegen können. Motiviert? Ja, das auch. Vor allem aber: übermotiviert.

Bayern Munich's Muller wipes his face during the Champions League semi-final second leg soccer match against Real Madrid in Munich

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Thomas Müller: Spielte eine Mischung aus vorderstem Mittelfeldspieler und hinterstem Stürmer. Mandzukic und er kamen sich aber eher in die Quere, als sich zu unterstützen. Hatte diesmal in der Kabine den falschen Fuß aus dem Spind genommen - jenen, dem die Bälle wegspringen.

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Mario Mandzukic: Hatte kaum eine Szene - siehe Müller. Die Tore, die er köpfeln sollte, köpfelte Sergio Ramos - einmal, weil ihn Mandzukic aus den Augen verlor.

Bayern Munich's Martinez challenges Real Madrid's Bale during their Champions League semi-final second leg soccer match in Munich

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Javi Martínez: Held des Tages. Bekam Szenenapplaus fürs nackte Sechser-Handwerk, für Kopfbälle, Zweikämpfe und Balleroberungen. Das Publikum hatte begriffen: Dieser Mann hätte von Beginn an spielen müssen.

Mario Götze und Claudio Pizarro: Bekamen keinen Szenenapplaus.

© SZ von 30.04.2014/schma
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