FC Bayern:Fehlt nur noch Patrik Andersson

Mal wieder kurz vor Torschluss der Sieg, diesmal in Ingolstadt: Die Last-Minute-Münchner sind damit die großen Gewinner des Spieltags - und schonen Kräfte für den FC Arsenal.

Von Christopher Gerards, Ingolstadt

Die Nachricht war so gut, dass Philipp Lahm sie gleich zwei Mal verkündete. Er weiß ja inzwischen wie das geht, er weiß, wie man eine Neuigkeit anständig platziert, am Dienstag erst hatte er seinen Abschied vom FC Bayern zum Saisonende angekündigt. Am Samstagabend stand Lahm dann im Stadion des FC Ingolstadt, bereit, um eine zweite Nachricht unters Volk zu bringen. Sie war nicht ganz so groß wie die zu seinem Rücktritt, aber als überraschend ging sie trotzdem durch. "Auch für uns sind Siege noch immer was Schönes", hat Lahm also im Namen des FC Bayern erklärt, und sicherheitshalber angefügt: "Das ist bei uns schon noch so: Wir freuen uns über Siege."

Sie freuen sich über Siege! Siege sind was Schönes für den FC Bayern! Gut, dass jemand das noch einmal betont hat.

Das Jahr ist jung, aber auf den ersten Metern 2017 hat der FC Bayern schon wieder jenen Punkt erreicht, an dem er sich rechtfertigen muss für gewonnene Spiele. Das 2:0 (0:0), das die Bayern am Samstag in Ingolstadt landeten, fasste die bisherigen Partien des Jahres aufs Zynischste zusammen: wie es erkennbar holperte und rumpelte im Spiel nach vorne, wie die Bayern in der ersten Halbzeit nur zu einer Chance kamen - und wie dann in den letzten Spielminuten erst Arturo Vidal und Sekunden später Arjen Robben trafen. Wie ein Kurztrip in die Nullerjahre fühlte sich das alles an, und hätte das Spiel länger gedauert, wer weiß, vielleicht wäre der 2001er-Meisterschütze Patrik Andersson noch nach vorne gerannt und hätte einen Freistoß reingebolzt. Dusel-Bayern, Last-Minute-Bayern - das schöne, alte Vokabular konnte man nochmal rauskramen nach diesem Spiel. Andererseits: Als Philipp Lahm sagte, dass die Mannschaft "auf dem richtigen Weg" sei - da hatte er halt auch recht.

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Bayern-unüblich: Münchens Goalgetter Robert Lewandowski (rechts) überwindet zwar gekonnt Ingolstadts Torwart Martin Hansen - trifft aber das Tor nicht.

(Foto: imago/Philippe Ruiz)

Ja, die Bayern haben in Ingolstadt nicht attraktiv gespielt, ja, sie haben gegen Freiburg, Bremen, Schalke, Wolfsburg noch ein bisschen weniger attraktiv gespielt. Aber genau das war die Pointe des Spieltags: dass der FC Bayern rumpeln und über den Platz holpern konnte, wie er wollte. Am Ende war's halt ein klassischer Bayern-Spieltag. Am Ende haben die Münchner gewonnen. Und Leipzig und Dortmund haben verloren. Sieben Punkte Vorsprung - so was nennt man auch: Gewinner des Spieltags.

"Das war ein super Spieltag für uns, da muss man kein Experte sein" - diesen Satz hat Thomas Müller hinterher sehr zurecht gesagt. Er hat dann noch angefügt, dass "der Platz nicht unbedingt für flaches Kombinationsspiel ausgelegt war" und die Bayern "das Spiel von Ingolstadt mitspielen mussten". Das war eine interessante Erkenntnis. Bislang dachte man ja immer, dass der Gegner das Spiel des FC Bayern mitspielen muss, aber Müllers Bemerkung fasste die Gegenwart der Bayern präzise zusammen. Soll der Platz ruhig löchrig sein; soll Ingolstadt sich ruhig in jeden Zweikampf werfen; dann werfen sich die Bayern ihrerseits auch in jeden Zweikampf; dann kloppen sie halt auch mal einen Ball lang nach vorne. Und, das nur nebenbei, dann macht es auch nichts, wenn Müller seinerseits eine herrliche Torchance auslässt, bei der sich der Ball rotzfrech kurz vor der Linie vom Tor wegdreht.

Fussball 1. Bundesliga/ FC Ingolstadt-FC Bayern Muenchen 0-2

Bayern-üblich: Arturo Vidal (in weiß) steht in der 90. Minute ganz frei im Ingolstädter Strafraum und bestraft den Gegner mit dem späten Führungstor.

(Foto: SvenSimon/Frank Hoermann)

Es sieht so aus, als habe Trainer Carlo Ancelotti bei den Münchnern den Pragmatismus zur Kunstform erhoben; als sei ihm Ästhetik vollkommen wurscht, solange nur das Ergebnis stimmt. Und wenn am Mittwoch zufällig ein Champions-League-Spiel gegen den FC Arsenal ansteht - dann schont er halt auch einmal alle Außenangreifer, die er hat. Dann setzt er Robben und Costa auf die Bank, und wenn der Gegner müde ist, bringt er sie dann doch und gewinnt 2:0. Es war ein Sieg ganz im Sinne alter Otto-Rehhagel-Weisheiten: Wer gewinnt, hat recht. Und ein gutes Pferd springt nur so hoch, wie es muss.

Er habe "gesehen, dass wir im richtigen Moment auch zulegen können", hat Vorstandschef Karl-Heinz Rummenigge gesagt, "das hat die Mannschaft speziell in der zweiten Halbzeit bewiesen".

Das ist ja das Leitthema, seit Ancelotti den FC Bayern trainiert: dass er ständig gegen den Anfangsverdacht antrainiert, die Mannschaft nicht entwickeln zu können; dass er andererseits aber die Spiele gewinnt, die er gewinnen muss. Seit dem Dreinull im Dezember gegen Leipzig braucht ihm keiner was erzählen, und deshalb kann er vor dem Arsenal-Spiel nonchalant behaupten, dass nur die Einstellung des Teams "der Schlüssel" sei.

Was beim Spiel gegen Arsenal besser werden müsse, ist Ancelotti noch gefragt worden. Er rutschte etwas unruhig auf seinem Platz im Presseraum hin und her, zog die Augenbrauen hoch, schaute nach links, schaute nach unten, holte Luft. Dann blickte Ancelotti ins Publikum, fordernd fast. Er sagte: "Ich denke: nichts."

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