Der Absturz des 1. FC Köln:Verirrungen und Versäumnisse

Am guten Willen und der Moral hat es in Köln nicht gemangelt, aber an der nötigen Klasse und den elementaren Einzelheiten. Logische Folge: der Abstieg in die zweite Liga - mit der Hoffnung auf den direkten Wiederaufstieg.

Von Philipp Selldorf

Jhon Córdoba kann nichts dafür, dass die Leute beim FSV Mainz 05 so clever waren, den Leuten vom 1. FC Köln 17 Millionen Euro abzuknöpfen, als diese im vorigen Sommer um die Übernahme des kolumbianischen Angreifers ersuchten. Dass der riesige Betrag unter anderem durch eine plötzliche Preiserhöhung im letzten Moment zustande kam, das ist Córdoba nicht anzulasten (sondern dem verantwortlichen Chefeinkäufer Jörg Schmadtke), und womöglich ist es auch etwas voreilig, dass ihm mancher Kölner bereits einen Platz in der Ahnengalerie der schmerzlichsten Fehleinkäufe des FC neben historischen Figuren wie Rico Steinmann, Christian Dollberg oder Marco Reich reservieren möchte.

Doch Córdoba hat auch seinen Teil dazu beigetragen, dass die Kölner Fans erhebliche Zweifel am angemessenen Preis-Leistungs-Verhältnis haben, und diese Szene in der 87. Minute im Spiel bei Hertha BSC am Samstagnachmittag war nicht dazu angetan, die Zweifel zu zerstreuen. Sie dient stattdessen als Sinnbild der Verirrungen und Versäumnisse, die den 1. FC Köln am Ende dieser Saison in die zweite Liga befördern werden. Córdoba lief allein aufs Tor der Berliner zu, aber an die Stelle eines gezielten Schusses setzte er einen missratenen Lupfer.

Ja, der 1. FC Köln wird absteigen. Etwas Anderes wird jetzt keiner mehr behaupten wollen. Selbst Heiner Lauterbach nicht, der vor dem nun wirklich allerletzten Anti-Abstiegsspiel bei Hertha BSC so kunstvoll den restlichen Saisonverlauf getippt hatte, dass sein FC doch noch auf Platz 16 kommen würde. Der in Köln geborene Schauspieler hatte zu diesem Zweck einen Sieg in Berlin fest eingeplant, aber dazu reichte es nicht. Wieder mal nicht.

Bis zuletzt gewehrt

Am guten Willen und der Moral hat es wie üblich nicht gemangelt, aber an der nötigen Klasse und den elementaren Einzelheiten. Eine Abwehr, die nicht dicht hält, ist keine Abwehr, die im Abstiegskampf Erfolg ermöglicht, diese Erfahrung machte der FC in Berlin nicht zum ersten Mal. Die starke Deckung hat den 1. FC Köln in den guten Jahren mit Peter Stöger bis in den Europacup geführt, in dieser Saison hat das mangelhafte Defensivspiel letztlich den Versuch der Aufholjagd zunichte gemacht.

Bis zum Schlusspfiff in Berlin hat sich die Mannschaft gegen das eigentlich Unvermeidliche gewehrt. Dass Córdoba noch mal die Gelegenheit bekam, eine gute Chance zu verschwenden, das ist Ausdruck der außergewöhnlichen und sogar bewunderungswürdigen Mentalität dieser Kölner Mannschaft. Dafür gab es auch im Moment der bitteren Gewissheit über den Abstieg verdienten Beifall von den Anhängern. Die Spieler haben demonstriert, dass ihnen ihr Klub nicht egal ist, das ist ehrenwert und macht den Abschied für manchen Fan erträglicher.

Nicht ausgeschlossen, dass diese Einstellung sogar für romantische Momente sorgt, falls sich Kölner Spitzenspieler wie Horn, Hector oder Bittencourt tatsächlich bereitfinden sollten, den Betriebsunfall in der zweiten Liga selbst zu reparieren. Die schnellstmögliche Rückkehr ist längst das erklärte Ziel. Dass der Sportchef Armin Veh dieses Ziel schon beim Amtsantritt im Dezember definiert hat und seitdem den Wiederaufstieg plant, das sollte die Sache erleichtern, zumal der FC wahrscheinlich der reichste Zweitligist sein wird, den die zweite Liga je gesehen hat. Der 17-Millionen-Stürmer Córdoba wird übrigens auch dabei sein, der Verkauf wäre ein zu krasses Minus-Geschäft.

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