Deislers Burn-out-Syndrom:Erst der Körper, nun die Seele

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Lang ist die Geschichte seiner körperlichen Leiden, nun kommt noch ein weiteres Kapitel hinzu: Sebastian Deisler, eines der größten deutschen Fußballtalente, ist seit neun Tagen wegen Depressionen in Behandlung. Für Rekordmeister FC Bayern kann der 23 Jahre alte Nationalspieler in diesem Jahr wahrscheinlich nicht mehr auflaufen.

Bayern-Trainer Ottmar Hitzfeld sagte am Freitag: "Er ist in Behandlung. Wir haben gehofft, dass er nach den hervorragenden Leistungen den Durchbruch schafft. Nun ist das ein Rückschlag für alle Beteiligten."

Deisler wird dem deutschen Meister wegen der psychischen Probleme wohl erneut langfristig fehlen. "Ich gehe davon aus, dass er erst wieder im neuen Jahr spielen kann", sagte Hitzfeld.

Auf einer extra einberufenen Pressekonferenz erläuterten Manager Uli Hoeneß und der behandelnde Arzt aus der psychiatrischen Abteilung des Münchner Max-Planck-Institutes, Florian Holsboer, die Erkrankung des 23-Jährigen. "Es ist eine typische Depression. Es ist eine Veränderung des Nervenstoffwechsels, für die es eine Veranlagung gibt. Sebastian Deisler befindet sich auf einem guten Weg und wir sind froh über gemachte Erfolge. Es besteht Grund, optimistisch zu sein", sagte der Mediziner.

Medikamente und Gesprächstherapie

Nach der Behandlung, deren Ende nicht absehbar ist, könne Deisler seine Karriere fortsetzen. Allerdings sind Rückfälle nicht kategorisch auszuschließen.

Bis auf weiteres wird der Profi sowohl mit Medikamenten als auch per Gesprächstherapie behandelt. Ein einzelner konkreter Auslöser sei für den seelischen Ausnahmezustand des Jungstars nicht verantwortlich. Nach seinen vielen Verletzungen habe sich der Profi aber offenbar zu sehr unter Druck gesetzt, um die in ihn gesetzten Erwartungen zu erfüllen.

Parallelen zu dem an einem "Burn-Out-Syndrom" leidenden Jan Simak von Hannover 96 bestehen bei Deisler aber offenbar nicht. "Er ist in einer guten geistigen und körperlichen Verfassung", sagte Holsboer.

Deisler am Telefon: Ich bin fertig

In einem Telefonat habe Deisler Hoeneß vor etwa zwei Wochen seine Probleme signalisiert. "Er hat gesagt: 'Ich kann nicht mehr. Ich bin fertig.'", berichtete Hoeneß. Daraufhin sei über Vereinsarzt Hans- Wilhelm Müller-Wohlfahrt der Kontakt zu Holsboer hergestellt worden.

Nun sei es Deislers Wunsch gewesen, offen mit der Erkrankung umzugehen. "Was soll ich denn verheimlichen", wurde er von Holsboer zitiert. In der Klinik halte sich Deisler mit Trainingseinheiten fit. Dort hat er auch ständigen Kontakt zu seiner Freundin, die im Januar das erste gemeinsam Kind erwartet. Gesundheitliche Probleme der Freundin während der Schwangerschaft hatten Deisler zuletzt zusätzlich belastet.

15 schwere Verletzungen in fünf Jahren

Für den in seinen fünf Profijahren von 15 schweren Verletzungen und fünf Operationen gebeutelten Deisler kam die dramatische Wende zum Schlechten zu einem unerwarteten Zeitpunkt. Der Mittelfeldspieler hatte zuletzt vor zwölf Tagen im Bundesliga-Spiel gegen Borussia Dortmund (4:1) für den FC Bayern gespielt und dabei eine ansprechende Leistung gezeigt.

Noch vor der Partie war "Basti-Fantasti" von den Bayern-Fans zum "Spieler des Monats Oktober" gewählt und für seine guten Auftritte nach seinem Muskelfaserriss ausgezeichnet worden.

Deisler war im Sommer 2002 für neun Millionen Euro von Hertha BSC zum FC Bayern gewechselt. In dieser Spielzeit erzielte er in der Bundesliga in neun Spielen drei Tore für den FCB.

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