Davis-Cup:Unterhaltsame Schachzüge

Tennis Davis Cup - Weltgruppe Relegation Deutschland - Polen

Daniel Brands (am Netz) und Daniel Masur spielen im Doppel gegen die polnischen Spieler Kubot und Matkowski.

(Foto: Soeren Stache/dpa)

Das erste Doppel beim Davis-Cup-Relegationsspiel gegen Polen verliert das Duo Daniel Brands und Daniel Masur, doch die Ausgangsposition bleibt gut.

Von Gerald Kleffmann, Berlin

Die Wette darum, dass sie beim Davis-Cup-Relegationsspiel gegen Polen das deutsche Doppel bilden, hätten Daniel Brands und Daniel Masur vor einigen Wochen wohl nicht gewagt. Brands, 28, aus Deggendorf ist in der Doppel-Weltrangliste nicht geführt, im Einzel kämpft er nach Rückschlägen um den Anschluss an frühere Bestleistungen, die ihn mal auf Rang 51 (2013) geführt hatten. Masur aus Bückeberg, nun Mitglied im BTV-Leistungszentrum in Oberhaching, kann immerhin Platz 397 im Doppel-Ranking vorweisen. Der eigentlich nur als Sparringspartner eingeplante 21-Jährige rückte nur ins Team, weil nach der jüngsten verletzungsbedingten Absage von Philipp Kohlschreiber einer eben nachrücken musste; auch Alexander Zverev und Dustin Brown hatten zuvor abgesagt und einigen Klärungsbedarf hinterlassen.

"Ich möchte hier ein paar Erfahrungen sammeln", das hatte Masur bei der Eröffnungs-Pressekonferenz am Donnerstag noch gesagt und selbst nicht recht daran geglaubt, dass er tatsächlich an diesem Samstag antreten müsste. Er war zwar aufgestellt worden von Teamchef Michael Kohlmann. Aber Doppelaufstellungen im Davis Cup sind meist erst mal taktische Schachzüge. Irgendwelche Namen muss man erst mal aufstellen. Änderungen sind im letzten Moment möglich.

Der taktische Schachzug, den Kohlmann umsetzte, war nun, dass die Nominierung von Brands und Masur kein Bluff war. Zwei Einzel, ein Doppel, zwei Einzel, es gibt fünf Züge, die es für jeden Teamchef durchzuspielen gibt. Nachdem Jan-Lennard Struff und Florian Mayer in zwei anstrengenden Matches über fünf und vier Sätze eine 2:0-Führung erkämpft hatten am Freitag, wurden diese beiden geschont, was nachvollziehbar war. Denn das polnische Doppel Marcin Matkowski und Lukasz Kubot gilt als Weltklasse-Doppel, gegen das wohl auch Struff und/oder Mayer unterlegen gewesen wären. Im Grunde hatte Kohlmann dann also - mit Brands und Masur - eine Niederlage in Kauf genommen, damit einer der beiden ausgeruhten Einzelspieler Mayer oder Struff am Sonntag den entscheidenden dritten Punkt holt.

Kohlmann hat in dieser Davis-Cup-Woche viel richtig gemacht

Der Davis Cup hat an Bedeutung verloren, zumindest ist das meist so bei jenen Teams, die Jahr für Jahr nicht den Pokal gewinnen. Aber wenn man ihn mit all seinen Charakteristika ernst nimmt, kann er sehr unterhaltend sein. Es kommen ganz andere Komponenten ins Spiel als auf der normalen Profitour.

Brands und Masur hätten natürlich gerne gewonnen, sie hatten ja auch sehr stark begonnen und die Polen mit ihrem aggressiven Spiel vor 2500 Zuschauern im Steffi-Graf-Stadion überrascht. Sie gewannen die ersten beiden Sätze, und zu diesem Zeitpunkt enttäuschten ihre Gegner, die laut herrlich zynischer Aussage eines polnischen Reporters eigentlich zu Dritt auf dem Platz standen: Kubot, Matkowski und sein Bauch, sagte der Journalist und meinte damit Matkowskis inzwischen herrlich knuffige Bauchrolle. Dann aber setzten die zwei erfahrene Doppelspieler zum taktischen Schachzug an und wechselten die Seiten beim Rückschlag, Matkowski ging auf die Vorhandseite, und das Momentum drehte sofort und änderte sich auch nicht mehr. 7:6, 6:4, 3:6, 4:6, 2:6 unterlagen Brands und Masur.

Kohlmann hat in dieser Woche trotzdem bislang viel richtig gemacht, wobei er am Freitag schon auch einige sorgenvolle Momente zu überstehen hatte. Mit ein bisschen weniger Einsatz hätte es nicht 2:0, sondern 0:2 stehen können. Struff aus Warstein hatte sich als Weltranglisten-67. beim 6:7 (8:10), 6:3, 5:7, 6:2, 6:1 gegen Kamil Majchrzak, der auf Platz 277 geführt wird, doch mehr als gedacht zum Auftakterfolg gemüht. Mayer aus Bayreuth musste bei seinem 1:6, 7:6 (8:6), 6:4, 7:5 gegen den Weltranglisten-329. Hubert Hurkacz sogar einen speziellen kritischen Moment meistern. Im zweiten Satz hatte der talentierte, groß gewachsene 19-Jährige aus Breslau zwei Satzbälle im Tie-Break, doch Mayer hielt mit seiner Erfahrung dagegen.

Er sei selten so angespannt gewesen, gestand Florian Mayer

"Wir waren uns schon bewusst, dass wir nichts geschenkt bekommen. Das war ein guter Warnschuss, dass wir uns nicht zu sicher sind", sagte Kohlmann, der trotzdem sehr zufrieden war. "Es geht darum, an Tagen, an denen man nicht ganz so gut spielt, dennoch zu gewinnen", sagte der frühere Doppelspezialist, der vor allem bei Mayer intensiv als Pausenflüsterer im Einsatz war. "Er hat am Anfang mit einigen Dingen gehadert", verriet Kohlmann. "Ich war selten so angespannt wie heute. Die Polen hatten nichts zu verlieren, der Druck war riesig", gestand Mayer, "meine Nerven hatte ich nicht im Griff. Ich bin heilfroh, dass ich das in vier Sätzen heimgeschaukelt habe."

Am Sonntag bestreitet zunächst Mayer das dritte Einzel gegen Kamil Majchrzak, wobei auch noch Kubot als möglicher Ersatzgegner bereitsteht, falls die Polen einen taktischen Schachzug wagen wollen. Allerdings, das gab Kohlmann zu, sei es gut gewesen, "dass Kubot vier Stunden heute auf dem Platz stand und einige Körner liegen ließ". Struff trifft danach auf Hurkacz. Ein Abstieg Deutschlands aus der Weltgruppe wäre der erste seit 13 Jahren. Aber mit der 2:1-Führung sind die Chancen gut, dass sie diesen vermeiden können.

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