David Haye boxt gegen Dereck Chisora:Gladiatoren-Show ohne Regeln

Der Kampf zwischen David Haye und Dereck Chisora klingt vernünftig, ist jedoch eine Farce. Die Ansetzung entlarvt, was das Schwergewichts-Boxen derzeit ist: kein Sport, sondern Gladiatoren-Eventisierung ohne Anstand. Der Sieger wird wohl gegen Vitali Klitschko boxen.

Jürgen Schmieder

Vitali Klitschko lachte höhnisch, dann applaudierte er, am Ende schlug er gar mit David Haye ein. Der ukrainische Weltmeister im Schwergewicht amüsierte sich offenbar köstlich über die Prügelei, die wenige Sekunden zuvor im Presseraum des Münchner Olympiastadions stattgefunden hatte: Haye und Dereck Chisora hatten aufeinander eingedroschen, mit blanken Fäusten, mit Glasflaschen und Kamerastativen. Chisora hatte gar angekündigt, Haye erschießen zu wollen.

Die ARD, zwei Skandalboxer und ein Tiefschlag für den Sport

Perfekt inszeniert: Beim Pressetermin werden Dereck Chisora (rechts) und David Haye durch einen Zaun voneinander getrennt.

(Foto: dapd)

Nun, drei Monate später, teilen die beiden Briten mit, im Juli in London gegeneinander antreten zu wollen - was zunächst einmal vernünftig klingt: Zwei Preisboxer verzichten auf Schlachten und Todesdrohungen, sie messen sich dafür im Ring.

Das allerdings ist das einzige Vernünftige, in Wirklichkeit ist dieses Duell, das nun als Kampf des Jahres und Schlacht um England vermarktet wird, eine Farce: Keiner der Boxer verfügt über eine Lizenz des britischen Verbandes, Haye gab sie nach seiner Niederlage gegen Wladimir Klitschko letzten Sommer zurück, Chisora wurde sie wegen der Prügelei entzogen.

Niemals, empörten sich Teile der Box-Elite damals, wolle man diesen Rüpel wieder im Ring sehen. Und nun boxt Chisora, der drei seiner letzten vier Kämpfe verloren hat, also gegen den Frührentner Haye, der zuletzt versuchte, sich ein Duell mit Vitali Klitschko zu erpöbeln. Beide mit Hilfs-Lizenz aus Luxemburg. Das Berliner Unternehmen Sauerland tritt als Co-Promoter auf, die ARD überträgt live.

Der Kampf mag sportlich sogar interessant sein, doch scheint es in Ermangelung anderer relevanter Duelle vor allem darum zu gehen, mit Hilfe kalkulierter Empörung ein Stadion zu füllen - und sehr viel Geld zu verdienen. Wladimir Klitschko nannte das Duell sogleich "eine Freak-Show mit Freak-Regeln". Das ist eine Aussage, die dann allerdings doch verwundert.

Es ist nämlich zu erwarten, dass der Sieger gegen Vitali Klitschko antreten darf, und dass diese Veranstaltung dann unter dem äußerst lukrativen Motto "Guter Klitschko gegen bösen Pöbler" inszeniert wird. Recht hat Klitschko trotzdem: Die Ansetzung entlarvt, was das Schwergewichts- Boxen derzeit ist: kein Sport, sondern eine Gladiatoren-Show ohne Regeln. Und mit sehr wenig Anstand.

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