Datenprojekt zu Europas Ligen:Wo sie den schönsten Fußball spielen

FC Bayern München- Eintracht Frankfurt

Zufrieden mit sich: Thomas Müller

(Foto: dpa)

Wieso schneidet die Eintracht besser ab als ManUnited? Wer trifft noch seltener als der HSV? Und warum spielt der FC Bayern besser als Barcelona? Antworten im SZ.de-Datenprojekt.

Von Saskia Aleythe, Lisa Sonnabend (Daten/Text), Katharina Brunner und Johannes Barkhau (Grafiken)

Null zu null. Es gibt kein Ergebnis, das einem deutlicher vor Augen führt: Die Partie hätten sich alle Beteiligten irgendwie auch sparen können. Wer erinnert sich schon an ein schönes torloses Unentschieden? Eben. Dass so viele Kinder Messi- und Ronaldo-Trikots tragen, ist ganz logisch: Menschen lieben Tore.

Welcher Verein trifft in Europas Fußballligen am häufigsten, wo kann man im Stadion ein Nickerchen machen, weil eh nichts passiert? Und warum hat der HSV auch mal Grund zum Kichern? SZ.de hat in einem Datenprojekt die Attraktivität der vier großen Ligen in Deutschland, England, Spanien und Italien untersucht - und nicht nur einmal gestaunt.

  • Die meisten Treffer pro Spiel fallen in der Bundesliga

Die Zusammenfassung des Spieltags ist im italienischen Fernsehen so kurzweilig wie in keinem anderen Land. Denn in der Serie A fallen die meisten Tore pro Spieltag. 26,89 Treffer bekommen die Fans von allen Teams durchschnittlich zu sehen. Das macht 2,68 Treffer pro Partie, in England sind dagegen nur 2,56 Tore bei einem Spiel zu beobachten. Das verspricht also einen unterhaltsamen Calcio-Abend, doch die Stadien in Italien sind meist ziemlich leer. Gerade einmal die Hälfte aller Tickets werden durchschnittlich pro Partie verkauft.

Torflaute in "Sportschau"

Italien: 26,89 Tore pro Spieltag

Spanien: 26,55 Tore pro Spieltag

England: 25,66 Tore pro Spieltag

Deutschland: 24,79 Tore pro Spieltag

In Deutschland dagegen wird das Ballspiel mehr geliebt, kaum ein Sitz bleibt leer - und tatsächlich fallen hier zwar nicht mehr Tore pro Spieltag, da in der Bundesliga nur 18 statt 20 Teams antreten, dafür aber mehr Treffer pro Partie. Die deutschen Vereine erzielen 2,74 Tore pro Partie - so viele wie in keiner anderen Liga. Beste Stadionunterhaltung also.

  • Ronaldo hätte für Augsburg alle Tore geschossen

Das Dreigespann Lionel Messi, Neymar und Luis Suárez muss jetzt ganz stark sein. Gut, mit 2,89 Toren pro Ligaspiel liegt der Verein in Europa natürlich in der Spitze, aber absolut führend ist der ewige Rivale: Real Madrid. Mit 3,11 Toren pro Spiel bot kein Klub in Europa seinen Fans mehr Spektakel in der abgelaufenen Saison. Alleine der Torschützenkönig Cristiano Ronaldo erzielte 48 Treffer. Das sind rund 1,26 pro Spiel - auf denselben Schnitt kam der FC Augsburg.

Am häufigsten jubelte in der Bundesliga der FC Bayern mit 2,35 Toren. Auf Rang fünf kommt im internationalen Vergleich schon der VfL Wolfsburg (2,12). Der erste italienische Verein ist Juventus Turin auf Rang sieben (1,92). Eintracht Frankfurt sticht auch heraus: Der Klub lockt nicht nur mehr Zuschauer ins Stadion, sondern traf auch öfter (1,65) als die internationalen Spitzenmannschaften Manchester United (1,63), Inter Mailand (1,55) und der FC Liverpool (1,37).

  • Kleine Freude für den HSV

Es gibt doch noch einen Grund zum Freuen für den HSV. Einen ganz kleinen. Und der sieht so aus: Die Hamburger sind in der Torstatistik nicht der schlechteste Klub Europas. Nur der zweitschlechteste. Der spanische Verein FC Córdoba erzielte in der abgelaufenen Saison nur 0,58 Tore pro Spiel, der HSV immerhin 0,74. Damit kommt er auf den gleichen Wert wie der FC Burnley aus England und Italiens Chievo Verona. Córdoba und Burnley sind mit dieser "Leistung" übrigens abgestiegen. Der HSV dagegen bekanntlich irgendwie dann doch nicht.

  • Nichts zu lachen im Bremer Tor

Wem ein neuer Torwart oder eine stabilere Abwehr zu empfehlen wäre, sieht man bei der Datenanalyse ganz deutlich: Der FC Parma hat in der abgelaufenen Saison 1,97 Gegentore pro Spiel kassiert - die unrühmlichste Quote in Europa. Aber auch bei Werder Bremen gab es viele Momente zum Fluchen: Bei jedem Spiel fasste Raphael Wolf mit 1,91 Gegentreffern fast zwei Mal hinter sich. Genauso oft wie sein Kollege Lukas Kruse in Paderborn. Von Ersatzkeeper Koen Casteels hat sich Werder mittlerweile getrennt, drei Ersatzleute hat Wolf dazu bekommen - dann muss er vielleicht nicht mehr alleine leiden. Interessanter Fakt am Rande: Der 1. FC Köln, Meister des 0:0-Unentschiedens, musste weniger Tore pro Partie verkraften als der top besetzte FC Liverpool.

  • Alle fürchten Manuel Neuer

Man sollte sich wirklich gut überlegen, ob der eigene Einsatz da überhaupt lohnt: Läuft ein Stürmer in der Bundesliga auf Manuel Neuer zu, hat er die wenigsten Torchancen aller Kollegen in Europa. Nur 0,53 Gegentore kassierte der letzte Mann des FC Bayern vergangene Saison pro Spiel - halb so viel etwa wie Timo Horn beim 1. FC Köln.

Aber auch die Abwehrriege und der Torwart von Borussia Mönchengladbach können sich gegenseitig auf die Schultern klopfen: Yann Sommer wird im internationalen Vergleich pro Spiel am viertwenigsten überwunden - seltener als der Schlussmann bei Real Madrid.

Warum der BVB attraktiver als Barcelona spielt

  • Dortmund liebt das Schießen

Natürlich sind es nicht nur Tore, die ein Spiel besonders attraktiv machen. Schüsse in Richtung des Tores etwa stehen für hohen Offensivdrang - und damit unterhaltsamen Fußball. Kein Wunder, dass Borussia Dortmund trotz der vermaledeiten Saison in dieser Statistik weit vorne auftaucht. Zwar sind bei Real Madrid 18,11 Schüsse pro Spiel zu sehen, Dortmund kommt allerdings auch auf stolze 16,68. Und steht damit besser da als der FC Barcelona. Vielleicht erklärt sich so auch, warum das Westfalienstadion immer ausverkauft ist und die meisten Zuschauer im europäischen Vergleich anlockt.

Bei reinen Torschüssen - das sind alle Bälle, die der Torwart (nicht) abwehrt oder die den Pfosten treffen - sollte sich der BVB aber nicht mit den Spaniern messen: Die liegen mit 7,42 (Real Madrid) und 7,42 (FC Barcelona) nämlich ein paar Plätze über den Dortmundern (5,59).

  • Nichts los bei Hertha

Hertha BSC ist genau der richtige Verein für Leute, die kaum Aufregung vertragen. Ein Spiel der Berliner anzuschauen, muss laut Statistik meditativen Charakter haben: Nur 8,74 Schüsse ballert der Verein in 90 Minuten Richtung Tor, so wenig macht kein anderer Verein in Europa.

Auch in Punkto Torschüsse kriegt Hertha BSC kaum etwas zusammen: Mit 3,15 liegt der Klub auf Rang 74 von 78 Vereinen. Da kichert sogar der HSV: Er liegt auf Rang 67.

  • Schalke zeigt sich einladend

Von zeitigem Verteidigen hält man auf Schalke anscheinend nichts: 15,79 Bälle Richtung Tor kassiert der Bundesligist pro Spiel. Damit wird er nur von Sunderland, den Queens Park Rangers und Hellas Verona getoppt. Als zweiter deutscher Verein folgt Borussia Mönchengladbach mit 15,35 Schüssen auf Rang acht - auch nicht gerade eine rühmliche Statistik für den Dritten der Vorsaison.

  • Kaum Platz beim FC Bayern

Gegen den FC Bayern zu Schüssen Richtung Tor zu kommen, ist so hart wie nirgends. Nur 7,56 lässt die Abwehr um Jérôme Boateng pro Spiel in Richtung Kasten zu - weniger als halb so viele wie Schalke 04 in der abgelaufenen Saison. Bei richtigen Torschüssen der Gegner haben nur drei europäische Vereine eine bessere Quote als der FC Bayern (2,79): Juventus Turin (2,65), Atlético Madrid (2,53) und ganz vorne der FC Barcelona mit 2,39 pro Spiel. Barcelona gewann also die Champions League nicht nur wegen seinen überragenden Sturm-Trios, sondern auch wegen der umsichtigen Abwehr.

  • Viel Schießen bringt viele Tore?

Torkrösus Italien liegt nicht nur bei den erzielten Treffern an der Spitze, sondern auch bei den abgefeuerten Schüssen. Auch wenn der FC Bayern und Borussia Dortmund den Durchschnitt mit ihren Werten nach oben reißen: Die Bundesliga ist im internationalen Vergleich die langweiligste Liga. 234,18 pro Spieltag - so wenige Schüsse Richtung Tor gibt es sonst nirgends. Pro Spieltag sind es in Deutschland auch nur 71,94 reine Torschüsse. Die Engländer überholen in dieser Disziplin Italien: 105,32 Torschüsse fallen dort pro Spieltag. Vielleicht ist ein Stadionbesuch deshalb auch so teuer in England - für das Geld wird richtig viel geboten.

  • Linktipps:

Lesen Sie hier den erstenTeil zum Datenprojekt über Europas Fußball: Warum England Geld, aber keinen Erfolg hat

Lesen Sie hier den zweiten Teil zum Datenprojekt über Europas Fußball: Warum die Bundesliga die fanatischten Fans hat

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