Das Favoritenfeld:Jagd nach Rekorden

Die Kenianer wollen den Weltrekord, die deutschen Starter nach Rio. Ein Überblick über die wichtigsten Athleten am Sonntag.

Von Martin Schneider, Berlin

Beim Marathon in Berlin werden die Männer aus Ostafrika wie in den vergangenen Jahren den Weltrekord angreifen. Der steht seit 2014 bei 2:02:57 Stunden, gehalten von Dennis Kimetto aus Kenia. Dass in Berlin der Rekord fällt, das hat mittlerweile Tradition. 2003, 2007, 2008, 2011, 2013 und eben 2014 lief ein Läufer in der Hauptstadt so schnell wie noch keiner zuvor. Die Strecke gilt im Vergleich zu anderen großen Stadtmarathons als ideal, flach, keine Anstiege über Brücken wie in New York oder eine insgesamt abschüssige und damit Nicht-Weltrekord-fähige Strecke wie in Boston. Die Bedingungen sollen ideal werden. Neben den Afrikanern versuchen die deutsche Athleten, die Olymianorm für Rio zu laufen. Auf diese Athleten sollte man am Sonntag ab 9 Uhr achten.

Eliud Kipchoge

Manche sagen, er sei im Moment der beste Marathon-Läufer der Welt. Obwohl seine Bestzeit im Vergleich zu den anderen Favoriten mit 2:04:05 Stunden fast schon langsam ist, geht der Kenianer als Favorit auf die Runde in der Hauptstadt. Im April gewann er den London-Marathon in starken 2:04:42 Stunden, und im Vergleich zu seinen Konkurrenten hat der 30-Jährige sehr schnelle Zeiten auf den kürzeren Distanzen vorzuweisen, etwa 26:49 Minuten über 10 000 Meter. Weil er erst seit 2013 auf die Marathon-Strecke gewechselt ist, glauben einige Experten, dass er noch Steigerungspotenzial hat. Angehen will er den Halbmarathon in 61:30 Minuten. Das ist Weltrekordkurs.

Emmanuel Mutai

Der 30-jährige Kenianer lief schon einmal Weltrekord - und wurde Zweiter. Vergangenes Jahr in Berlin hat er dieses Kunststück geschafft, in 2:03:13 Stunden der schnellste Marathon-Zweite aller Zeiten zu werden. Es passte zu Mutai, der immer ein bisschen als ewiger Zweiter galt. Vor sechs Jahren bekam er ebenfalls das Kunststück hin, in Berlin, London und New York jeweils knapp hinter dem Sieger ins Ziel zu kommen. Erst 2011 gelang ihm ein Sieg beim London-Marathon - um dann wieder in kurzer Zeit in London, Chicago und eben vergangenes Jahr in Berlin Zweiter zu werden. Zum Rennen sagt er nur, er habe sich "gut vorbereitet" und er werde "jedes Ergebnis akzeptieren." Er ist der Trainingspartner von Eliud Kipchoge.

Geoffrey Mutai

Nicht verwandt oder verschwägert mit Emmanuel Mutai - aber genauso schnell. Seine Bestzeit von 2:03:02 Stunden wäre nur fünf Sekunden über dem Weltrekord, zählt aber nicht, weil der Kenianer sie auf der insgesamt abschüssigen Strecke in Boston gelaufen ist. Er ist das älteste von neun Kindern und begann mit zwölf Jahren mit dem Laufsport. Weil er davon zunächst nicht leben konnte, arbeitete er für die Elektrizitätswerke. Als er die Arbeit mit 23 wieder verlor, entdeckte ihn der bekannte holländische Manager Gerard van de Veen bei einem Marathon im kenianischen Eldoret wieder.

Falk Cierpinski, Julian Flügel und Philipp Pflieger

Die drei deutschen Athleten haben im Prinzip ein gemeinsames Ziel: Die Olympianorm für Rio de Janeiro. Die liegt bei 2:12:15 Stunden und auf der Pressekonferenz haben sie angekündigt, sich dabei gegenseitig unterstützen zu wollen. Denn so schnell lief noch keiner der Drei. Cierpinski ist der Älteste des Trios und hat nicht nur die meiste Erfahrung, sondern auch die beste Zeit stehen (2:13:30 Stunden in Berlin 2008). Flügel hat bisher erst drei Marathons beendet, alle um die 2:15 Stunden. Pflieger kam bei seiner Marathon-Premiere in Frankfurt im vergangenen Jahr nicht ins Ziel. "Wir müssen trotzdem versuchen, die Norm anzugreifen. Auch, wenn wir es vielleicht nicht packen", sagt er.

Gladys Cherono

Die Kenianerin hat erst einen einzigen Marathon in den Beinen, aber den lief sie in diesem Jahr in Dubai und zwar in 2:20:03, das drittschnellste Marathon-Debüt aller Zeiten. Die 32-Jährige ist Halbmarathon-Weltmeisterin und stellte in diesem Jahr neben dem Marathon auch noch persönliche Bestzeiten über 21,1 und über 10 Kilometer auf.

Aberu Kebede

Wegen der starken Leistungen von Cherono ist Kebede ausnahmsweise nicht Favoritin auf den Sieg bei den Frauen, obwohl die Äthiopierin in Berlin schon zweimal gewonnen hat (2010 und 2012). Im Vergleich zu ihrer Konkurrentin hat sie aber sehr viel mehr Erfahrung auf den 42,195 Kilometern, sie kennt die Strecke und obwohl ihre Bestzeit von Boston in diesem Jahr sechs Minuten langsamer ist als ihre Konkurrentin, ist sie auf keinen Fall chancenlos.

Anna Hahner

Der eine Teil des Zwillings-Duos Anna und Lisa Hahner hat genau das gleiche Ziel wie die deutschen Männer: die Olympianorm knacken. Dafür muss sie 2:28:30 Stunden laufen und hat im Vergleich zum männlichen Trio den Vorteil, dass sie da schonmal drunter geblieben ist: in Berlin im vergangen Jahr (2:26:44 Stunden). Ihre Schwester Lisa will die Norm in Frankfurt knacken, am Sonntag fährt sie auf dem Fahrrad neben ihrer Schwester her und reicht ihr die Wasserflaschen.

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