Darts:Suche nach einem lokalen Helden

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Der niederländische Weltranglistenerste Michael van Gerwen ist der bekannteste Teilnehmer in Unterschleißheim. (Foto: Michael Bradley/Getty Images)

Beim German Darts Master zeigt sich, dass der Sport auch in Deutschland immer beliebter wird.

Von Patrick Reichardt

Mit gelungener Inszenierung kannte sich Werner von Moltke schon immer gut aus, davon zeugt eine nette Anekdote. Als er 2008 die Darts-EM in Frankfurt organisierte, fanden sich am ersten Wettkampftag nur 20 zahlende Zuschauer ein. Die Veranstalter hatten ohnehin keine große Halle gebucht, nun mussten sie aber am Südbahnhof 20 weitere Menschen mit Freibier anlocken. Die insgesamt 40 Zuschauer setzten sie so an die Bänke, dass das internationale Fernsehbild ein Bild von vollen Tischen und überbordender Begeisterung zeigen konnte. Die Aufnahmen der Professional Darts Corporation (PDC) sind noch heute im Netz zu finden.

Auf vorbestimmte Kamerawinkel und Gerstensäfte zum Nulltarif kann von Moltke mit seinem Organisationsteam am Osterwochenende getrost verzichten. Für das German Darts Masters, das vom Karsamstag bis zum Ostermontag im Ballhausforum in Unterschleißheim veranstaltet wird, sind die insgesamt 12 000 Karten vergriffen. Selbst am Samstagnachmittag, wenn die Größen der Darts-Szene noch nicht in das Geschehen eingreifen, wird die Halle voll sein. "Ich würde mir wünschen, wir hätten noch 1000 Plätze mehr", sagt von Moltke.

Dass die Nachfrage und der Andrang so groß sind, überrascht von Moltke allerdings nicht: "Bei uns ist es so, wie die Fans es im Fernsehen beobachten. Die Leute kommen verkleidet, sie singen, lachen und wollen einfach eine gute Zeit haben."

Phil Taylor fehlt - der Brite scheiterte an der Qualifikation

Ein wesentlicher Grund für diese Entwicklung ist neben der im vergangenen Jahr gesäten Begeisterung auch das stark besetzte Teilnehmerfeld. Mit dem Weltranglistenersten Michael van Gerwen und Weltmeister Gary Anderson führen zwei absolute Größen des Sports das Feld an. Aus der Weltelite fehlen lediglich der 16-malige Weltmeister Phil Taylor aus England sowie sein niederländischer Dauerrivale Raymond van Barneveld. Die beiden lassen das Masters von München aber nicht aus, sie konnten sich in der dafür verwendeten Rangliste schlicht nicht für das Turnier qualifizieren. "Es ist ein sehr gutes Teilnehmerfeld, sogar noch einen Ticken besser als im vergangenen Jahr", sagt von Moltke, der von München aus die PDC Europe steuert.

Für das Heimspiel am Osterwochenende hat sich der Verband ein paar Spezialeinlagen einfallen lassen. Die Walk-on-Girls, die die Spieler auf dem Weg an die Scheibe begleiten, präsentieren sich ganz traditionell im Dirndl, der sogenannte Caller schreit die Punktestände im Finale in einer Lederhose in Richtung der Fans. "Für uns ist das ein emotionales Wochenende, weil es unser Heimspiel ist. Die Halle ist komplett voll und die Stimmung sehr gut", betont von Moltke. Auch die Geburtsstunde hatte die PDC Europe in München: Damals, im April 2006, gab es einen Schauwettkampf mit Rekord-Weltmeister Taylor. Das Treffen mit "The Power" organisierte von Moltke innerhalb von acht Wochen, "ohne vorher groß Ahnung davon zu haben", erzählt er.

Dass der Sport einmal solche Erfolge feiern würde, damit hatte der Initiator in Deutschland selbst nicht gerechnet. "Das Fernsehen ist immer die Lokomotive. Das hat die Leute begeistert, auch mal live dabei zu sein", sagt von Moltke. Der Sender "Sport1" erzielt mit seinen Übertragungen der WM um die Weihnachtszeit Quoten von bis zu zwei Millionen Zuschauern. Was hierzulande allerdings fehlt, ist ein lokaler Held. "Wir erhoffen uns den Durchbruch eines deutschen Spielers", sagt von Moltke. Bisher habe man es zwar ohne einen Spitzenakteur geschafft, die Begeisterung zu steigern. Doch in anderen Nationen ist diese durch einen nationalen Helden in eine andere Dimension gestiegen. "In den Niederlanden war Darts groß, aber als es ein landesinternes Duell im WM-Finale gab, hatten sie einen Marktanteil von 45 Prozent", erzählt von Moltke. Wenn er sich also für das Turnier in München eine Überschrift wünschen könnte, er würde diese wählen: "Sensation: Der 19 Jahre alte Max Hopp gewinnt das Finale gegen van Gerwen mit einem Durchschnitt von 135 Punkten." Hopp gilt als größtes deutsches Talent - und doch klingt dieser Traum in etwa so realistisch, als würde 100-Meter-Sprinter Julian Reus in unter 9,5 Sekunden Weltmeister werden.

© SZ vom 26.03.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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