Comeback des Sauber-Piloten im nächsten Rennen?:Wehrleins Wirbel

Formel 1 - Großer Preis von Australien

Medizinisch fahrtauglich, dennoch ist unklar, wann Pascal Wehrlein wieder im Auto sitzt.

(Foto: Hasan Bratic/dpa)

Die erneute Start-Absage von Mercedes-Leihgabe Pascal Wehrlein im Sauber sorgt für "Verschwörungstheorien". Toto Wolff erklärt erstmals, wie schwer der Pilot verletzt war.

Von Elmar Brümmer, Shanghai

Ein Rennfahrer, für den es um seine Karriere geht und der zugibt, nicht fit zu sein und nicht mal versucht, ins Rennen zu gehen? Im Verdrängungswettbewerb Formel 1 gilt so etwas als naiv, bestenfalls.

Da kann sein Manager noch so sehr loben, wie vernünftig die Entscheidung war, kann die Teamchefin noch so oft betonen, wie sehr der Rennstall dieses Verantwortungsbewusstsein schätze. Nach Pascal Wehrleins Verzicht auf das Auftaktrennen in Australien wurde in der PS-Branche schon getuschelt, was denn da wirklich los sei mit dem 22-Jährigen aus Sigmaringen. Geht es für ihn doch um seine zweite und wohl auch letzte Chance, sich in der Königsklasse zu etablieren. Nachdem der ehemalige DTM-Champion dann auch noch seinen Start beim Großen Preis von China abgesagt hatte, diesmal nicht über Nacht, sondern mit fünf Tagen Vorlauf, wurde im Fahrerlager offen kolportiert, dass sich da wohl eine Karriere zu Ende neige, bevor diese richtig begonnen habe.

Wolffs ungewöhnliche Offensive nach langem Schweigen

Mercedes-Sportchef Toto Wolff, der die Ausleihe Wehrleins für 2017 zum Schweizer Sauber-Team ermöglicht hatte, nachdem der Konzern-Junior als Ersatz für Nico Rosberg im Werksteam nicht in Frage kam, lenkt weiterhin die Geschicke Wehrleins. Der Österreicher hat ein sehr feines Gespür für die Strömungen in der Formel 1. Für Wolff war es in Shanghai an der Zeit, endlich Klartext über den Mann im Wartestand zu reden. Wehrlein hatte sich bekanntlich beim nur vom Namen her bedeutenden "Race of Champions" im Januar in Miami verletzt, und zwar schwer. Das wollte bislang nur keiner offen zugeben, ehe Wolff das Schweigen brach, um seinen Fahrer zu schützen: "Pascal hat sich bei dem Unfall Wirbel im Halswirbelbereich gestaucht und gebrochen. Er hat Glück gehabt, dass es nicht zu einer weitreichenderen Verletzung gekommen ist."

Wolffs ungewöhnliche Offensive, nachdem das Sauber-Team aus durchaus nachvollziehbaren Gründen weiter gemauert hatte, und das Pochen auf den Vertrag hat auch damit zu tun, dass er Wehrlein nicht weiter beschädigen lassen will. Denn schon hieß es, Wehrlein scheue den Vergleich mit dem schwedischen Stammpiloten Marcus Ericsson und dem italienischen Ersatzmann Antonio Giovinazzi. Wolff sprach davon, dass "Verschwörungstheorien aufgekommen" seien und die Rede davon gewesen sei, Wehrlein sei "eine Prinzessin, die nicht im Auto sitzen will. All das ist nicht der Fall. Es war eine sehr schwerwiegende Verletzung, die wir eigentlich nicht breittreten wollten. Aber jetzt ist die Zeit, es zu sagen - damit die Leute Ruhe geben." Und so berichtete er, dass sich Wehrlein viele Wochen lang "kaum habe rühren können" und lange Zeit in einem Korsett verbringen musste: "Über diese Zeit hat er nicht trainieren können. Und die Kraft ist ihm ausgegangen."

In Bahrain soll Wehrlein nun Ferrari-Leihgabe Giovinazzi verdrängen

Sauber-Teamchefin Monisha Kaltenborn vermochte in der offiziellen Talkrunde der Teamchefs am Shanghai International Circuit nicht mehr zu sagen, als dass Wehrlein medizinisch gesehen fahrtauglich sei. Dieser wolle aber erst zu 100 Prozent seine Fitness zurückerlangen und man könne daher nicht sagen, wann er endlich im Auto sitze.

Für eine exakte Prognose fühlte sich dann wiederum Toto Wolff zuständig. Er versicherte explizit, dass Pascal Wehrlein beim dritten WM-Lauf am Osterwochenende in Bahrain im Sauber-Ferrari sitzen werde: "Er wird zurückkommen und zeigen, dass er gegenüber Giovinazzi noch eins drauflegen kann."

Antonio Giovinazzi, der trotz seines Unfalls im zweiten Qualifikationsabschnitt in der Quali am Samstag in Shanghai einen erstaunlich starken Eindruck für einen Novizen machte, gehört zum Nachwuchs-Fahrerkader von Ferrari, dem bisherigen Sauber-Motorenlieferanten. Bei einem dritten Einsatz in einem Grand Prix wäre der 23-Jährige laut Reglement für weitere Junioren-Testfahrten während der Saison nicht mehr zugelassen - deshalb hatte es auch bei der Scuderia noch keine einheitliche Meinung gegeben, wo das Talent mehr Erfahrung sammeln könnte: weiterhin als dritter Mann bei Ferrari oder doch bei Sauber als Aushilfe, vielleicht sogar auf Dauer.

Monisha Kaltenborn kennt die Vertragslage besser als jede andere, und sie ist in dieser Hinsicht ein gebranntes Kind. Wenn Mercedes darauf besteht, dass Wehrlein für die Schweizer fährt, dann wird er fahren. "Pascal ist unser zweiter Fahrer, und er bleibt das auch", sagt die Managerin.

Einfacher ist es für den dritten Deutschen im Formel-1-Feld dieser Saison damit nicht geworden. Wehrlein wird sein Trainingsprogramm noch steigern in den nächsten Tagen.

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