Christoph Daum:"Er vertraute sich mir an"

Fenerbahce-Trainer Christoph Daum berichtet, wie der depressive Robert Enke 2003 Hilfe suchte und warum der Torwart Istanbul verließ.

Fußball-Trainer Christoph Daum vom türkischen Spitzenclub Fenerbahce Istanbul hat nach eigenen Angaben seit 2003 von Robert Enkes Depressionen gewusst. "Ja. Er war gerade zwei Wochen bei uns, da kam er in mein Büro und vertraute sich mir an", sagte Daum in einem Interview mit der Zeitung Express. Er habe dem Torhüter, den er als damaliger Fenerbahce-Coach vom FC Barcelona ausgeliehen hatte, jegliche Hilfe und Unterstützung zugesagt, berichtete Daum.

Christoph Daum: Christoph Daum, heute wie 2003 Trainer von Fenerbahce Istanbul.

Christoph Daum, heute wie 2003 Trainer von Fenerbahce Istanbul.

(Foto: Foto: Reuters)

"Ich habe ihm gesagt: Ich helfe dir, wo ich kann, weil ich absolut überzeugt von dir bin." Der 56-Jährige erklärte, er habe Enke einen Experten aus Köln empfohlen. So kam Enke zum Facharzt für Psychiatrie, Valentin Markser, bei dem er bis zu seinem Selbstmord am Dienstagabend in Behandlung war.

Daum trat der Ansicht, Enke sei als Torhüter seinerzeit in Istanbul gescheitert, energisch entgegen. "Quatsch. Im ersten Spiel haben wir mit Robert 0:3 verloren. Ich habe zu ihm gesagt: Robert, du bist ein großartiger Torwart. Du bist ein toller Mensch. Wir wollten, dass er bei uns bleibt." Dennoch löste Enke seinen Vertrag in Istanbul auf, nachdem er bei seinem ersten Auftritt von den eigenen Fans beschimpft und mit Gegenständen beworfen worden war.

Daum deutete an, dass sein Schützling damals vor dem Karriere-Ende gestanden habe. "Er hat mir etwas gesagt, das ich nie verraten werde. Darüber haben wir Stillschweigen vereinbart. Als er uns verließ, war ich sicher, dass er seine Karriere beendet", sagte Daum: "Ich war dann total überrascht, als er in Teneriffa unterschrieb." Kurz darauf landete Enke bei Hannover 96.

Er habe Enkes Witwe Teresa auf die Probleme hingewiesen, erklärte Daum. "Sie war glücklich, als ich Ihr sagte: Ich bin von Robert absolut überzeugt. Aber er braucht Hilfe." Enke habe schwere Psychopharmaka nehmen müssen.

Daum, der nach seinem Engagement beim 1. FC Köln in diesem Sommer wieder zum türkischen Rekordmeister Fenerbahce zurückkehrte, sprach sich vehement dafür aus, mit psychischen Erkrankungen viel offener umzugehen. Depressionen seien "keine Kopfschmerzen", sondern "eine schwere Krankheit, die leider von der Gesellschaft tabuisiert wird. Da heißt es schnell: Mensch, was ist das für ein Weichei."

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