Christian Heidel:Schalker Neubeginn mit frechem Mundwerk

Schalke stellt Heidel vor

Dienstantritt beim FC Schalke: Christian Heidel

(Foto: dpa)
  • Bei seinem Dienstantritt auf Schalke verblüfft der neue Manager Christian Heidel mit seinem losem Mundwerk.
  • Markus Weinzierl bleibt sein Wunschkandidat als Trainer.
  • Schalke-Boss Clemens Tönniers kündigt an, sich aus dem Tagesgeschäft zurückziehen zu wollen.

Von Ulrich Hartmann, Gelsenkirchen

Dem Schalker Fußballboss Clemens Tönnies müsste am Mittwoch der Atem gestockt haben. Da hatte der Aufsichtsratsvorsitzende seinen neuen Sportdirektor Christian Heidel in den Raum 'Libuda' in der Schalker Arena eingeladen, um ihn der Öffentlichkeit zu präsentieren, und dann vernahm er aus dem Munde des 52-jährigen Mainzers allerhand kleine Provokationen, die sich noch kein Schalker Manager bei seiner Präsentation hat sagen trauen.

Heidel sprach vom FC Schalke 04 als einem "schwierigen Verein", einem "unruhigen Klub", in dem nicht immer alle "an einem Strang gezogen" hätten. Tönnies blickte tapfer. Heidel aber machte damit deutlich, dass er den Klub emotional zu verändern gedenkt. Nach dem Blitzlichtgewitter der Fotografen hallte sein Donnergrollen nach. Tönnies widersetzte sich nur milde: "Christian Heidel darf Schalke erklären, wie er will - bloß schlechtmachen darf er Schalke nicht."

18 Jahre Rudi Assauer

Die Manager des FC Schalke 04 seit 1981

Rudi Assauer Mai 1981 - Dezember 1986

Rolf Rüssmann Februar 1987 - August 1987

Helmut Kremers April 1989 - Juli 1991

Günter Netzer August 1991 - April 1992

Helmut Kremers Juli 1992 - Oktober 1992

Helmut Kremers Januar 1993 - März 1993

Rudi Assauer April 1993 - Mai 2006

Andreas Müller Mai 2006 - März 2009

Felix Magath Juli 2009 - März 2011

Horst Heldt März 2011 - Mai 2016

Christian Heidel seit dem 16. Mai 2016

Der Fußballmanager Heidel weiß recht gut, was ihn auf Schalke erwartet. Genau damit begründet er ja, warum er mit seinen bald 53 Jahren freiwillig aus dem beschaulichen Mainz ins wilde Gelsenkirchen wechselt. "Etwas Langweiliges interessiert mich gar nicht - ich finde Schalke total spannend." Von den Wänden lächelte von Schwarz-Weiß-Fotos Schalkes Legende Stan Libuda dazu. Aus großer Tradition erwuchs in Gelsenkirchen immer wieder Unruhe. "Mein Ziel ist, dass wieder alle stolz auf diesen Verein sind und dass niemand mehr glaubt, beschämt über Schalke lachen zu müssen", erklärte Heidel. Er habe in Mainz "den vielleicht sichersten Job der Welt" aufgegeben, um etwas Spannendes zu machen.

Nach der zunächst vorrangigen Suche nach einem Trainer wird es für Heidel im Sommer vielleicht gleich noch einmal spannend, sollte nämlich Tönnies am 26. Juni von der Mitgliederversammlung nicht wiedergewählt werden. Der Vereinsboss in Gefahr, und ein neuer Trainer noch nicht da - Heidels Amtszeit geht gut los. "Ich bitte in der Trainerfrage um Geduld", sagte Heidel und erweckte nicht den Eindruck, als könne er Widerstände beim Liga-Konkurrenten FC Augsburg schnell aufweichen.

Markus Weinzierl ist Heidels Wunschtrainer

Markus Weinzierl ist Heidels Wunschtrainer, aber weil vertraglich das letzte Wort beim FC Augsburg liegt, legt Heidel sich nicht fest. "Ich würde meinen Job nicht gut machen, wenn ich mich nur auf eine Lösung konzentrieren würde", sagt er, "insofern gibt es verschiedene Optionen." Ob Schalke bereit ist, für Weinzierl eine Ablöse im Bereich von vier oder fünf Millionen Euro zu zahlen, beantwortete Heidel zwar nicht, sagte aber: "Der Trainer ist die wichtigste Person in einem Verein." Das klang unmissverständlich so, als wollte Heidel sich seinen Wunschtrainer durchaus etwas kosten lassen. Dass André Breitenreiter nach nur einem Jahr gehen musste, erklärte Heidel mit dem Neubeginn. "Das war eine Entscheidung für den Aufbruch und nicht gegen Breitenreiter."

Heidel selbst ist über Nacht vom dienstältesten Bundesliga-Manager (24 Jahre beim 1. FSV Mainz 05) zum dienstjüngsten geworden (zwei Tage bei Schalke 04). Den Wechsel begründete Heidel auch mit dem Tod eines Freundes. Im Januar 2015 sei während der Trauerfeier sein Entschluss gereift, etwas Neues machen zu wollen. Und so sei er zu Wochenbeginn "traurig in Mainz losgefahren, aber mit Freude in Gelsenkirchen angekommen". Hier hat er das Büro seines Vorgängers Horst Heldt bezogen. Es ist dasselbe Büro, das einst Rudi Assauer mit Zigarrenrauch eingenebelt hat. Von hier überblickt man das Trainingsgelände, auf dem sich fast täglich die Fußballer und viele Hundert Fans begegnen.

"Ich werde mich aus dem Tagesgeschäft zurückziehen"

"Im Fußball kommt es auf drei Dinge an", findet Heidel: "Auf sportlichen Erfolg, auf wirtschaftlichen Erfolg - und dass der Verein vielen Menschen sehr wichtig ist." Um dies in Gelsenkirchen wieder zu erreichen, "will ich nicht nur der klassische Sportdirektor sein, sondern auch über den Tellerrand des Transfergeschäfts hinausschauen". Der umstrittene Vereinsboss Tönnies sieht in Heidels Verpflichtung derweil auch die Möglichkeit, sich selbst aus der Schusslinie zu halten - und aufgebrachte Fans zu beruhigen. "Ich werde mich aus dem Tagesgeschäft zurückziehen", kündigte Clemens Tönnies an, "Christian Heidel ist der neue starke Mann auf Schalke, er bekommt Rückendeckung für eine Neuausrichtung."

Für Tönnies ist es allerdings der wiederholte Neubeginn. Drei Finger hob er grinsend in die Luft, als er gefragt wurde, wie oft er diesen Neuanfang schon ausgerufen habe. "In den letzten Jahren haben wir unsere Verschuldung gesenkt, jetzt wollen wir sportlich wieder vorankommen." Wann Schalke unter den besten drei deutschen Klubs auftauche, wurde Clemens Tönnies abschließend gefragt. Aber da hatte er das Ruder bereits weitergegeben. "Das muss jetzt Christian Heidel beantworten."

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