Chinese beim VfL Wolfsburg:Schnupperkurs für Xizhe Zhang

Der VfL Wolfsburg benötigt keine neuen Spieler, sagt Trainer Dieter Hecking. Trotzdem stellt der Klub am Dienstag den chinesischen Mittelfeldmann Xizhe Zhang vor. Der Imagegewinn in Asien dürfte beträchtlich sein.

Von Sebastian Fischer, Wolfsburg

Am Dienstagmorgen expandiert der Volkswagen-Konzern in China, auf einem der begehrtesten Wachstumsmärkte der Welt. Es geht jedoch nicht um die geplante Sonderlinie Billigautos, sondern um Fußball, das wichtigste Imageprodukt am heimischen Standort. Am Montag bereits hat Bundesligist und VW-Tochter VfL Wolfsburg seine Website vorausschauend ins Chinesische übersetzt, am Dienstagvormittag stellte er seine jüngste Neuverpflichtung vor: Xizhe Zhang, 23, aus China.

"Pustekuchen!", hat Wolfsburgs Trainer Dieter Hecking am Sonntag gerufen. Es ging nach dem Spiel des VfL gegen den SC Paderborn um Zhang. "Der Chinese", sagte Hecking - "den Namen kann ich noch nicht richtig aussprechen, verzeihen Sie bitte" - sei "kein Werbegag". Mittelfeldspieler Zhang, zuletzt in Chinas erster Liga mit sechs Toren in 29 Spielen für Beijing Guoan aufgefallen, beherrsche das Spiel auf allen Positionen hinter der Spitze und verfüge über gutes Spielverständnis und Tempo. "Sonst", sagte Hecking, "hätten wir das doch nicht gemacht".

Was Hecking da sagte, war allerdings kurios, vor dem Hintergrund seiner vorangegangen Worte. Er hatte wenige Sekunden zuvor überzeugend begründet, dass seine Mannschaft neue Spieler zurzeit überhaupt gar nicht gebrauchen könne. Das Team sei homogen, jeder Neue bedeute eine unnötige Verschiebung im Kader. Er werde deshalb gewiss keine Transfers von Manager Klaus Allofs fordern. Xizhe Zhang ist nun trotzdem da.

Der VfL Wolfsburg hat derzeit ja eigentlich keine Probleme. Er ist Tabellenzweiter hinter dem FC Bayern, hat die Gruppenphase in der Europa League überstanden und beides zu Recht, dank starker Leistungen. Der VfL Wolfsburg hat derzeit nur ein paar Problemchen. Seine Personalpolitik erklären zu müssen zum Beispiel. Oder, wie am Montag ausgelost, in Sporting Lissabon auf einen starken Gegner in der Europa League zu treffen. Oder, deshalb spielte der VfL am Sonntag nur 1:1 trotz drückender Dominanz: die fehlende Treffsicherheit seiner Stürmer.

Drei Kandidaten für die Position in vorderster Spitze seines 4-2-3-1-Systems stehen Hecking zur Verfügung: Ivica Olic, Nicklas Bendtner und Bas Dost. Der Kroate Olic, 35, ist mit fünf Treffern Wolfsburgs bester Torschütze. Außerdem kann er schneller und ausdauernder laufen als mancher Leichtathlet und hat einen stählernen Körper wie ein Superheld. Sein Problem: Er ist schon 35, und Spiele im Dreitagesrhythmus machen ihm zu schaffen.

Der Weggang von Dost ist im Winter denkbar

Der Däne Bendtner, 26, hat ein legendäres Selbstvertrauen, auch wie ein Superheld. Sein Problem: Er spielt selten wie einer. Im Wolfsburger Kombinationsspiel wirkt der Sommer-Zugang oft verloren, am Sonntag kam er nur am Schluss zum Einsatz. Es habe keinen Grund gegeben, ihn früher einzuwechseln, sagte Allofs: "Wir wollten keine hohen Bälle nach vorne schlagen."

Und dann ist da noch der Niederländer Dost, 25, der am Sonntag 85 Minuten lang spielte. Dann wurde er für Bendtner ausgewechselt, trat zuerst nach einer Tasche, dann nach einer Getränkeflasche und war ziemlich wütend. Er hatte ein Tor geschossen, das ihm Schiedsrichter Manuel Gräfe wegen eines vermeintlichen Foulspiels aberkannte. Er hätte allerdings mindestens zwei weitere schießen müssen, doch war am Paderborner Torhüter Lukas Kruse gescheitert. "Das ist einfach schlecht", sagte Dos später. Allofs und Hecking lobten ihn zwar für seine aufopferungsvolle Leistung. Sein Weggang im Winter, oder der von Bendtner, ist dennoch denkbar.

Manager Allofs wollte über Transfers am Sonntag nicht sprechen, er hatte nämlich ein anderes Problemchen ausfindig gemacht: das Wolfsburger Stadion, genauer die Wirkung, die es angeblich auf Schiedsrichter hat. "Klares Foul", sagte er über eine strittige Szene in der zweiten Halbzeit, in der Dost im Paderborner Strafraum zu Boden gegangen war, und zürnte: In der Arena des FC Bayern würde Gräfe bestimmt anders pfeifen.

"Er soll mal reinschnuppern"

Xizhe Zhang hat es am Sonntag trotzdem gefallen im Wolfsburger Stadion. Er lächelte, klatschte, fotografierte mit seinem Smartphone. Tore wird allerdings auch er demnächst wohl noch nicht schießen. "Er soll mal reinschnuppern", sagte Hecking über die Rolle des Zugangs. Das Schnuppern lässt sich der VfL kolportierte 750 000 Euro kosten, die sich aber schnell rechnen werden: Bereits am Sonntag sahen knapp 20 Millionen Chinesen am Fernseher zu.

Dass der Transfer dem VfL Wolfsburg in China zu einem rasanten Imagegewinn verhilft? Sehr wahrscheinlich. Dass er in Deutschland, wo zuletzt argwöhnisch kommentiert wurde, dass die Uefa nachforscht, ob VW und VfL womöglich gegen Financial Fairplay verstoßen, zu einem Imageverlust führen könnte? Wahrscheinlich Pustekuchen.

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