Champions League:Wolfsburg zittert trotz Draxlers Doppelpack

KAA Gent - VfL Wolfsburg

Doppeltorschütze: Wolfsburg Julian Draxler lässt sich feiern.

(Foto: dpa)

Julian Draxler atmete schwer, sein Brustkorb bebte, er lächelte kaum. Es war noch nicht der geeignete Zeitpunkt für ausgelassene Freude, und außerdem war Draxler gerade 50 Meter gesprintet. Am Ende dieses Sprints hatte Draxler den VfL Wolfsburg im Achtelfinale der Champions League bei KAA Gent zwar mit 1:0 in Führung gebracht, doch mit extravagantem Jubel sind sie beim Achten der Bundesligatabelle vorsichtig geworden. Draxlers Lächeln wurde im Laufe des Abends breiter, doch so richtig zufrieden sah es am Ende dann auch wieder nicht aus.

Der VfL Wolfsburg schlug Gent 3:2 (1:0). Draxler, 22, steht ja sowohl für Potenzial und Probleme des VfL Wolfsburg in dieser Saison. Der Sommer-Zugang vom FC Schalke 04 ist ein unbestritten fähiger Fußballer, nur er fiel bislang eher mit Fitnessproblemen auf als mit Toren oder Vorlagen. Am Mittwochabend war beides zu sehen im Wolfsburger Spiel: Potenzial und Probleme. Draxler traf zweimal, Max Kruse einmal - doch weil in der Schlussphase die Abwehr unerklärlich nachließ, reichte es nicht ganz für die optimale Ausgangsposition im Rückspiel. "Wir haben einfach den Faden verloren", sagte Draxler.

Und Trainer Dieter Hecking sprach von einem 80 Minuten währenden "Super-Vortrag - und dann haben wir eine glänzende Ausgangsposition verspielt." Sein versöhnliches Fazit: "Wir sollten auch die 80 Minuten mit nach Wolfsburg nehmen."

Stürmer Nicklas Bendtner spielt keine Rolle mehr

Hecking hatte mit seiner Aufstellung überrascht. Neben den erwarteten Umstellungen - Koen Casteels ersetzte den angeschlagenen Diego Benaglio im Tor, Robin Knoche und Dante bildeten erstmals die Innenverteidigung - setzte der VfL-Trainer Nationalspieler André Schürrle zunächst auf die Bank, trotz Wolfsburgs ohnehin dezimierter Offensive. Bas Dost und Daniel Caligiuri sind verletzt, Stürmer Nicklas Bendtner spielt keine Rolle mehr. Draxler rückte nach links auf Schürrles Position, Maximilian Arnold wirkte im zentralen Mittelfeld.

Schürrle kam erst für den am Knie verletzten Sebastian Jung. Die Wolfsburger setzten die Abwehr des belgischen Meisters mit Diagonalpässen ins Angriffsdrittel unter Druck, ein geeignetes Stilmittel. Denn Gent verteidigt mit einer dicht gestaffelten Dreierkette. Draxler war auf der linken Seite Wolfsburgs auffälligster Spieler.

Nach 43 Minuten drehte er sich an der Mittellinie elegant um seinen Gegenspieler, sprintete zum Tor und drückte den Ball nach Doppelpass mit Vieirinha zum 1:0 in die rechte Ecke. So ein Abend habe ja etwas Magisches, hatte Hecking vor dem Spiel gesagt, "aber wir müssen nicht Harry Potter dabei haben, um das zu lösen." Ein Julian Draxler reichte.

Der Hexenkessel wird laut

Nach 54 Minuten folgte der nächste Zaubertrick. Der Nationalspieler nahm einen Fehlpass auf, tunnelte Gents Stefan Mitrovic und lupfte den Ball über Torhüter Matz Sels ins Netz. Sechs Minuten später erhöhte Max Kruse auf 3:0. Gent war bis dahin ein dankbarer Gegner. Kompaktheit, aggressives Verteidigen nach Ballverlust, schnelle Gegenangriffe - das sind die Stärken der Mannschaft von Trainer Hein Vanhaezebrouck.

Und vorne ist Stoßstürmer Laurent Depoitre gefährlich . Er wird wohl im Sommer in die Premier League wechseln, es sollen auch Späher von Borussia Mönchengladbach und Borussia Dortmund im Stadion gewesen sein. Bis zu seiner Auswechslung nach 80 Minuten wurde er von Dante kontrolliert. Und dann, plötzlich, wurde der "Hexenkessel" im Gewerbegebiet Gent-Süd, vor dem Wolfsburgs Trainer Dieter Hecking gewarnt hatte, doch noch einmal laut.

Der Anschlusstreffer durch Sven Kums (80.) war vermeidbar. Dann musste Casteels zwei Distanzschüsse unter großen Kraftanstrengungen abwehren, Wolfsburgs Sicherheit war wie weggewischt. Eine Minute vor Schluss stand Kalifa Coulibaly im Strafraum frei, hielt seinen Kopf in eine Flanke und traf zum 2:3. Die Entscheidung war vertagt.

KAA Gent, der große Außenseiter im Achtelfinale der Königsklasse, hatte in der Gruppenphase immerhin den FC Valencia und Olympique Lyon aus dem Wettbewerb geschoben. Hecking wirkte 80 Minuten lang wie erlöst, "das sollte die Brust größer werden lassen", sagte er. Auch Manager Klaus Allofs lobte die Leistung der Mannschaft. Aber es blieb der Eindruck der letzten zehn Minuten haften. "Man muss eben 90 Minuten spielen", sagte er. Von einer "Wende" wollte auch Hecking lieber nicht sprechen. Es ist eben nicht die Zeit für große Freude beim VfL Wolfsburg.

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