Champions League:Vor Renato Sanches muss sich der FC Bayern fürchten

FC Bayern Muenchen  v  SL Benfica - UEFA Champions League Quarter Final: First Leg

"Eines kann ich sagen: Er hat eine glorreiche Karriere vor sich": Trainer Rui Vitoria über Renato Sanches, hier im Hinspiel beim FC Bayern.

(Foto: Bongarts/Getty Images)
  • Der Portugiese Renato Sanches von Benfica Lissabon wird im Champions-League-Viertelfinale seinen Marktwert weiter steigern.
  • Seitdem der Mittelfeldspieler zum Stammpersonal gehört, haben die Portugiesen 20 von 22 Spielen gewonnen.
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Von Thomas Hummel, Lissabon

In München gab es diesen Zweikampf. Douglas Costa bemühte sich um den Ball gegen Renato Sanches, der Brasilianer mit den Oberschenkeln aus Stahl und dem enormen Antritt gegen den 18-jährigen Portugiesen. Costa wuselte und hüpfte und drängelte - und hatte doch keine Chance. Am Ende fiel er fast tölpelhaft auf den Rücken von Renato Sanches und musste sich für das Foul entschuldigen.

Es war eine Szene, die viel über Renato Sanches erzählt. Seinen Behauptungswillen, seine Respektlosigkeit vor großen Namen, seine Kraft und Geschicklichkeit. Der junge Mann von Benfica Lissabon ist das neue Top-Spekulationsobjekt in einem entfesselten Fußballmarkt. Und wenn nicht alles täuscht, wird dieses Champions-League-Viertelfinale gegen den FC Bayern die gehandelten Summen um den Mittelfeldspieler noch unfassbarer machen als sie ohnehin schon sind.

Nicht einmal fünf Monate ist es her, dass Renato Sanches sein Debüt gab in der ersten Mannschaft von Benfica, beim 2:2 in der Champions League in Astana. Doch diese kurze Zeit reichte aus, um die Fußballwelt mächtig zu beeindrucken. Der Aufstieg von Benfica nach einem schlechten Saisonstart an die Tabellenspitze der Primeira Liga und der Einzug in den Kreis der besten Acht in Europa ist eng mit seinen Leistungen verbunden. Seitdem er spielt, hat Benfica 20 von 22 Spielen gewonnen. "Renato spielt Klasse, er macht eine klasse Entwicklung", sagt sein Trainer Rui Vitoria und fügt an: "Eines kann ich sagen: Er hat eine glorreiche Karriere vor sich."

Sein Start ins Leben war wohl etwas beschwerlicher als der Beginn seiner Fußballprofi-Karriere. Geboren in eine Einwanderer-Familie im ärmlichen Lissaboner Außenbezirk Musgueira, trennten sich die Eltern bald. Renato, so berichten portugiesische Medien, wurde erst mit fünf Jahren offiziell registriert, was zu Zweifeln an seinem wahren Alter führte. Schließlich verfügt er mit seinen 18 Jahren zwar über ein jungenhaftes Gesicht, aber einen ungewöhnlich mächtigen Körperbau. Den nutzt er auf dem Platz dazu, sich immer und überall zu wehren und durchzusetzen. Ohne Angst und Scheu geht er in die Zweikämpfe, verfügt aber gleichzeitig über eine ausgefeilte Technik und Übersicht.

Diese Klubs wollen Renato Sanches verpflichten

Mit neun Jahren war er vom Stadtteilklub Aguias da Musgueira zum gar nicht weit entfernt gelegenen Jugendzentrum von Benfica gewechselt. Der Legende nach für 750 Euro Ablöse. Er hat alle Jugendteams des Klubs durchlaufen, auch alle Junioren-Nationalmannschaften des Landes. Renato Sanches ist das, was auch der FC Bayern gerne wieder häufiger hätte: ein selbst ausgebildeter Spieler mit großer Identitätswirkung auf das Umfeld. Doch während in München die Müllers und Lahms ihr ganzes Fußballerleben verbringen, weiß Benfica schon heute, dass dieser 18-Jährige morgen woanders spielen wird. Er ist einfach zu gut für den Klub.

"Ob er hier spielt im nächsten Jahr, damit beschäftigen wir uns jetzt nicht" erklärte Trainer Vitoria vielsagend. Renato Sanches hat schon einen der mächtigsten Spielerberater Europas an seiner Seite: Jorge Mendes, unter anderem mit Cristiano Ronaldo, Ángel di María, James Rodriguez oder Trainer José Mourinho im Portfolio. Benfica stattete den 18-Jährigen zwar nach nur wenigen Einsätzen mit einem neuen Vertrag bis 2021 aus, doch Mendes installierte wie üblich eine Ausstiegsklausel. Zuerst war von 45 Millionen Euro die Rede, inzwischen sollen es 80 Millionen Euro sein. Andere deuten seine Rückennummer 85 so, als koste er entsprechend viele Millionen.

Die Scouts der Großklubs Europas drängeln sich seit Wochen auf der Tribüne, wenn Renato Sanches spielt. Erster Interessent soll Manchester United sein. Erstens hat der Klub genügend Geld, zweitens muss er sein zentrales Mittelfeld dringend verjüngen. Auch der Name FC Bayern wurde schon im Reigen der Bieter genannt. Die Neigung, derart viel Geld hinzulegen, ist allerdings in München wenig ausgeprägt. Javier Martínez ist mit 40 Millionen Euro der bislang teuerste Einkauf gewesen, recht viel mehr dürfte der Klub auch künftig nicht ausgeben für einen Spieler.

An diesem Mittwoch muss sich ohnehin nicht die Kaderplanungs-Abteilung des Klubs, sondern die Mannschaft mit Renato Sanches beschäftigen. Trainer Pep Guardiola will ja um jeden Preis die Kontrolle über das Mittelfeld, will Ballbesitz und Dominanz. Genau das, was Renato Sanches auch will. Und was er meistens auch bekommt.

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