Champions-League-Sieger Barcelona:Sogar das Tornetz muss dran glauben

FC Barcelona v Juventus - UEFA Champions League Final

Gerard Piqué: Talentiert am Ball und an der Bastelschere

(Foto: Kai Pfaffenbach/Reuters)
  • Der FC Barcelona gewinnt die Champions League und zeigt im Spiel gegen Juventus Turin, wie stark er ist.
  • Die Spieler feiern ausgelassen im Berliner Olympiastadion - und nehmen den Ball und das Tornetz mit.
  • Trainer Luis Enrique lässt seine Zukunft nach Schlusspfiff offen.

Von Lisa Sonnabend

Lionel Messi stemmte den Pokal empor, Neymar und Luis Suárez hüpften um ihn herum wie kleine Kinder. Torwart Marc-André ter Stegen sang die Vereinshymne lauthals mit auf Katalanisch, die Augen weit aufgerissen. Xavi wiederum hatte sich den Ball geklaut, küsste ihn und ließ ihn nicht mehr los. Den eigenwilligsten Jubel im Berliner Olympiastadion aber zeigte Gerard Piqué.

Der FC Barcelona hatte eben das Champions-League-Finale gegen Juventus Turin gewonnen und somit das Triple perfekt gemacht. Doch Piqué feierte nicht mit den anderen, er schritt nach der Siegerehrung zum Tor. Mit einer Bastelschere schnitt er das Netz ab. Masche für Masche. Der Spanier erledigte dies mit so viel Akribie, wie er zuvor die gegnerischen Stürmer aufgehalten hatte. Minutenlang war Piqué beschäftigt, dann hängte er sich das Netz um, als wäre es ein langer Brautschleier.

Es war eine ungewöhnliche, aber auch eine ausgelassene Feier, die das Ensemble aus Barcelona am Samstagabend nach Schlusspfiff aufführte. Nach 2011 gewann der katalanische Klub wieder die Champions League und folgte damit Vorjahressieger und Erzrivale Real Madrid nach. Es war der fünfte Triumph Barças in der höchsten europäischen Spielklasse. Was ihn jedoch so besonders macht: Nach der Meisterschaft und dem Pokal ist es der dritte Titel in dieser Saison. Zum zweiten Mal nach 2009 holte der Klub das Triple.

"Tricampeones", titelte die spanische Zeitung Sport am Morgen danach ehrfurchtsvoll. Dreifache Champions. Das Sportblatt El Mundo Deportivo sprach gar von einer neuen "Hegemonie" des Klubs. 90 Minuten lang hatten die Eroberer aus Spanien den Spielern aus Turin aufgezeigt, wie aussichtslos es derzeit ist, ein Duell gegen sie zu gewinnen.

Bereits in der 4. Minute ging Barcelona durch einen Treffer von Ivan Rakitić in Führung, Andrés Iniesta hatte ihn durch eine präzise Weitergabe herrlich vorbereitet. Barcelona gelang trotz zahlreicher Chancen allerdings kein weiteres Tor und das unterlegene Juve gab nicht auf. So wurde es tatsächlich einmal kurz spannend. Alvaro Morata glich aus (55. Minute), 13 Minuten später drückte Luis Suárez allerdings einen Abpraller ins Tor und rückte die Machtverhältnisse wieder zurecht. In der siebten Minute der Nachspielzeit erhöhte Neymar. Es war ein Finalsieg, aber es war auch eine Vorführung.

Trainer Enrique lässt Zukunft offen

Die erfahrenen Andrea Pirlo und Gianluigi Buffon wischten sich nach Schlusspfiff Tränen aus dem Gesicht, sie ließen sich von Mitspielern in den Arm nehmen. 400 Millionen Zuschauer auf der ganzen Welt schauten dabei zu. "Das müssen wir so hinnehmen", seufzte Torhüter Buffon, als er wieder sprechen konnte. Andrea Barzagli, der 2006 im Berliner Olympiastadion Weltmeister wurde, sagte: "Wir gehen mit erhobenem Kopf, aber es ist immer hart, ein Finale zu verlieren."

Barcelona-Angreifer Neymar dagegen hatte sich ein weißes Stirnband umgebunden, die brasilianische Fahne um die Hüften. Er hüpfte, er tanzte, er posierte für Erinnerungsfotos. "Alle sind glücklich", jauchzte er. "Das ist der beste Tag in meiner Karriere." Trainer Luis Enrique wirkte nicht allzu glücklich, als ihn seine Spieler auf dem Rasen in die Luft warfen. Wenige Minuten später jedoch war ihm die Freude anzusehen. "Ich bin sehr stolz, was wir geleistet haben", sagte er. "Es war ein spektakuläres Jahr und eine historische Saison. Wir haben das Triple gewonnen, besser geht es nicht." Seine Zukunft ließ er allerdings demonstrativ offen: "Entscheidungen treffen wir zu einem späteren Zeitpunkt."

Dass diese Spielzeit für den FC Barcelona mit dem Triple enden würde, war lange nicht abzusehen. Enrique galt als umstritten, ihm wurde unterstellt, sich mit Messi überworfen zu haben. Doch in der Rückrunde zeigte sich, welch formidable Truppe der Trainer geformt hatte. Das Sturm-Trio Messi, Neymar, Suárez überrannte jeden Klub - egal ob Elche, Eibar; Real Madrid oder den FC Bayern. Die drei schossen unglaubliche 121 Saisontore. Messi fiel dabei - wie auch im Champions-League-Finale - nicht nur als Vollstrecker, sondern zunehmend auch als Torvorbereiter auf. Iniesta dirigierte das Ballbesitzspiel aus dem Mittelfeld wie zu seinen besten Zeiten bei den WM- und EM-Triumphen Spaniens.

Den meisten Applaus bekam am Samstagabend jedoch Xavi. Als der 35-Jährige in der 78. Minute eingewechselt wurde, skandierten die Zuschauer seinen Namen, jeder Pass wurde bejubelt. Xavi durfte als erster den Pokal in die Höhe recken. Es war eine traurige Note an diesem freudigen Abend für Barcelona: Der langjährige Kapitän absolvierte sein letztes Spiel für den Klub, es zieht ihn nach Katar.

Einmal wird Xavi jedoch den Fans noch winken, einmal noch wird er mit der Mannschaft zusammen jubeln. Am Sonntagabend führt ein Corso durch Barcelonas Straßen. Es wird ein Triumphzug sein.

Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: