Champions League: Schalke - Manchester:Nur einer spielt in Topform

"Wir waren selten so unterlegen wie heute": Beim 0:2 in der Champions League gegen Manchester United erreicht Manuel Neuer als einziger Schalker Halbfinal-Niveau - und bekommt ein Sonderlob von Alex Ferguson.

Philipp Kreutzer, Gelsenkirchen

Am Tag vor dem Spiel hatte sich Sir Alex Ferguson noch mit einem einzigen Wort begnügt. "No", lautete seine Antwort auf die Frage, ob sich Manchester United um eine Verpflichtung von Manuel Neuer als Nachfolger des 40-jährigen Edwin van der Sar bemühe. In der Pressekonferenz nach der Partie wurde der Trainer erneut auf den Schalker Torwart angesprochen, und diesmal gab er sich schon auskunftsfreudiger: "Die Leistung, die Manuel gezeigt hat, war vielleicht die beste, die ich jemals von einem Torhüter in einem Spiel gegen meine Mannschaft gesehen habe."

112294598

Gratulation zu einer famosen Leistung: Alex Ferguson klopft Manuel Neuer auf die Schulter.

(Foto: AFP)

Schon auf dem Platz hatte Ferguson den Schalker zu dessen tatsächlich herausragender Vorstellung beglückwünscht, indem er ihm nach dem Schlusspfiff anerkennend auf die Schulter klopfte. Neuer nahm die Gratulation eher höflich-distanziert entgegen.

So recht freuen mochte sich der Keeper nicht, schließlich sind die Chancen seiner Mannschaft auf ein Erreichen des Champions-League-Endspiels am 28. Mai in London nach der 0:2-Hin- und Heimspielniederlage im Halbfinale gegen Manchester auf ein Minimum gesunken.

Legt man nicht das Resultat, sondern den an diesem Abend in Gelsenkirchen deutlich gewordenen Klassenunterschied zwischen beiden Teams zugrunde, muss man sogar sagen: Schalkes Aussicht auf einen Auftritt in Wembley beträgt weniger als ein Minimum. "Wir haben von Anfang an zu viel Respekt gehabt", beklagte Neuer und zog den Vergleich zu den erfolgreichen Viertelfinalbegegnungen: "Inter Mailand ist auch eine sehr gute Mannschaft, aber da sind wir anders aufgetreten. Wir haben heute nicht sehr kompakt gestanden, das war unser Fehler."

Allein ihrem Keeper verdanken die Schalker es, dass ihr erstes Halbfinalspiel in der Königsklasse, das Verein und Fans im Vorfeld zum königsblauen Festtag erhoben hatten, nicht in einem denkwürdigen Debakel endete. Die deutsche Nummer eins flog schon in der dritten Minute nach einem Schlenzer von Wayne Rooney durch die Luft und lenkte die Kugel zur Ecke, im weiteren Verlauf von Halbzeit eins wehrte er mit cleverem Stellungsspiel und sensationellen Reflexen Versuche von Ji-Sung Park sowie je zweimal Javier Hernandez und Ryan Giggs ab.

"Gegen Ende der ersten Hälfte gab es bei uns eine Frustration wegen der vergebenen Chancen", räumte "Sir Alex" ein und verlieh dem in Weltklasseform befindlichen Keeper damit gleich den nächsten Ritterschlag.

Die Einsicht, chancenlos zu sein

Doch die Schalker Hoffnung, Neuer könnte wie schon 2008 im Viertelfinale in Porto erneut einfach alles halten und die Mannschaft am Ende sogar noch zum Sieg führen, erwies sich letztlich als reichlich verwegen und naiv. Diesmal musste die Schalker Null fallen, denn der große Favorit agierte mindestens so dominant wie befürchtet. Der Doppelschlag durch Treffer von Giggs (67.) und Rooney (69.) entschied die Begegnung.

112294598

Gratulation zu einer famosen Leistung: Alex Ferguson klopft Manuel Neuer auf die Schulter.

(Foto: AFP)

"Wir waren selten so unterlegen wie heute", fasste Innenverteidiger Christoph Metzelder die Kräfteverhältnisse später treffend zusammen. Etwas anderes hatten die Spieler und selbst die meisten Anhänger wohl auch nicht erwartet. Beim Außenseiter überwog der Stolz, dieses Spiel überhaupt bestritten zu haben. Nur wenige Sekunden nach Manchesters zweitem Treffer hallten "Schaaaalke, Schaaaalke"-Rufe und "Blau und weiß ein Leben lang" über die Ränge.

Von der Einsicht, in einem ungleichen Duell letztlich chancenlos gewesen zu sein, waren auch Ralf Rangnicks Einlassungen geprägt. Zwar beklagte Schalkes Trainer, es sei besonders ärgerlich, die Treffer in eben jener Phase kassiert zu haben, "als es gar nicht danach aussah". Aber wonach sah es dann aus?

Nach einem Tor für seine Mannschaft jedenfalls nicht, denn die Schalker hatten während der gesamten 90 Minuten keine wirklich nennenswerte Gelegenheit, weil sie gegen das temporeich und sicher kombinierende United selten in die Zweikämpfe und damit kaum in Ballbesitz kamen.

"Wir haben heute nicht die aggressiven Eroberungen gehabt wie gegen Inter", analysierte Rangnick mit Blick auf das seiner Ansicht nach verbesserungswürdige taktische Verhalten seiner Spieler, schränkte aber milde ein: "Nur weil wir etwas gegen einen deutlich schwächeren Gegner gut gemacht haben, können wir nicht davon ausgehen, dass es in jedem Spiel funktioniert."

Vielleicht klappt es ja schon am Samstag besser, wenn die Schalker bei Bayern München antreten. Manuel Neuer spielt dann bei dem Klub vor, für den er aller Voraussicht nach in der kommenden Saison im Tor stehen wird. Manchester wird es jedenfalls nicht sein, das stellte der 25-Jährige klar und bestätigte damit das "No" des United-Trainers: "Das war nie eine Option, es gab kein Angebot."

Noch nicht, könnte man ergänzen. Schließlich hat Ferguson auch seinen jetzigen Keeper jahrelang in Duellen mit Ajax, Juventus und Fulham begutachtet, ehe er van der Sar schließlich als 34-Jährigen zu sich holte.

Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: