Champions League:Nacht des Schreckens für Guardiola

  • Trotz eines 5:3-Siegs im Hinspiel scheidet Manchester City im Achtelfinale der Champions League gegen den AS Monaco aus.
  • Der Auftritt der Mannschaft von Pep Guardiola wirft Fragen auf. Der Kader braucht dringend eine Sanierung.
  • Hier geht es zu den Ergebnissen der Champions League.

Von Sven Haist

Am Persischen Golf kennt Manchester City sich bestens aus. Sobald der Spielplan der Citizens eine Lücke aufweist, nimmt der Verein aus dem Nordwesten Englands die etwa siebenstündige Reise von Manchester ins Emirat Abu Dhabi auf sich, um von den subtropischen Klimaverhältnissen zu profitieren. Das war erst kürzlich wieder der Fall, nach dem 5:3 gegen den AS Monaco im Achtelfinal-Hinspiel der Champions League. Ob die Spieler bei diesen Trips Klubeigentümer Scheich Mansour ehren, einfach nur die Füße hochlegen oder tatsächlich trainieren, weiß keiner so genau.

Was sich sicher sagen lässt: Die Dienstreise zum Rückspiel ins Fürstentum Monaco haben die Spieler offenbar mit einem Besuch im Emirat verwechselt. Anders ist die Gleichgültigkeit nicht zu erklären, mit der sich ManCity aus dem Wettbewerb werfen ließ. Am Donnerstagmorgen vernichteten die englischen Zeitungen den peinlichen Auftritt des Teams. Einen "demütigenden Untergang" sah die Times, das Boulevardblatt Sun schrieb von einer "Defensivkatastrophe". Die Medien auf der Insel sind bekannt für ihre harschen Schlagzeilen, aber auf Citys wie Leistungsverweigerung wirkende Darbietung beim 1:3 im Stade Louis II lässt sich nicht lange genug herumtrampeln.

Das Bemerkenswerte an dieser Champions-League-Saison ist: Die Reichen und Schönen aus der Premier League müssen fast alle zusehen, wie der Titel ausgespielt wird, schon wieder. Schwindelerregende Summen investieren Englands Klubs in nahezu jeder Transferperiode in ihre Kader. Aber in den vergangenen sechs Jahren haben es lediglich fünf Mannschaften ins Viertelfinale der Champions League geschafft. Ausgerechnet Leicester City, das mit kleinem Geldbeutel seine Mannschaft formte und in der Vorsaison Überraschungsmeister wurde, vertritt nun Englands Interessen im wichtigsten europäischen Klubwettbewerb. Sonst wäre es gekommen wie vor zwei Jahren, als die Viertelfinals gänzlich ohne englische Beteiligung auskommen mussten.

Wie gefoltert habe Guardiola teils ausgesehen, schreibt die "Times"

Andererseits: Ernsthaft interessiert das alles sowieso keinen in England. Am Wochenende gibt es wieder Premier League, das ist die tägliche Botschaft, die Vereine und Fans senden. Die Partie ManCity gegen Liverpool steht an, ein Verfolgerduell an der Tabellenspitze. Klingt gut und bringt ohnehin viel mehr Geld ein, als sich mit der lästigen internationalen Konkurrenz um einen Henkelpokal zu streiten.

Der englische Fußball mag es nicht, wenn ihm andere Länder zeigen, dass die Qualität der Liga nicht ganz so exzellent ist. Schon das 2:10 des FC Arsenal gegen den FC Bayern hat seinen Ruf schwer beschädigt. Da möchte auf der Insel lieber keiner daran denken, wie ein solches Duell für ManCity ausgegangen wäre - wenn schon Monaco dem Tabellen-Dritten in 180 Minuten sechs Treffer einschenkt. Das Aus im Achtelfinale schützt den englischen Fußball und Manchester City also gewissermaßen vor sich selbst. Ärgerlich ist das nur für: Pep Guardiola.

Zum ersten Mal in seiner Trainerkarriere hat der nun den Einzug in die Runde der letzten acht verpasst. Wie gefoltert, analysierte die Times, sah Guardiola teilweise an der Seitenlinie aus, wie er jeden und zugleich niemanden anschrie. Hängengelassen von einer Mannschaft, die nicht mithalten kann mit seinen Fähigkeiten. Die das viele Geld nicht wert ist.

Schamvoll schlug Guardiola mehrmals die Hände über dem Kopf zusammen. Statt nach dem Schlusspfiff direkt den Ausgang zu suchen, leistete er auf dem Platz Erste Hilfe für seine Spieler. Verstreut und paralysiert lagen sie am Boden. Dass es sich dabei um ein Team handelte, war nur an den gleichfarbigen Trikots zu erkennen.

Citys Kader braucht dringend eine Sanierung

Die psychische Aufbauarbeit und die kritischen Nachfragen auf der Pressekonferenz hätte Guardiola vermutlich umgehen können. Wenn er nach dem Leistungsvermögen seiner Mannschaft aufgestellt hätte - und nicht nach seinen fußballerischen Prinzipien. In der ersten Halbzeit bestritt ManCity gar keinen Zweikampf. So etwas konnte sich Guardiola vielleicht mit Barcelona und den Bayern erlauben, weil dort Lionel Messi und Andres Iniesta spielten, Philipp Lahm und Robert Lewandowski.

Bei City steht jedoch Willy Caballero im Tor, in der Viererkette schleppen sich die altersmüden Aleksandar Kolarov, Bacary Sagna und Gaël Clichy über den Platz. Nicht mal die Alternativen auf der Bank schöpfte Guardiola vollständig aus. Wen hätte er auch einwechseln sollen? Nicolás Otamendi? Pablo Zabaleta? Oder gar Fabian Delph?

Die Nacht des Schreckens wies Manchester City darauf hin, dass der Kader dringend eine Sanierung braucht. Geld ist dabei nicht das Problem, sondern eher Fachwissen und eine kluge Strategie. Seit Oktober 2012 doktert Txiki Begiristain, Citys Sportlicher Direktor, am Aufgebot herum. Um das Niveau des Teams zu erhöhen, hat der Verein fast eine Milliarde Euro an Ablöse für Neuverpflichtungen ausgegeben. Was dabei herausgekommen ist, konnte jeder beim Champions-League-Aus am Mittwochabend sehen.

Um dergleichen zu verhindern, hatte der Klub im Sommer ja Guardiola engagiert. Dessen komplexer Spielansatz hat den Zustand des Teams jedoch zunächst verschlechtert. Die Profis sind von seinen Anweisungen offenkundig überfordert. Statt die gute Ausgangslage in Monaco konservativ zu verteidigen, stellte Guardiola fünf Angreifer auf und nur eine defensive Absicherung vor der Viererkette. Selbst als das 1:2 gelang, das zum Weiterkommen gereicht hätte, drückte Guardiola sein Team weiter nach vorne - und coachte Manchester City damit endgültig ins Aus.

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