Champions League Mailand - ManU:Lehrstunde für Manchester

Nach dem gewonnenen Hinspiel vergibt Manchester United die Möglichkeit auf den Einzug ins Finale. Gleich drei Treffer verpassten die Italiener den chancenlosen Engländern.

Ein Ozean regnete über Mailand hinab, in dicken Tropfen, kurz vor Spielbeginn hatte der Regen eingesetzt. Noch eine Stunde vor dem Anpfiff hatte der Mailänder Clarence Seedorf darauf hingewiesen, der trockene Rasen in Sansiro müsse ein wenig gewässert werden. Es schien dann, als hätten ihn nicht nur die Rasenpfleger, sondern auch die Regengötter gehört, und beide Gruppen gaben dem Rasen mit ihren Mitteln Wasser, erst die Pfleger ein wenig, dann die Götter sehr viel.

Als englisches Wetter wird Niederschlag dieser Art gern bezeichnet, und er hätte ein gutes Omen für das englische Team, für Manchester United sein können in diesem Halbfinal-Rückspiel der Champions League, aber der Regen nutzte nur dem AC Milan. 3:0 (2:0) gewannen die Italiener und zogen somit trotz der 2:3-Niederlage aus dem Hinspiel in der vergangenen Woche ins Endspiel gegen den FC Liverpool ein.

Der Regen hatte tatsächlich praktischen Nutzen für Milan, denn er machte den Rasen äußerst schwer bespielbar. Der Ball wurde schnell und schneller auf dem Grün, und die technisch versierten Italiener kamen mit diesen Bedingungen deutlich besser zurecht.

Sie zeichneten herrliche Kombinationen auf den Rasen, sie spielten sicher und effektiv und ließen dem sonst so energisch auftretenden Team aus Manchester keine Chance - wobei zu bedenken ist, dass Manchester nicht irgendeine Freizeitelf ist, die ungern bei Regen spielt, sondern der Tabellenführer der Premier League, der kürzlich noch dem AS Rom ein 7:1 zugefügt hatte. Manchester war zuletzt eine dampfende Maschine auf dem Platz gewesen, doch die Mechaniker und Ingenieure aus Milan haben diese Maschine fachmännisch in ihre Einzelteile zerlegt.

Zu den Mechanikern zählte Gennaro Gattuso, der wie stets die grobe Arbeit übernahm. Zu den Ingenieuren gehörten die wunderbaren Kakà und Seedorf, die auch die ersten beiden Tore besorgten. Von der ersten Minute an war Milan drückend überlegen, Kakà, Seedorf und wieder Kakà spielten in den ersten zehn Minuten drei Chancen heraus, bis dann Kakà die vierte nutze: Alessandro Nesta hatte einen Pass an den Sechzehnmeterraum geschlagen, Seedorf legte mit dem Kopf ab, und Kakà schoss aus 17 Metern präzise und flach und unhaltbar zum 1:0 ins Netz (11. Minute).

Das Tor entsprang keiner Einzelleistung, sondern dem perfekten Zusammenspiel einer Mannschaft. Das so oft wegen der vielen älteren Spieler geschmähte Milan wirkte wie ein Team in seinem Zenit.

Es dauerte bis zur 20. Minute, bis Manchester einen ersten Schuss auf das Tor der Italiener abgab. Die zeigten sich davon kein bisschen beeindruckt und setzen ihr Werk fort. Nach einiger Konfusion in Manchesters Abwehr (Innenverteidiger Nemanja Vidic war ausgerutscht) ließ Seedorf zwei Mann stehen und schoss aus 16 Metern zum 2:0 ein (30.).

Zeit des Staunens

Nun hätte für die Engländer die Zeit des Aufbäumens beginnen müssen, doch es begann eine Zeit des Staunens: darüber, wie ruhig Milan weiterspielte und den durch Manchesters offensivere Spielweise entstehenden Raum nutzte, um zu weiteren Chancen zu kommen. Kurz vor der Halbzeit schoss Filippo Inzaghi knapp vorbei (41.), kurz nach der Halbzeit scheiterte Kakà an Torwart Edwin van der Sar (53.). Manchester antwortete, indem Cristiano Ronaldo zwei Freistöße in die Mauer schoss (55., 58.).

Manchesters einzige Hoffnung war nun, dass gegen Ende des Spiels Milan nachlassen würde. Das war dem Team bereits einige Male in dieser Champions-League-Saison passiert, und auch am Mittwochabend nahm es nach etwas mehr als einer Stunde Tempo aus der Partie - allerdings aus freiem Willen und nicht, weil die Spieler zu erschöpft waren. Die Gefahr einer solchen Spielweise ist immer, dass eine Mannschaft sich einlullt, und tatsächlich kam Manchester besser zum Zuge, wenn auch ohne dabei nennenswerte Torchancen herauszuspielen.

Manchesters Teammanager Alex Ferguson reagierte, indem er einen Stürmer Luis Saha, für einen Verteidiger brachte, für John O'Shea (78.). Wie um diesen Wechsel zu verhöhnen erzielte Milan umgehend den dritten Treffer: Massimo Ambrosini spielte aus der eigenen Hälfte einen wunderschönen Pass auf den eingewechselten Alberto Gilardino, der allein auf das Tor zulief.

Erst einen Treffer hatte er bis dahin in zwei Jahren in der Champions League erzielt, doch daran dachte er offenbar nicht, denn er blieb ruhig, er lief, und dann schob er den Ball zum 3:0 ins Netz (78.). Die Partie war damit entschieden, Manchester trat aus Frust noch ein wenig, und Milans Trainer Carlo Ancelotti nahm sicherheitshalber schnell den Mechaniker Gattuso und den Ingenieur Kakà vom Platz - er braucht beide dringend gesund im Endspiel.

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