Champions League:Leverkusen schwankt zwischen spitze und spröde

Bayer Leverkusen - RB Leipzig

Leverkusen schwankt zwischen genial und spröde, Admir Mehmedi ist frustriert.

(Foto: dpa)

Ein Punkt bei ZSKA Moskau genügt Bayer Leverkusen womöglich schon, um ins Achtelfinale der Champions League zu kommen. Aber Misstrauen ist angebracht.

Kommentar von Philipp Selldorf

Roman Eremenko war ziemlich gut drauf, als er Mitte September mit ZSKA Moskau das Champions-League-Spiel in Leverkusen bestritt. Er bescherte den Bayer-Verteidigern viel Mühe und trug zum 2:2 das Ausgleichstor bei, worüber man jetzt in Leverkusen aufs Neue verärgert ist, denn der finnische Nationalspieler Eremenko hatte sich mit Kokain in Stimmung gebracht; die Uefa sperrte ihn für die Dauer von zwei Jahren in allen Wettbewerben. Eremenko ist 29 Jahre alt, der Auftritt in Leverkusen könnte somit sein letzter Karriere-Höhepunkt gewesen sein.

Seine Champions-League-Gastgeber sehen das kritisch: Nicht die Sperre, sondern die Tatsache, dass die Wertung des Spiels trotz des Dopingbefunds beibehalten wird. Das Uefa-Reglement besagt, dass ein Team nur dann kollektiv bestraft wird, wenn wenigstens zwei Spieler der Einnahme illegaler Mittel überführt wurden, was generell unwahrscheinlich ist, da pro Spiel ja überhaupt nur zwei Spieler getestet werden. Bayer-Geschäftsführer Michael Schade beklagt daher einen "faden Beigeschmack".

Andererseits gehört der fade Beigeschmack zurzeit zu den typischen Empfindungen in Leverkusen. Diese ganze Saison will nicht recht schmecken. Wenn Bayer 04 nun in Moskau das Rückspiel bestreitet, dann verzweifeln wieder die Kunden der Wettbüros. Sie können nicht mal ahnen, ob wieder das Leverkusener Spitzenteam spielt, das auf originaltypische Art Borussia Dortmund besiegt und mit überlegenen Mitteln bei Tottenham Hotspur gewonnen hat. Oder ob wieder diese spröde und wankelmütige Elf antritt, die sich nicht zu Unrecht selbst der Dummheit bezichtigt, die mieseste Elfmeter-Bilanz Europas aufweist und nach Ansicht von Sportchef Rudi Völler bisher eine "verkorkste" Saison hingelegt hat.

ZSKA muss ohne den besten Spieler auskommen

Für Völler und andere Sympathisanten ist es ein schwacher Trost, dass Bayer nicht das einzige der designierten deutschen Spitzenteams ist, das an seinen unerfüllten Ansprüchen leidet. Das Heribert-Bruchhagen-Theorem von der "zementierten Tabelle" passt gerade nicht, vielleicht sogar nicht mehr, zum Liga-Trend.

Von den vermeintlichen großen Sechs sind derzeit nur die Spitzenvertreter Bayern München und Borussia Dortmund übrig; Mönchengladbach stagniert auf recht niederem Niveau, die tief gefallenen Wolfsburger tun nicht mal das; Schalke klettert, kommt aber von ganz unten; Bayer 04 ist auf vielfältige Weise frustriert, was sich unter anderem in der mal offen geführten, mal latenten Trainer-Debatte äußert. Diese folgt dem Gesetz der Witze von Radio Eriwan: Stehen Team und Management mit voller Überzeugung hinter Roger Schmidt? Im Prinzip ja, aber. . .

Für den Champions-League-Trip nach Moskau sind die formellen Voraussetzungen bestens. ZSKA muss ohne den besten Spieler, einen gewissen Eremenko, auskommen; ein Punkt genügt Bayer, um Platz drei zu sichern, im besten Fall sogar schon für das Fortkommen ins Achtelfinale, wo man dann Bayern und Borussen Gesellschaft leisten könnte. Die Leverkusener Geschichte lehrt jedoch: Je größer die Voraussetzungen für den Erfolg sind, umso mehr Misstrauen ist angebracht.

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