Champions League:Gute Nachricht für die Statik des FC Bayern

Bayern München - Atlético Madrid

Arturo Vidal, hier im Zweikampf mit Atléticos Koke, scheint nach seiner Verletzung wieder auf Touren zu kommen.

(Foto: dpa)
  • Der FC Bayern schlägt Atlético Madrid im letzten Champions-League-Gruppenspiel 1:0.
  • Die Partie zeigt: Arturo Vidal stabilisiert das Münchner Mittelfeld.
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Aus dem Stadion von Martin Schneider

Robert Lewandowski dachte nach seinem Siegtor spontan: Genau jetzt ist ein guter Zeitpunkt, der Welt und der Mannschaft meinen baldigen Nachwuchs anzukündigen. Er nahm den Ball, steckte ihn sich unter das Trikot und nuckelte am Daumen. "Ich glaube, fast alle waren überrascht. Wir haben im Jubelkreis dann auch spontan gratuliert", erzählte Mats Hummels. "Das war für meine Frau und für das, was in ihrem Bauch ist. Ich konnte es nicht länger geheim halten", sagte Lewandowski selbst. Im fünften Monat sei seine Anna, verriet er dann noch. Und dass er natürlich sehr glücklich sei.

Ob es ein Junge oder ein Mädchen wird, das sagte er nicht, aber dass die Familienplanung der Lewandowskis das beherrschende Thema war, sagte schon ein bisschen was aus über den sportlichen Wert dieses eisig kalten Münchner Abends. Im Protokoll stand ja eigentlich: Champions League-Spiel gegen Atlético Madrid, letztjähriger Finalist und der jüngste Angstgegner des FC Bayern. Im Protokoll stand aber auch: Durch die 2:3-Niederlage der Bayern in Rostow ändert dieses Spiel nichts mehr an der Gruppentabelle. Erster konnten die Münchner nicht mehr werden, Platz zwei verlieren aber auch nicht.

Es bemühte sich dann auch keiner, dem 1:0-Sieg eine höhere Bedeutung anzudichten. "Gut fürs Gefühl", sei er gewesen, sagte Thomas Müller, die Mannschaft habe "super seriös" gespielt. Hummels sagte, dass es wichtig war, "weil wir in dieser Saison gegen die ganz großen Mannschaft wie Atlético oder Dortmund oder auch die Teams, die in der Bundesliga hoch stehen, nicht so viel gewonnen haben." Aber man müsse die Partie "jetzt auch nicht größer machen, als sie ist."

Das stimmte wohl, Atlético trat zwar formal mit der ersten Elf an, aber diese elf Spieler liefen gerade so viel, dass ihnen nicht kalt wurde. Atléticos Trainer Diego Simeone gilt selbst unter Füchsen als Fuchs und sein Ziel war eindeutig: keine Verletzungen, keine Karten, keine Erkältungen. Wenn seine Spieler nicht mit nassen Haaren zum Bus gelaufen sind, wird Simeone hinter alle drei Punkte einen Haken machen.

So lassen sich für den FC Bayern aus diesem Abend genau zwei Erkenntnisse gewinnen. Erstens: Robert Lewandowski kann plötzlich Freistöße schießen. Sein Tor zum 1:0 war fast schon eine Kopie des Tores, dass er am vergangenen Freitag gegen Mainz geschossen hatte: Mit dem rechten Fuß zirkelte der den Ball über die Mauer, danach senkte dieser sich sachte ins Tor. Atléticos Jan Oblak, der wirklich nicht der schlechteste Torhüter des Wettbewerbes ist, war ohne Chance.

Sanches hat Probleme im Bayern-System

Erst seit dieser Saison trainiere er das systematisch, erzählte Lewandowski. Mats Hummels leistet ihm nach dem Training dabei manchmal Gesellschaft. Trainer Carlo Ancelotti beobachtete die beiden bei ihren Extra-Einheiten und weil Hummels nach eigener Aussage "ohne Ambitionen" auf einen Posten als Schütze ist, sagte Ancelotti zu seinem Stürmer: Du schießt jetzt auch im Spiel. "Schon vor ein paar Jahren hat Jürgen Klopp mir gesagt, dass ich Talent zum Freistöße schießen habe. Aber da bin ich nicht richtig zum Trainieren gekommen", sagte der Pole.

Die zweite Erkenntnis: Arturo Vidal scheint nach seiner Verletzung wieder auf Touren zu kommen und für die Statik des Bayern-Mittelfeldes ist das eine sehr gute Nachricht. Vidal hat im fitten Zustand eine ungleich größere Dynamik als der Grandseigneur Xabi Alonso und knackige Tacklings sind beim wackligen FC Bayern derzeit tatsächlich wichtiger als schöne Diagonalbälle. Im geometrischen Fußball unter Pep Guardiola übernahm noch das System die Verteidigung, unter Ancelotti muss man auch mal ganz altmodisch als einzelner Spieler ein Duell gewinnen - die Paradedisziplin des Hahnenkamm-Chilenen. Alonso kann man nicht mehr in Laufduelle schicken, Vidal aber sehr wohl noch in ein paar herzhafte Zweikämpfe.

Gegen Atlético gab Vidal jedenfalls eine Kombination aus Spielgestalter und Abräumer vor der Abwehr. Er hätte laut Formation dabei wohl auch von Renato Sanches unterstützt werden sollen, aber der 19-Jährige hat immer noch seine Schwierigkeiten, sich im System des FC Bayern zurechtzufinden. Machte fast nichts, Vidal übernahm seinen Part gleich mit und sorgte auch alleine für eine Ordnung in der Zentrale, die so gegen gute Mannschaften zuletzt nicht da war. Von den vier Bundesliga-Spielen, die Bayern nicht gewonnen hat, fehlte Vidal gegen Frankfurt und Dortmund verletzt und gegen Köln ließ ihn der Trainer auf der Bank.

"Wir haben keine Konter zugelassen und hatten defensiv eine gute Balance im Spiel", stellte auch Ancelotti später fest. Für das Selbstvertrauen sei der Sieg natürlich gut, aber sonst zog auch der Italiener keine weiteren Lehren aus diesem Spiel. Und weil er auch nichts weiter zum Lewandowski-Nachwuchs sagen konnte oder wollte, warten nun alle auf die Auslosung für das Achtelfinale am Montag. Da ist von Leicester über Monaco bis Barcelona alles an Gegnern möglich. Nur ein bedeutungsloses Champions-League-Spiel, das wird es in dieser Saison nicht mehr geben.

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