Champions League:Guardiola wird zum entzauberten Magier

Manchester City - FC Liverpool

Pep Guardiola (r.): Schwere Minuten gegen Liverpool

(Foto: dpa)
  • Manchester City trifft früh gegen den FC Liverpool, doch dann muss Pep Guardiola von der Tribüne aus verfolgen, wie seine Mannschaft aus der Champions League ausscheidet.
  • Zur Pause hätte Manchester mindestens mit 2:0 führen müssen, es war die Szene, die Guardiola so erzürnt hatte, dass der Schiedsrichter ihn vom Spielfeldrand verbannte.
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Von Sebastian Fischer

Die erste Halbzeit war gerade vorbei, da lief Pep Guardiola hektisch auf den Rasen, auf Schiedsrichter Antonio Mateu Lahoz zu, einen Sportlehrer aus Valencia. Guardiola schimpfte, sein Blick hatte etwas Irres. Er tippte sich mit dem Zeigefinger auf die Lippen, er schimpfte weiter.

Kurz darauf war er raus. Wenig später war auch Manchester City in der Champions League raus, nach dem 1:2 (1:0) gegen den FC Liverpool im Viertelfinale. Und es war kein Zufall, auch nicht nur Unglück, dass seine Mannschaft ihm folgte.

Was auch immer Guardiola gesagt hatte auf dem Weg in die Kabine, aus ihm hatte der Frust gesprochen und vielleicht die Vorahnung, dass es trotz aller fußballerischen Dominanz, die er mit seinen Mannschaften zu entwickeln vermag, wieder die wichtigen Kleinigkeiten sein werden, die ihn am Ende um die großen Erfolge bringen. Kleinigkeiten wie Schiedsrichterentscheidungen und vergebene Torchancen in den entscheidenden Momenten. Lahoz hatte Guardiolas Worte als unsportlich empfunden. Und so saß dieser in der zweiten Halbzeit mit traurigen Augen auf der Tribüne und sah, wie seine Elf sich ergab. Weil Liverpool das Hinspiel mit 3:0 gewonnen hatte, ist Manchester City insgesamt mit 1:5 Toren ausgeschieden, so deutlich, wie es vorher kaum jemand zu glauben gewagt hatte.

Im Hinspiel hatte sich Guardiola mit einer zu offensiven Aufstellung verspekuliert und so seinem stärksten Antagonisten aller Trainer, Jürgen Klopp, die Bühne bereitet. Guardiola hatte auch die Fabelsaison mit ManCity aufs Spiel gesetzt, überlegen wird sich die Mannschaft in England demnächst die Meisterschaft sichern.

Doch als City am vergangenen Wochenende auch gegen Manchester United 2:3 verlor und es verpasste, sich den Titel sechs Spiele vor Saisonende zu sichern, war etwas gekippt in der Wahrnehmung des Trainers. Es kritisierten ihn die Zeitungen in England, die seiner Kunst zuvor meist gehuldigt hatten. Guardiolas Mannschaft habe innerhalb von zwei Spielen die Aura der Unbesiegbarkeit verloren, stand in der Times. Es ist davon auszugehen, dass solche Vorwürfe nach dem verpassten Halbfinal-Einzug mit einer der teuersten Fußballmannschaften der Geschichte nun eher nicht abnehmen werden.

Zur Pause hätte Manchester mindestens mit 2:0 führen müssen

Guardiola versuchte es am Dienstag mit einer Taktik, die zunächst an die begeisternden Spiele seiner Mannschaften in den vergangenen Jahren erinnerte, die eine magische Wucht zu entfalten schien. Bis auf drei Verteidiger und den defensiven Mittelfeldspieler Fernandinho standen nur Offensive auf dem Feld. Es sah nach zwei Minuten so aus, als würde der Plan aufgehen.

Liverpool verteidigte tief, oft mit acht Spielern im eigenen Strafraum. Versuche, selbst nach vorne zu spielen, misslangen meist mit dem ersten Pass. Zur Halbzeit hatte Manchester mehr als dreimal so viele erfolgreiche Pässe gespielt (283:88), hatte 14:2 Mal aufs Tor geschossen. Doch es war nur ein Tor dabei herausgekommen, als Liverpools Innenverteidiger Virgil van Dijk, zur Außenlinie abgedrängt, einen Pass in die Mitte spielte, und City den Ball abfing. Ein schneller Konter, Raheem Sterling legte quer zu Gabriel Jesus, dann stand es 1:0.

Zur Pause hätte Manchester mindestens mit 2:0 führen müssen, es war die Szene, die Guardiola so erzürnt hatte. Kurz vor der Halbzeit hatte Leroy Sané aus kurzer Distanz getroffen und war wegen vermeintlicher Abseitsstellung zurückgepfiffen worden, doch der Ball war von einem Gegenspieler gekommen, Liverpools James Milner. Bernardo Silva traf außerdem den Pfosten. Liverpool verhinderte nur. Doch es gibt Fußballspiele, in denen ist es genau die richtige Taktik, Fußball zu verhindern.

Klopp, den sie auf der Insel umso mehr feiern, desto rissiger das Bild von ManCity wird, hat nun in 14 Spielen gegen Guardiola achtmal gewonnen. Und er ist womöglich auf dem Weg zu seinem größten Erfolg als Trainer. "Schon speziell", sei dieser Erfolg, sagte er später. Er lobte Manchesters Mannschaft überschwänglich für ihre Fähigkeiten, doch man müsse mit dieser Wucht eben umzugehen lernen. Seine Mannschaft hat das geschafft.

ManCity, demoralisiert vom Pech in der ersten Hälfte, dominierte in der zweiten Halbzeit nicht mehr so sehr. In der 56. Minuten konterte Liverpool. Mohamed Salah setzte nach einem Schuss von Sadio Mané nach, legte sich den Ball an Torhüter Ederson vorbei und lupfte ihn über den grätschenden Nicolas Otamendi ins Tor. In der 77. Minute traf Roberto Firmino zum 1:2. Doch da war Manchesters Gegenwehr schon gebrochen und der Glaube an eine magische Nacht längst erloschen. Es wurde vielmehr zum zweiten Mal eine Nacht, in der die Leidenschaft die Kunst schlug.

"Für mich war es das schwerste Los von allen", sagte Klopp noch. Von nun an, so konnte man das verstehen, wird es in Richtung Finale also immer einfacher.

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