Champions League:Guardiola: "Wir haben das beste Team der Welt geschlagen"

Manchester City gewinnt gegen Barcelona, schafft es aber nicht, das Stadion zu füllen. Den Fans ist die Champions League nicht wichtig - im Gegensatz zum Klub-Besitzer.

Von Sven Haist, Manchester

Von der Trainerbank aus hätte Pep Guardiola in der Nachspielzeit den ersten Erfolg gegen seinen früheren Arbeitgeber FC Barcelona einfach genießen können, aber natürlich saß er nicht auf seinem Platz, sondern tigerte an der Seitenlinie herum. Wenige Meter entfernt davon hatte sich der Brasilianer Fernando nach einem Freistoßpfiff etwas zu weit weg von Lionel Messi aufgehalten. Sechs Tore hat das argentinische Schreckgespenst in vier Partien gegen seinen früheren Förderer und jetzigen Verehrer erzielt; ein Hattrick gar vor zwei Wochen, als Manchester City mit 0:4 im Camp Nou düpiert wurde.

"Wir haben das beste Team der Welt geschlagen"

Aber Guardiolas Sorge, dass sowas jetzt erneut passieren könnte, war unbegründet. Das Spiel drehte sich nicht (mehr wie in der ersten Halbzeit) um Messi, sondern Messi sich um das Spiel. Den entscheidenden Treffer für City leitete der Argentinier sogar mit einem Ballverlust ein. Den Himmelblauen gelang es tatsächlich, Barca einen Schreck einzujagen. Die Fans honorierten die Leistung mit Ovationen nach Abpfiff, als sich die Spieler am Mittelkreis versammelten. Guardiola ließ die Mannschaft bewusst in diesem Moment bewusst alleine und erklärte im Stadioninneren: "Ich freue mich so für meine Spieler: Wir haben das beste Team der Welt geschlagen."

Das 3:1 von ManCity am Dienstagabend durch Tore der ehemaligen Bundesliga-Profis Ilkay Gündogan (39./74.) und Kevin De Bruyne (51.) per Freistoß geht als der befriedigendste Erfolg auf internationaler Ebene in die Klubgeschichte ein. Trotz Erreichens des Halbfinals in der Vorsaison.

Im blauen Teil Manchesters verbinden die Handlungsträger mit diesem Coup die Hoffnung, dass die Champions League nun auf mehr Zuneigung stößt. Nicht mal gegen Barcelona gelang es dem Verein, alle Plastiksitze zu besetzen. Etliche Plätze blieben leer. Die früheren Sanktionen des europäischen Fußballverbandes wegen Missachtung des Financial Fairplay haben das Verhältnis der Menschen zur Königsklasse nachhaltig geschädigt. Ihre Pfiffe überstimmen weiterhin die Wettbewerbsmelodie vor Anpfiff. Wie ein Hilferuf klang deshalb der Hinweis des Stadionsprechers ans Publikum, dass die Champions League die größte Bühne sei.

Der Unmut ging dann jedoch schnell in Schweigen und Erstaunen über, weil Barcelona aufzeigte, wer das Original und die Kopie ist. Einige der 53 340 Zuschauer nutzten bereits nach dem Rückstand durch Messi (21.) jeden Eckball aus, um Nahaufnahmen des Schützen Neymar zu machen. "Wir waren in wirklichen Problemen. Wenn das 0:2 fällt, ist das Spiel vorbei", sagt Guardiola.

City rollt Barcelona zunächst den blauen Teppich aus

In den bisherigen fünf Anläufen scheiterte City jeweils daran, die höchste Hürde im Weltfußball zu passieren. Die Neureichen aus dem Nordwesten Englands häuften in den Duellen mit Barcelona vier Platzverweise an und ein Torverhältnis von 2:11. Schon die Ankunft der Gäste begutachteten tausende Schaulustige vor dem Eingang. Um die Sicht zu verbessern, kletterten sie gar an Absperrungen und Geländern hoch. Der Verein versuchte die Wartezeit mit Musik und Quizrunden zu verkürzen - und rollte dem FC Barcelona den blauen Teppich aus.

Die beinahe ehrfürchtige Haltung legte City nach einer halben Stunde ab. Guardiola stellte seine anfangs gewählte Anordnung um. De Bruyne zog er von der ungeliebten Position des Linksaußen in den Angriff zu Sergio Aguero. Dafür rückte David Silva auf die Seite, der mit seiner Rolle als getarnter Stürmer sichtlich fremdelte.

Silva hatte die Aufgabe, Angreifer Serio Aguero mit den beiden Innenverteidigern des Gegners alleine zu lassen und sich um Barcas Aufbauspieler Sergio Busquets zu kümmern. Aus dieser Formation heraus sollte er situativ zu Aguero aufrücken, um einen unkontrollierten Pass des Gegners zu erzwingen.

Dem FC Barcelona kann die Niederlage egal sein

Den richtigen Zeitpunkt und das entsprechende Anlaufverhalten fand Silva aber nie bei seinen Vorstößen, weshalb es den Katalanen mühelos gelang, den jeweils freien Spieler im Mittelfeld zu finden. Mit De Bruyne änderte sich das. Der Ausgleich resultierte aus einem Fehlpass von Rechtsverteidiger Sergi Roberto, nachdem ihn Silva und De Bruyne in die Bredouille gebracht hatten. Ohnehin erleichterte es die Arbeit für City, dass der spanische Ligazweite auf vier Stammkräfte verzichten musste, darunter die Abwehrspieler Gerard Piqué, Jordi Alba und Jérémy Mathieu.

Dem FC Barcelona kann die Niederlage auf der Insel freilich egal sein. Nach wie vor führen die Katalanen die Gruppe C an. Nur verhilft das Ergebnis dem Tabellenführer der Premier League, die Reise zu Borussia Mönchengladbach am 23. November mit drei Punkten Vorsprung auf den deutschen Konkurrenten anzugehen. Schon bei einem Unentschieden wäre City fürs Achtelfinale qualifiziert. Ganz zur Freude von Eigentümer Scheich Mansour und seinen Freunden aus Abu Dhabi. Denn denen ist im Gegensatz zu den Fans nichts wichtiger als die Champions League.

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