Champions League:Genussvoll durch die blaue Hecke

Bayern München - FK Rostow

Douglas Costa vom FC Bayern entwischt Denis Terentjew (li.) und Timofei Kalatschow aus Rostow.

(Foto: dpa)
  • Gegen ultradefensive Gäste aus Rostow startet der FC Bayern mit einem 5:0 in die Champions League.
  • Trainer Ancelotti gönnt sich den Luxus, schon jetzt sein Stammpersonal zu schonen.
  • Hier geht's zu den aktuellen Ergebnissen.

Aus dem Stadion von Benedikt Warmbrunn

Thomas Müller stampfte mit den Füßen, er schnitt mit den Händen durch die Luft, als würde er Kräuter hacken. Mit jedem Fußauftritt, mit jeder hackenden Hand näherte er sich gefährlich Douglas Costa, der im verschmutzten Trikot neben ihm her lief, aber das war Müller herzlich egal. Er war unzufrieden, darum das Stampfen, darum die hackenden Hände. Costa guckte, guckte, guckte. Dann nickte er. Müller hackte davon.

Seine Mitspieler und er, hatte Müller am Tag zuvor erzählt, könnten "sich gegenseitig an die Wäsche gehen, verbal, ohne dass es Probleme gibt". Als wolle er seine Worte beweisen, ging er also Costa am Dienstagabend an die bereits beschmutzte Wäsche, verbal, und natürlich gab es danach auch keine Probleme, es gab sogar weniger Probleme als vor der Stampferei.

Wenige Sekunden zuvor war ein Tor gefallen, das erste an diesem Abend, für den FC Bayern, für Müllers Mannschaft. Und danach fielen noch mehr Tore, mehr Tore als zuvor.

Am Dienstag startete der FC Bayern in die Champions-League-Saison, das Team besiegte zu Hause den FK Rostow 5:0 (2:0), es war ein souveräner Auftritt. Aber gerade bis zum ersten Tor auch war er schwerfälliger als unbedingt notwendig. "Am Anfang war es schwer", sagte Münchens Trainer Carlo Ancelotti, "aber danach haben wir sehr gut gespielt." Gegen ultradefensive Gäste aus Russland spielte der FC Bayern all seine Routine aus, sie hatten so viel Ballbesitz, dass irgendwann ein Tor und danach noch mehr fallen musste, das wussten sie.

Es gelang ihnen allerdings nicht, gegen den Außenseiter zu glänzen. Vorwerfen lassen müssen sie sich das jedoch nicht. Die Champions-League-Saison läuft jetzt zwar wieder, aber so richtig los geht sie für den FC Bayern ja erst im Frühling, wenn das Viertelfinale ansteht, das Halbfinale, und vor allem das Finale, in das sie so gerne wieder kommen würden, nach drei Jahren, in denen die internationale Saison stets im Halbfinale endete.

Die Partie gegen Rostow, den Zweiten der russischen Liga der vergangenen Spielzeit, war auch die erste Champions-League-Partie für Ancelotti als Trainer des FC Bayern, er stellte schon vor dem Anpfiff einen Rekord auf: Mit sieben Mannschaften hat er nun an dem Wettbewerb teilgenommen. Das Wissen all dieser Jahre nutzte Ancelotti auch in personellen Überlegungen.

Ohne Lahm, Xabi Alonso und Ribéry

Gegen Rostow schonte er Philipp Lahm, Xabi Alonso, Franck Ribéry, seine Ü-30-Gruppe, die in den ersten Wochen der Saison das Team zu einer makellosen Bilanz geführt hatte; noch hat Torwart Manuel Neuer kein Gegentor kassiert, das sollte auch am Dienstag gegen einen ausgesprochen zahmen Gast so bleiben. Rafinha, Costa und Joshua Kimmich rückten stattdessen in die Startelf, dazu Arturo Vidal für Renato Sanches - auch das funktionierte.

"Bei so vielen großartigen Spielern ist es schwer, eine Startformation zu finden, deshalb will ich niemanden herausheben", sagte Ancelotti. "Im Moment läuft es sehr gut, aber unser erstes Ziel bleibt es, die Gruppenphase zu überstehen."

Diese maßvoll umgestellte Mannschaft dominierte die Partie gegen wie erwartet sehr defensive Gäste von der ersten Minute an. Rostow verteidigte mit fünf Mann am eigenen Strafraum, die anderen fünf staffelten sich nur unwesentlich weiter vorne. So zerstörte der Außenseiter allerdings nie das Spiel des FC Bayern, der sich geduldig und wohl überlegt dem gegnerischen Tor nähern konnte. Dabei blieb zwar das eine oder andere Mal der Ball in der blauen Hecke am Strafraum hängen, besorgniserregend wurde es für den Gastgeber dennoch nie. Hatte Rostow einmal den Ball, demonstrierten die Gäste allenfalls, wie dieser möglichst abwechslungsreich sofort wieder verloren gehen kann. Spannend wurde es daher nie.

Ancelotti hatte seinen Spielern aufgetragen, die Hecke am Strafraum mit Flanken zu überwinden. Das war zwar nicht abwechslungsreich, Dribblings und überhaupt schnellere Spielzüge blieben eine Ausnahme, doch irgendwann war es immerhin gefährlich. In der 21. Minute spitzelte Robert Lewandowski den Ball aufs Tor, zwei Minuten später verfehlte er dieses mit einem Kopfball. Wenig später war wieder Lewandowski im Mittelpunkt, Aleksander Gatskan hatte ihn im Strafraum zu Boden gezogen - Elfmeter (26.). Diesen schoss Lewandowski selbst, er traf lässig (28.). Dann stampfte und hackte Müller, und schon war die Partie weniger schwerfällig, zumindest ein bisschen.

Müller, der am Dienstag 27 Jahre alt geworden ist, traf selbst in der Nachspielzeit der ersten Halbzeit, nach einer Flanke von David Alaba. Spätestens jetzt war der ohnehin verhaltene Widerstand der Gäste gebrochen. In der zweiten Halbzeit hatte der FC Bayern mehr Räume, und er nutzte sie auch, mit all seiner Routine. In der 53. Minute flankte Costa, auf einmal tauchte Kimmich am Fünfmeterraum auf und grätschte den Ball ins Tor. "Man bekommt mehr Selbstvertrauen, wenn mal einer reingeht. Ich bin ja normal nicht so der Torjäger. Aber Robert muss sich jetzt keine Sorgen machen, dass ich ihn ablöse", sagte Kimmich. Vier Minuten nach seinem Tor hätte Lewandowski erhöhen können, stattdessen traf erneut Kimmich per Kopf nach einer Flanke vom eingewechselten Juan Bernat. Der Spanier erzielte schließlich noch den Endstand (90.).

Und in einem knappen halben Jahr beginnt dann endlich der Frühling.

Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: